Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.die Stadt hingegen an den König übergeben/ und den Bürgern ihre alte Privilegien verbleiben solten. Als nun/ nachdem solche monatliche Frist vorüber/ man gar von keinem Entsatz annoch das Geringste vernahm: öffnete man/ dem Könige/ am 1. Junii/ am Frohn-Leichnams-Abend (der Ehren-Spiegel setzt dafür den 1. Julii/ aber vermutlich durch einen Druck-Fehler) die Thore. Welcher hierauf/ in Begleitung Gravens Stephans von Zips/ Petri Garaii/ deß Feldherrns Laurentii/ wie auch vieler andrer Böhmischer und Ungarischer Herren/ seinen gar prächtigen Einritt hielt. Deß andern Tags folgte der Einzug seiner Gemahlin/ der Königinn Beatrix: welche nicht allein von unterschiedlichen Reuter-Squadronen/ sondern auch von einer grossen Menge Volks allerley Stands/ mit hohem und besondrem Gepränge / ward eingeholt. Gleich hierauf überschüttete man die bishero mangelhaffte Stadt/ mit grossem Uberfluß von Lebens-Mitteln/ nachdem sie/ in vier Monaten (oder/ nach Bonfinii Erzehlung/ in sechs /) manchen Fast-Tag gehabt. So bald nun Wien in seiner Gewalt war; befahl er/ die Verräther und Meuchelmörder/ so ihm nach dem Leben gestanden/ aufzusuchen/ und vor Gericht zu stellen. Dann das Stücklein/ so ihm vor Ebersdorff begegnet war/ kunnte er nicht vergessen/ nemlich daß man dem Stückmeister daselbst die Stätte seiner Gegenwart heimlich entdeckt hatte. Hieresla/ der Schreiber/ oder Secretar/ ward am ersten fürgenommen: und/ ohnangesehn er sonst/ beym Könige/ trefflich wol gelitten/ ja gar vertraulich war/ legte man ihn dannoch/ weil einer ihn angezeigt hatte/ gefangen/ und hernach gar auf die Folter. Nach welcher scharffen Frage/ er bekannt/ er hätte dem Commendanten zu Ebersdorff heimliche Nachricht ertheilt/ daß er der Belägerung anders nicht befreyet werden könnte/ als / wann er dem/ im nechst-stehenden Häuslein vor der Stadt tischendem/ Könige die Mahlzeit / mit einer Stuck-Kugel/ gesegnete/ und damit nach seiner Person selbsten trachtete: aufdaß aber die Kugel nicht fehlen mögte/ hätte er die Stelle/ da sie den König antreffen würde/ ihm wolmerklich bezeichnet/ auch/ unter der Wienerischen Belägerung / durch falsche Briefe/ den Bürgern in der Stadt/ aus Mähren und Böhmen/ offt Proviand verschafft und zugeschickt. Bald hernach aber/ da man ihn/ nach der Erledigung von der Folter/ abermal fragte/ ob er/ bey solcher Bekenntnis/ beharrete; zog er seine Aussage zurück/ mit dem Vorwand / es hätte ihm die Pein solche Unwarheit/ und ertichtete Bekenntnis/ abgezwungen: wolte also unpeinlich das Geringste nicht gestehn/ sagend/ er könne die Folter nicht erdulten / werde derhalben allemal/ durch Gewalt derselben/ wider sein unschuldiges Gewissen zu reden/ angestrengt: Er sey/ von solcher Bezüchtigung/ so rein/ wie ein Engel/ auch durch seinen König und Herrn/ der ihm nichts/ als lauter Gnade/ erwiesen hätte / niemals/ zu so schändlicher Untreu und die Stadt hingegen an den König übergeben/ und den Bürgern ihre alte Privilegien verbleiben solten. Als nun/ nachdem solche monatliche Frist vorüber/ man gar von keinem Entsatz annoch das Geringste vernahm: öffnete man/ dem Könige/ am 1. Junii/ am Frohn-Leichnams-Abend (der Ehren-Spiegel setzt dafür den 1. Julii/ aber vermutlich durch einen Druck-Fehler) die Thore. Welcher