François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.Als der Gottesdienst vorüber war, traf ich sie So schritten die Beneideten und Verlästerten der Als der Gottesdienſt vorüber war, traf ich ſie So ſchritten die Beneideten und Verläſterten der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0261" n="254"/> <p>Als der Gottesdienſt vorüber war, traf ich ſie<lb/> halb vernichtet an einen Pfeiler gedrückt unter dem<lb/> Gedränge der Kirchenpforte. Uebereinſtimmender denn<lb/> jemals von ihrer Morgenandacht erregt, ſtänderten<lb/> und plauderten die Patrizier der Emporen und die<lb/> Plebejer des Schiffs vor dem Ausgange. Keiner<lb/> wechſelte ein Wort, einen Gruß wie ſonſt mit der<lb/> hübſchen „Jungfer Augentroſt,“ keiner machte ihr<lb/> Platz, man gaffte ſie an, bekrittelte ihren Staat und<lb/> kehrte ihr ſpottend den Rücken. Freundlicher als ich<lb/> es <hi rendition="#g">ohne</hi> dieſes chriſtliche Schauſpiel gethan haben<lb/> würde, redete ich ſie an, nahm ſie unter den Arm<lb/> und führte ſie, — <hi rendition="#g">mir</hi> machte man Platz, — an der<lb/> Frau Amtmännin vorüber, die eben in ihre ſtolze<lb/> Caroſſe ſtieg. Auf dem Markte hielt die Wacht¬<lb/> parade ihren Aufzug, und der gottloſe Fürſtenſohn,<lb/> gleichmüthig flanirend, entſendete uns einen huldvollen<lb/> Gruß.</p><lb/> <p>So ſchritten die Beneideten und Verläſterten der<lb/> Baderei durch den Kriegsbeſchluß der Nationalver¬<lb/> ſammlung in Paris auf's Neue ſolidariſch verbunden,<lb/> Arm in Arm ihrem Heimweſen zu und ſpazierten auch<lb/> noch ein Viertelſtündchen im Garten, um ſich unter<lb/> Gottes freiem Himmel von der angreifenden Mor¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [254/0261]
Als der Gottesdienſt vorüber war, traf ich ſie
halb vernichtet an einen Pfeiler gedrückt unter dem
Gedränge der Kirchenpforte. Uebereinſtimmender denn
jemals von ihrer Morgenandacht erregt, ſtänderten
und plauderten die Patrizier der Emporen und die
Plebejer des Schiffs vor dem Ausgange. Keiner
wechſelte ein Wort, einen Gruß wie ſonſt mit der
hübſchen „Jungfer Augentroſt,“ keiner machte ihr
Platz, man gaffte ſie an, bekrittelte ihren Staat und
kehrte ihr ſpottend den Rücken. Freundlicher als ich
es ohne dieſes chriſtliche Schauſpiel gethan haben
würde, redete ich ſie an, nahm ſie unter den Arm
und führte ſie, — mir machte man Platz, — an der
Frau Amtmännin vorüber, die eben in ihre ſtolze
Caroſſe ſtieg. Auf dem Markte hielt die Wacht¬
parade ihren Aufzug, und der gottloſe Fürſtenſohn,
gleichmüthig flanirend, entſendete uns einen huldvollen
Gruß.
So ſchritten die Beneideten und Verläſterten der
Baderei durch den Kriegsbeſchluß der Nationalver¬
ſammlung in Paris auf's Neue ſolidariſch verbunden,
Arm in Arm ihrem Heimweſen zu und ſpazierten auch
noch ein Viertelſtündchen im Garten, um ſich unter
Gottes freiem Himmel von der angreifenden Mor¬
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