resolutesten Manne, dessen landwirthschaftliche Ein¬ richtungen weit und breit der Gegend zum Muster dienten. Ebenso einstimmig waren aber auch die Be¬ denklichkeiten über die Zukunft der großen Besitzung nach dem Tode der Dame. Manche bedauerten die alleinstehende Matrone, Andere beneideten zum Voraus die lachenden Erben.
Unser Invalid, des Landes, wie des Landbaues unkundig, verstand natürlich nichts von den Einzeln¬ heiten dieser Mittheilungen. Aber seltsam! Je länger er von der Fülle des Reckenburg'schen Erbes reden hörte, desto tiefer schmeichelten sich Hoffnungen und Wünsche in sein Gemüth, die ihm bis dahin völlig ferngelegen hatten. In Armuth und Heimathlosigkeit wurden die Muthmaßungen erst der alten Kloster¬ klatsche, später seiner eignen Frau von ihm verlacht. Jetzt auf der Wanderung in einer friedlichen, gedeih¬ lichen Landschaft, ein Paar Thaler in der Tasche, jederzeit etwas Warmes im Magen und den Krug gefüllt für seinen Durst, kurz und gut, in einem be¬ haglichen Zustande, wie er ihn kaum jemals gekannt, jetzt überließ er sich willig dem Zweifel, ob die beiden Weiber, ob namentlich seine kluge Lisette in der Hell¬ sicht des Sterbebetts sein Verhältniß zu Fräulein Har¬
reſoluteſten Manne, deſſen landwirthſchaftliche Ein¬ richtungen weit und breit der Gegend zum Muſter dienten. Ebenſo einſtimmig waren aber auch die Be¬ denklichkeiten über die Zukunft der großen Beſitzung nach dem Tode der Dame. Manche bedauerten die alleinſtehende Matrone, Andere beneideten zum Voraus die lachenden Erben.
Unſer Invalid, des Landes, wie des Landbaues unkundig, verſtand natürlich nichts von den Einzeln¬ heiten dieſer Mittheilungen. Aber ſeltſam! Je länger er von der Fülle des Reckenburg'ſchen Erbes reden hörte, deſto tiefer ſchmeichelten ſich Hoffnungen und Wünſche in ſein Gemüth, die ihm bis dahin völlig ferngelegen hatten. In Armuth und Heimathloſigkeit wurden die Muthmaßungen erſt der alten Kloſter¬ klatſche, ſpäter ſeiner eignen Frau von ihm verlacht. Jetzt auf der Wanderung in einer friedlichen, gedeih¬ lichen Landſchaft, ein Paar Thaler in der Taſche, jederzeit etwas Warmes im Magen und den Krug gefüllt für ſeinen Durſt, kurz und gut, in einem be¬ haglichen Zuſtande, wie er ihn kaum jemals gekannt, jetzt überließ er ſich willig dem Zweifel, ob die beiden Weiber, ob namentlich ſeine kluge Liſette in der Hell¬ ſicht des Sterbebetts ſein Verhältniß zu Fräulein Har¬
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[52/0059]
reſoluteſten Manne, deſſen landwirthſchaftliche Ein¬
richtungen weit und breit der Gegend zum Muſter
dienten. Ebenſo einſtimmig waren aber auch die Be¬
denklichkeiten über die Zukunft der großen Beſitzung
nach dem Tode der Dame. Manche bedauerten die
alleinſtehende Matrone, Andere beneideten zum Voraus
die lachenden Erben.
Unſer Invalid, des Landes, wie des Landbaues
unkundig, verſtand natürlich nichts von den Einzeln¬
heiten dieſer Mittheilungen. Aber ſeltſam! Je länger
er von der Fülle des Reckenburg'ſchen Erbes reden
hörte, deſto tiefer ſchmeichelten ſich Hoffnungen und
Wünſche in ſein Gemüth, die ihm bis dahin völlig
ferngelegen hatten. In Armuth und Heimathloſigkeit
wurden die Muthmaßungen erſt der alten Kloſter¬
klatſche, ſpäter ſeiner eignen Frau von ihm verlacht.
Jetzt auf der Wanderung in einer friedlichen, gedeih¬
lichen Landſchaft, ein Paar Thaler in der Taſche,
jederzeit etwas Warmes im Magen und den Krug
gefüllt für ſeinen Durſt, kurz und gut, in einem be¬
haglichen Zuſtande, wie er ihn kaum jemals gekannt,
jetzt überließ er ſich willig dem Zweifel, ob die beiden
Weiber, ob namentlich ſeine kluge Liſette in der Hell¬
ſicht des Sterbebetts ſein Verhältniß zu Fräulein Har¬
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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/59>, abgerufen am 22.11.2024.
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