hierauf/ in Begleitung Gravens Stephans von Zips/ Petri Garaii/ deß Feldherrns Laurentii/ wie auch vieler andrer Böhmischer und Ungarischer Herren/ seinen gar prächtigen Einritt hielt. Deß andern Tags folgte der Einzug seiner Gemahlin/ der Königinn Beatrix: welche nicht allein von unterschiedlichen Reuter-Squadronen/ sondern auch von einer grossen Menge Volks allerley Stands/ mit hohem und besondrem Gepränge / ward eingeholt. Gleich hierauf überschüttete man die bishero mangelhaffte Stadt/ mit grossem Uberfluß von Lebens-Mitteln/ nachdem sie/ in vier Monaten (oder/ nach Bonfinii Erzehlung/ in sechs /) manchen Fast-Tag gehabt. So bald nun Wien in seiner Gewalt war; befahl er/ die Verräther und Meuchelmörder/ so ihm nach dem Leben gestanden/ aufzusuchen/ und vor Gericht zu stellen. Dann das Stücklein/ so ihm vor Ebersdorff begegnet war/ kunnte er nicht vergessen/ nemlich daß man dem Stückmeister daselbst die Stätte seiner Gegenwart heimlich entdeckt hatte. Hieresla/ der Schreiber/ oder Secretar/ ward am ersten fürgenommen: und/ ohnangesehn er sonst/ beym Könige/ trefflich wol gelitten/ ja gar vertraulich war/ legte man ihn dannoch/ weil einer ihn angezeigt hatte/ gefangen/ und hernach gar auf die Folter. Nach welcher scharffen Frage/ er bekannt/ er hätte dem Commendanten zu Ebersdorff heimliche Nachricht ertheilt/ daß er der Belägerung anders nicht befreyet werden könnte/ als / wann er dem/ im nechst-stehenden Häuslein vor der Stadt tischendem/ Könige die Mahlzeit / mit einer Stuck-Kugel/ gesegnete/ und damit nach seiner Person selbsten trachtete: aufdaß aber die Kugel nicht fehlen mögte/ hätte er die Stelle/ da sie den König antreffen würde/ ihm wolmerklich bezeichnet/ auch/ unter der Wienerischen Belägerung / durch falsche Briefe/ den Bürgern in der Stadt/ aus Mähren und Böhmen/ offt Proviand verschafft und zugeschickt. Bald hernach aber/ da man ihn/ nach der Erledigung von der Folter/ abermal fragte/ ob er/ bey solcher Bekenntnis/ beharrete; zog er seine Aussage zurück/ mit dem Vorwand / es hätte ihm die Pein solche Unwarheit/ und ertichtete Bekenntnis/ abgezwungen: wolte also unpeinlich das Geringste nicht gestehn/ sagend/ er könne die Folter nicht erdulten / werde derhalben allemal/ durch Gewalt derselben/ wider sein unschuldiges Gewissen zu reden/ angestrengt: Er sey/ von solcher Bezüchtigung/ so rein/ wie ein Engel/ auch durch seinen König und Herrn/ der ihm nichts/ als lauter Gnade/ erwiesen hätte / niemals/ zu so schändlicher Untreu und <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0076" n="68"/> die Stadt hingegen an den König übergeben/ und den Bürgern ihre alte Privilegien verbleiben solten.</p> <p>Als nun/ nachdem solche monatliche Frist vorüber/ man gar von keinem Entsatz annoch das Geringste vernahm: öffnete man/ dem Könige/ am 1. Junii/ am Frohn-Leichnams-Abend (der Ehren-Spiegel setzt dafür den 1. Julii/ aber vermutlich durch einen Druck-Fehler) die Thore. Welcher hierauf/ in Begleitung Gravens Stephans von Zips/ Petri Garaii/ deß Feldherrns Laurentii/ wie auch vieler andrer Böhmischer und Ungarischer Herren/ seinen gar prächtigen Einritt hielt. Deß andern Tags folgte der Einzug seiner Gemahlin/ der Königinn Beatrix: welche nicht allein von unterschiedlichen Reuter-Squadronen/ sondern auch von einer grossen Menge Volks allerley Stands/ mit hohem und besondrem Gepränge / ward eingeholt.