François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.die Freifrau von Reckenburg. Die Freifrau von Recken¬ Zu meiner Zeit und in unserem Landstädtchen die Freifrau von Reckenburg. Die Freifrau von Recken¬ Zu meiner Zeit und in unſerem Landſtädtchen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0099" n="92"/> die Freifrau von Reckenburg. Die Freifrau von Recken¬<lb/> burg erwiderte ohne Beſchämung die genußwechſelnden<lb/> Gelage der Honoratiores alle Jahre nur ein einziges<lb/> Mal mit einem Schälchen Kaffee, ſtark mit Mohr¬<lb/> rüben verſetzt, und der Rittmeiſter von Reckenburg<lb/> ſtängelte unbekümmert die Bohnen ſeines Gartenbeets,<lb/> ob auch die Gäſte des Nachbar Kellerwirths des häus¬<lb/> lichen Treibens Zeugen waren. Der Rittmeiſter von<lb/> Reckenburg, die kurze Thonpfeife im Mund und <hi rendition="#g">vor</hi><lb/> ſich den irdenen Deckelkrug ſelbſtgefüllten Dünnbiers,<lb/> wenn er an langen Winterabenden die Aepfelſchnitzel<lb/> auf Fäden reihte, welche „ſein Frauenzimmer“ geſchält<lb/> hatte, ließ ſich durch eine Meldung, oder einen ſpäten<lb/> Beſuch ſo wenig beirren, als wenn er ſeine Huſaren<lb/> im Parademarſch einem Generaliſſimus vorführte. Thut<lb/> desgleichen mit der nämlichen Manier, und die zwei¬<lb/> unddreißig oder gar vierundſechszig Quartiere der<lb/> Reckenburger werden ein Sparren, oder eine Seifen¬<lb/> blaſe geworden ſein.</p><lb/> <p>Zu meiner Zeit und in unſerem Landſtädtchen<lb/> mit den Reliquien des erloſchenen Herzogszweigs waren<lb/> ſie aber weder ein Sparren noch eine Seifenblaſe,<lb/> ſondern ein zuverläſſiges Poſtament, auf welchem man,<lb/> auch in den Bewegungen nach <hi rendition="#g">unten</hi> hin, heute ſich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [92/0099]
die Freifrau von Reckenburg. Die Freifrau von Recken¬
burg erwiderte ohne Beſchämung die genußwechſelnden
Gelage der Honoratiores alle Jahre nur ein einziges
Mal mit einem Schälchen Kaffee, ſtark mit Mohr¬
rüben verſetzt, und der Rittmeiſter von Reckenburg
ſtängelte unbekümmert die Bohnen ſeines Gartenbeets,
ob auch die Gäſte des Nachbar Kellerwirths des häus¬
lichen Treibens Zeugen waren. Der Rittmeiſter von
Reckenburg, die kurze Thonpfeife im Mund und vor
ſich den irdenen Deckelkrug ſelbſtgefüllten Dünnbiers,
wenn er an langen Winterabenden die Aepfelſchnitzel
auf Fäden reihte, welche „ſein Frauenzimmer“ geſchält
hatte, ließ ſich durch eine Meldung, oder einen ſpäten
Beſuch ſo wenig beirren, als wenn er ſeine Huſaren
im Parademarſch einem Generaliſſimus vorführte. Thut
desgleichen mit der nämlichen Manier, und die zwei¬
unddreißig oder gar vierundſechszig Quartiere der
Reckenburger werden ein Sparren, oder eine Seifen¬
blaſe geworden ſein.
Zu meiner Zeit und in unſerem Landſtädtchen
mit den Reliquien des erloſchenen Herzogszweigs waren
ſie aber weder ein Sparren noch eine Seifenblaſe,
ſondern ein zuverläſſiges Poſtament, auf welchem man,
auch in den Bewegungen nach unten hin, heute ſich
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