drei anlockenden Messingbecken klapperten im Winde und funkelten im Sonnenschein zwischen der uns tren¬ nenden Fensterwand. In den Kammern über unseren Häuptern nächtigte Reckenburgs Dienerschaft: will sagen die Magd und der Soldatenbursche, der ein für allemal "Purzel" hieß. Höher hinauf thürmten sich Vorraths- und Futterspeicher, Trockenboden, Rauch¬ kammer und so weiter und so weiter.
Nun aber der fürstliche Grundbau im Parterre. De plain pied aus der Thorfahrt, welche die Hälfte einnahm, trat man in das geräumige, gelb getünchte Familienzimmer; aus diesem in die Schlaf- und ver¬ trauliche Rathskammer des ehelichen Consortiums. Hin¬ ter beiden lagen die Küche und das Büreau der Schwa¬ dron. Das waren die freiherrlichen Apartements!
Zwischen dem Raum und seiner Füllung aber welche stylvolle Harmonie! Das hochbeinige Kanapee mit dem blaugewürfelten Leinenzeug, eigenhändig von Frau Adelheid gesponnen, die dito Gardinen, der große eichene Ausziehtisch und der lederne Ohrenstuhl, in welchem der Hausherr sein Mittagsschläfchen hielt, das mütterliche Spinnrad und die roh gezimmerte Hütsche; in der Hölle, hinter dem Ungeheuer von grünen Kacheln, der Waschtisch, an welchem die Familie
drei anlockenden Meſſingbecken klapperten im Winde und funkelten im Sonnenſchein zwiſchen der uns tren¬ nenden Fenſterwand. In den Kammern über unſeren Häuptern nächtigte Reckenburgs Dienerſchaft: will ſagen die Magd und der Soldatenburſche, der ein für allemal „Purzel“ hieß. Höher hinauf thürmten ſich Vorraths- und Futterſpeicher, Trockenboden, Rauch¬ kammer und ſo weiter und ſo weiter.
Nun aber der fürſtliche Grundbau im Parterre. De plain pied aus der Thorfahrt, welche die Hälfte einnahm, trat man in das geräumige, gelb getünchte Familienzimmer; aus dieſem in die Schlaf- und ver¬ trauliche Rathskammer des ehelichen Conſortiums. Hin¬ ter beiden lagen die Küche und das Büreau der Schwa¬ dron. Das waren die freiherrlichen Apartements!
Zwiſchen dem Raum und ſeiner Füllung aber welche ſtylvolle Harmonie! Das hochbeinige Kanapee mit dem blaugewürfelten Leinenzeug, eigenhändig von Frau Adelheid geſponnen, die dito Gardinen, der große eichene Ausziehtiſch und der lederne Ohrenſtuhl, in welchem der Hausherr ſein Mittagsſchläfchen hielt, das mütterliche Spinnrad und die roh gezimmerte Hütſche; in der Hölle, hinter dem Ungeheuer von grünen Kacheln, der Waſchtiſch, an welchem die Familie
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drei anlockenden Meſſingbecken klapperten im Winde
und funkelten im Sonnenſchein zwiſchen der uns tren¬
nenden Fenſterwand. In den Kammern über unſeren
Häuptern nächtigte Reckenburgs Dienerſchaft: will
ſagen die Magd und der Soldatenburſche, der ein für
allemal „Purzel“ hieß. Höher hinauf thürmten ſich
Vorraths- und Futterſpeicher, Trockenboden, Rauch¬
kammer und ſo weiter und ſo weiter.
Nun aber der fürſtliche Grundbau im Parterre.
De plain pied aus der Thorfahrt, welche die Hälfte
einnahm, trat man in das geräumige, gelb getünchte
Familienzimmer; aus dieſem in die Schlaf- und ver¬
trauliche Rathskammer des ehelichen Conſortiums. Hin¬
ter beiden lagen die Küche und das Büreau der Schwa¬
dron. Das waren die freiherrlichen Apartements!
Zwiſchen dem Raum und ſeiner Füllung aber
welche ſtylvolle Harmonie! Das hochbeinige Kanapee
mit dem blaugewürfelten Leinenzeug, eigenhändig von
Frau Adelheid geſponnen, die dito Gardinen, der große
eichene Ausziehtiſch und der lederne Ohrenſtuhl, in
welchem der Hausherr ſein Mittagsſchläfchen hielt,
das mütterliche Spinnrad und die roh gezimmerte
Hütſche; in der Hölle, hinter dem Ungeheuer von
grünen Kacheln, der Waſchtiſch, an welchem die Familie
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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/96>, abgerufen am 31.07.2024.
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