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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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und rief barsch: "Wach auf, Schlafmütze! Jetzt geht's
zu Deiner Großmutter Hardine!"

"Zu meiner Großmutter Hardine!" lallte das
Kind wie in einem fortgesetzten Traum.

So wanderten sie Hand in Hand voran. Die
Füße des Invaliden schwankten und seine Brust keuchte
beklemmt. Warum eigentlich? Ohne eine merkliche
Spur hatte er häufig das Doppelte zu sich genommen.
Freilich der Tag war heiß gewesen, die Wanderung
weit und die Aufregung gewaltig. Es währte eine
Weile, bevor er das Gitterthor erreichte, auf welchem
ein vergoldetes Doppelwappen im letzten Sonnenschein
funkelte. Im Hintergrund einer langen, breiten
Rüsternallee präsentirte sich das Schloß auf erhöhter
Terrasse; zu beiden Seiten der Avenue dehnte sich bis
zum Waldessaume der Garten, linealgerecht durch
hohe Buchenhecken abgetheilt. Goldgelbe Pfade schlän¬
gelten sich zwischen den vielgestaltigen Schnörkelbeeten,
auf denen hinter einem Einfaß von Bux und bunten
Perlenringeln zwar keine Blumen, aber kunstvoll
dressirte Baumfiguren in die Höhe wuchsen. Weiße
Marmorbilder, deren Structur sich gar nicht übel mit
den Pflanzungen dieses Ziergartens vertrug, ragten
längs der Heckenwände, umschichtig mit gar verwunder¬

und rief barſch: „Wach auf, Schlafmütze! Jetzt geht's
zu Deiner Großmutter Hardine!“

„Zu meiner Großmutter Hardine!“ lallte das
Kind wie in einem fortgeſetzten Traum.

So wanderten ſie Hand in Hand voran. Die
Füße des Invaliden ſchwankten und ſeine Bruſt keuchte
beklemmt. Warum eigentlich? Ohne eine merkliche
Spur hatte er häufig das Doppelte zu ſich genommen.
Freilich der Tag war heiß geweſen, die Wanderung
weit und die Aufregung gewaltig. Es währte eine
Weile, bevor er das Gitterthor erreichte, auf welchem
ein vergoldetes Doppelwappen im letzten Sonnenſchein
funkelte. Im Hintergrund einer langen, breiten
Rüſternallee präſentirte ſich das Schloß auf erhöhter
Terraſſe; zu beiden Seiten der Avenue dehnte ſich bis
zum Waldesſaume der Garten, linealgerecht durch
hohe Buchenhecken abgetheilt. Goldgelbe Pfade ſchlän¬
gelten ſich zwiſchen den vielgeſtaltigen Schnörkelbeeten,
auf denen hinter einem Einfaß von Bux und bunten
Perlenringeln zwar keine Blumen, aber kunſtvoll
dreſſirte Baumfiguren in die Höhe wuchſen. Weiße
Marmorbilder, deren Structur ſich gar nicht übel mit
den Pflanzungen dieſes Ziergartens vertrug, ragten
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[70/0077] und rief barſch: „Wach auf, Schlafmütze! Jetzt geht's zu Deiner Großmutter Hardine!“ „Zu meiner Großmutter Hardine!“ lallte das Kind wie in einem fortgeſetzten Traum. So wanderten ſie Hand in Hand voran. Die Füße des Invaliden ſchwankten und ſeine Bruſt keuchte beklemmt. Warum eigentlich? Ohne eine merkliche Spur hatte er häufig das Doppelte zu ſich genommen. Freilich der Tag war heiß geweſen, die Wanderung weit und die Aufregung gewaltig. Es währte eine Weile, bevor er das Gitterthor erreichte, auf welchem ein vergoldetes Doppelwappen im letzten Sonnenſchein funkelte. Im Hintergrund einer langen, breiten Rüſternallee präſentirte ſich das Schloß auf erhöhter Terraſſe; zu beiden Seiten der Avenue dehnte ſich bis zum Waldesſaume der Garten, linealgerecht durch hohe Buchenhecken abgetheilt. Goldgelbe Pfade ſchlän¬ gelten ſich zwiſchen den vielgeſtaltigen Schnörkelbeeten, auf denen hinter einem Einfaß von Bux und bunten Perlenringeln zwar keine Blumen, aber kunſtvoll dreſſirte Baumfiguren in die Höhe wuchſen. Weiße Marmorbilder, deren Structur ſich gar nicht übel mit den Pflanzungen dieſes Ziergartens vertrug, ragten längs der Heckenwände, umſchichtig mit gar verwunder¬

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/77>, abgerufen am 22.11.2024.