Ernst, halb im Spott wurde sein Angriffsplan unter¬ stützt; die Krüge klappten zusammen in einem Frisch¬ auf zu glücklichem Erfolg.
Hin und wieder ging auch ein Einheimischer, der zu Hause Mittag gehalten hatte, an dem Schenken¬ platze vorüber; volle Erntewagen schwankten in das Dorf und kehrten leer wieder nach den Feldern zurück. So seltene Gäste die Bauern und Knechte von Recken¬ burg an diesem Platze sein mochten, die Musterung der fremden Gespanne war wohl ausnahmsweise einen Krug Dünnbiers werth, und es verbreitete sich da¬ her auch unter ihnen die wunderbare Mähr von dem Reckenburger Kinde, das plötzlich als Herrenerbe ein¬ gesprungen war. Kopfschüttelnd und schweigend, wie sie der Mähr gelauscht, entfernten sich die Einheimischen, Einer nach dem Andern, auch die betreßte Tafelrunde brach auf, um die Geschirre für die Heimfahrt zu rüsten: ehe aber der Abend sich senkte, war das lang bewahrte Geheimniß Fräulein Hardinens weit über die Recken¬ burger Flur in das Land hinausgestreut.
Der sich am spätesten erhob, war der jetzt doppelt berauschte Erbe. Er bezahlte das letzte Glas mit seinem letzten Groschen, riß seine Kleine, die in einem sonnigen Winkel eingeschlummert war, in die Höhe
Ernſt, halb im Spott wurde ſein Angriffsplan unter¬ ſtützt; die Krüge klappten zuſammen in einem Friſch¬ auf zu glücklichem Erfolg.
Hin und wieder ging auch ein Einheimiſcher, der zu Hauſe Mittag gehalten hatte, an dem Schenken¬ platze vorüber; volle Erntewagen ſchwankten in das Dorf und kehrten leer wieder nach den Feldern zurück. So ſeltene Gäſte die Bauern und Knechte von Recken¬ burg an dieſem Platze ſein mochten, die Muſterung der fremden Geſpanne war wohl ausnahmsweiſe einen Krug Dünnbiers werth, und es verbreitete ſich da¬ her auch unter ihnen die wunderbare Mähr von dem Reckenburger Kinde, das plötzlich als Herrenerbe ein¬ geſprungen war. Kopfſchüttelnd und ſchweigend, wie ſie der Mähr gelauſcht, entfernten ſich die Einheimiſchen, Einer nach dem Andern, auch die betreßte Tafelrunde brach auf, um die Geſchirre für die Heimfahrt zu rüſten: ehe aber der Abend ſich ſenkte, war das lang bewahrte Geheimniß Fräulein Hardinens weit über die Recken¬ burger Flur in das Land hinausgeſtreut.
Der ſich am ſpäteſten erhob, war der jetzt doppelt berauſchte Erbe. Er bezahlte das letzte Glas mit ſeinem letzten Groſchen, riß ſeine Kleine, die in einem ſonnigen Winkel eingeſchlummert war, in die Höhe
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0076"n="69"/>
Ernſt, halb im Spott wurde ſein Angriffsplan unter¬<lb/>ſtützt; die Krüge klappten zuſammen in einem Friſch¬<lb/>
auf zu glücklichem Erfolg.</p><lb/><p>Hin und wieder ging auch ein Einheimiſcher, der<lb/>
zu Hauſe Mittag gehalten hatte, an dem Schenken¬<lb/>
platze vorüber; volle Erntewagen ſchwankten in das<lb/>
Dorf und kehrten leer wieder nach den Feldern zurück.<lb/>
So ſeltene Gäſte die Bauern und Knechte von Recken¬<lb/>
burg an dieſem Platze ſein mochten, die Muſterung<lb/>
der fremden Geſpanne war wohl ausnahmsweiſe einen<lb/>
Krug Dünnbiers werth, und es verbreitete ſich da¬<lb/>
her auch unter ihnen die wunderbare Mähr von dem<lb/>
Reckenburger Kinde, das plötzlich als Herrenerbe ein¬<lb/>
geſprungen war. Kopfſchüttelnd und ſchweigend, wie<lb/>ſie der Mähr gelauſcht, entfernten ſich die Einheimiſchen,<lb/>
Einer nach dem Andern, auch die betreßte Tafelrunde<lb/>
brach auf, um die Geſchirre für die Heimfahrt zu rüſten:<lb/>
ehe aber der Abend ſich ſenkte, war das lang bewahrte<lb/>
Geheimniß Fräulein Hardinens weit über die Recken¬<lb/>
burger Flur in das Land hinausgeſtreut.</p><lb/><p>Der ſich am ſpäteſten erhob, war der jetzt doppelt<lb/>
berauſchte Erbe. Er bezahlte das letzte Glas mit<lb/>ſeinem letzten Groſchen, riß ſeine Kleine, die in einem<lb/>ſonnigen Winkel eingeſchlummert war, in die Höhe<lb/></p></div></body></text></TEI>
[69/0076]
Ernſt, halb im Spott wurde ſein Angriffsplan unter¬
ſtützt; die Krüge klappten zuſammen in einem Friſch¬
auf zu glücklichem Erfolg.
Hin und wieder ging auch ein Einheimiſcher, der
zu Hauſe Mittag gehalten hatte, an dem Schenken¬
platze vorüber; volle Erntewagen ſchwankten in das
Dorf und kehrten leer wieder nach den Feldern zurück.
So ſeltene Gäſte die Bauern und Knechte von Recken¬
burg an dieſem Platze ſein mochten, die Muſterung
der fremden Geſpanne war wohl ausnahmsweiſe einen
Krug Dünnbiers werth, und es verbreitete ſich da¬
her auch unter ihnen die wunderbare Mähr von dem
Reckenburger Kinde, das plötzlich als Herrenerbe ein¬
geſprungen war. Kopfſchüttelnd und ſchweigend, wie
ſie der Mähr gelauſcht, entfernten ſich die Einheimiſchen,
Einer nach dem Andern, auch die betreßte Tafelrunde
brach auf, um die Geſchirre für die Heimfahrt zu rüſten:
ehe aber der Abend ſich ſenkte, war das lang bewahrte
Geheimniß Fräulein Hardinens weit über die Recken¬
burger Flur in das Land hinausgeſtreut.
Der ſich am ſpäteſten erhob, war der jetzt doppelt
berauſchte Erbe. Er bezahlte das letzte Glas mit
ſeinem letzten Groſchen, riß ſeine Kleine, die in einem
ſonnigen Winkel eingeſchlummert war, in die Höhe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/76>, abgerufen am 31.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.