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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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matum auf ihrer Kanzel vorauszusetzen! War sie eine
Jakobinerhorde, die eines geistlichen Ordnungsrufs
bedurfte? Gab man ohne Murren nicht Gott, was
Gottes, und dem Kurfürsten, was des Kurfürsten war,
vorausgesetzt, daß die Steuer sich nicht allzuhoch be¬
lief? Hatte Einer in der Gemeinde von Freiheit und
Gleichheit auch nur geträumt?

Ja, Eine war unter ihnen, eine Einzige, die
vom Teufel der Hoffart und Eitelkeit verblendet,
ihrem von Gott gesetzten Kreise den Rücken gekehrt
hatte, seitdem sie über Nacht wie ein Glückspilz zur
Braut und Nutznießerin eines hochfliegenden Patrons
emporgeschossen war; die sich in die Reihen des Adels
gedrängt, in die allerhöchste Nähe geschlichen, in leicht¬
fertigem Putz, mit anlockenden Geberden den fürst¬
lichen Sinn bethört und ein Aergerniß heraufbeschwo¬
ren hatte, dermaßen, daß eine seit Herzogs Zeiten
bestehende, hochadlige Societät dadurch gesprengt und
eine Rüge von der Kanzel herab zur Christenpflicht
geworden war. Es fehlte nicht viel, man deutete mit
Fingern auf die arme kleine Dorl, die mit nieder¬
geschlagenen Augen und Thränen auf den Wangen,
jetzt roth wie Scharlach, dann kreideweiß hinter ihrem
Betpulte zitterte.

matum auf ihrer Kanzel vorauszuſetzen! War ſie eine
Jakobinerhorde, die eines geiſtlichen Ordnungsrufs
bedurfte? Gab man ohne Murren nicht Gott, was
Gottes, und dem Kurfürſten, was des Kurfürſten war,
vorausgeſetzt, daß die Steuer ſich nicht allzuhoch be¬
lief? Hatte Einer in der Gemeinde von Freiheit und
Gleichheit auch nur geträumt?

Ja, Eine war unter ihnen, eine Einzige, die
vom Teufel der Hoffart und Eitelkeit verblendet,
ihrem von Gott geſetzten Kreiſe den Rücken gekehrt
hatte, ſeitdem ſie über Nacht wie ein Glückspilz zur
Braut und Nutznießerin eines hochfliegenden Patrons
emporgeſchoſſen war; die ſich in die Reihen des Adels
gedrängt, in die allerhöchſte Nähe geſchlichen, in leicht¬
fertigem Putz, mit anlockenden Geberden den fürſt¬
lichen Sinn bethört und ein Aergerniß heraufbeſchwo¬
ren hatte, dermaßen, daß eine ſeit Herzogs Zeiten
beſtehende, hochadlige Societät dadurch geſprengt und
eine Rüge von der Kanzel herab zur Chriſtenpflicht
geworden war. Es fehlte nicht viel, man deutete mit
Fingern auf die arme kleine Dorl, die mit nieder¬
geſchlagenen Augen und Thränen auf den Wangen,
jetzt roth wie Scharlach, dann kreideweiß hinter ihrem
Betpulte zitterte.

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[253/0260] matum auf ihrer Kanzel vorauszuſetzen! War ſie eine Jakobinerhorde, die eines geiſtlichen Ordnungsrufs bedurfte? Gab man ohne Murren nicht Gott, was Gottes, und dem Kurfürſten, was des Kurfürſten war, vorausgeſetzt, daß die Steuer ſich nicht allzuhoch be¬ lief? Hatte Einer in der Gemeinde von Freiheit und Gleichheit auch nur geträumt? Ja, Eine war unter ihnen, eine Einzige, die vom Teufel der Hoffart und Eitelkeit verblendet, ihrem von Gott geſetzten Kreiſe den Rücken gekehrt hatte, ſeitdem ſie über Nacht wie ein Glückspilz zur Braut und Nutznießerin eines hochfliegenden Patrons emporgeſchoſſen war; die ſich in die Reihen des Adels gedrängt, in die allerhöchſte Nähe geſchlichen, in leicht¬ fertigem Putz, mit anlockenden Geberden den fürſt¬ lichen Sinn bethört und ein Aergerniß heraufbeſchwo¬ ren hatte, dermaßen, daß eine ſeit Herzogs Zeiten beſtehende, hochadlige Societät dadurch geſprengt und eine Rüge von der Kanzel herab zur Chriſtenpflicht geworden war. Es fehlte nicht viel, man deutete mit Fingern auf die arme kleine Dorl, die mit nieder¬ geſchlagenen Augen und Thränen auf den Wangen, jetzt roth wie Scharlach, dann kreideweiß hinter ihrem Betpulte zitterte.

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/260>, abgerufen am 24.11.2024.