</p> <p>Gleich hierauf überschüttete man die bishero mangelhaffte Stadt/ mit grossem Uberfluß von Lebens-Mitteln/ nachdem sie/ in vier Monaten (oder/ nach Bonfinii Erzehlung/ in sechs /) manchen Fast-Tag gehabt.</p> <p>So bald nun Wien in seiner Gewalt war; befahl er/ die Verräther und Meuchelmörder/ so ihm nach dem Leben gestanden/ aufzusuchen/ und vor Gericht zu stellen. Dann das Stücklein/ so ihm vor Ebersdorff begegnet war/ kunnte er nicht vergessen/ nemlich daß man dem Stückmeister daselbst die Stätte seiner Gegenwart heimlich entdeckt hatte. Hieresla/ der Schreiber/ oder Secretar/ ward am ersten fürgenommen: und/ ohnangesehn er sonst/ beym Könige/ trefflich wol gelitten/ ja gar vertraulich war/ legte man ihn dannoch/ weil einer ihn angezeigt hatte/ gefangen/ und hernach gar auf die Folter. Nach welcher scharffen Frage/ er bekannt/ er hätte dem Commendanten zu Ebersdorff heimliche Nachricht ertheilt/ daß er der Belägerung anders nicht befreyet werden könnte/ als / wann er dem/ im nechst-stehenden Häuslein vor der Stadt tischendem/ Könige die Mahlzeit / mit einer Stuck-Kugel/ gesegnete/ und damit nach seiner Person selbsten trachtete: aufdaß aber die Kugel nicht fehlen mögte/ hätte er die Stelle/ da sie den König antreffen würde/ ihm wolmerklich bezeichnet/ auch/ unter der Wienerischen Belägerung / durch falsche Briefe/ den Bürgern in der Stadt/ aus Mähren und Böhmen/ offt Proviand verschafft und zugeschickt.</p> <p>Bald hernach aber/ da man ihn/ nach der Erledigung von der Folter/ abermal fragte/ ob er/ bey solcher Bekenntnis/ beharrete; zog er seine Aussage zurück/ mit dem Vorwand / es hätte ihm die Pein solche Unwarheit/ und ertichtete Bekenntnis/ abgezwungen: wolte also unpeinlich das Geringste nicht gestehn/ sagend/ er könne die Folter nicht erdulten / werde derhalben allemal/ durch Gewalt derselben/ wider sein unschuldiges Gewissen zu reden/ angestrengt: Er sey/ von solcher Bezüchtigung/ so rein/ wie ein Engel/ auch durch seinen König und Herrn/ der ihm nichts/ als lauter Gnade/ erwiesen hätte / niemals/ zu so schändlicher Untreu und </p> </div> </body> </text> </TEI> [68/0076]
die Stadt hingegen an den König übergeben/ und den Bürgern ihre alte Privilegien verbleiben solten.
Als nun/ nachdem solche monatliche Frist vorüber/ man gar von keinem Entsatz annoch das Geringste vernahm: öffnete man/ dem Könige/ am 1. Junii/ am Frohn-Leichnams-Abend (der Ehren-Spiegel setzt dafür den 1. Julii/ aber vermutlich durch einen Druck-Fehler) die Thore. Welcher hierauf/ in Begleitung Gravens Stephans von Zips/ Petri Garaii/ deß Feldherrns Laurentii/ wie auch vieler andrer Böhmischer und Ungarischer Herren/ seinen gar prächtigen Einritt hielt. Deß andern Tags folgte der Einzug seiner Gemahlin/ der Königinn Beatrix: welche nicht allein von unterschiedlichen Reuter-Squadronen/ sondern auch von einer grossen Menge Volks allerley Stands/ mit hohem und besondrem Gepränge / ward eingeholt.
Gleich hierauf überschüttete man die bishero mangelhaffte Stadt/ mit grossem Uberfluß von Lebens-Mitteln/ nachdem sie/ in vier Monaten (oder/ nach Bonfinii Erzehlung/ in sechs /) manchen Fast-Tag gehabt.
So bald nun Wien in seiner Gewalt war; befahl er/ die Verräther und Meuchelmörder/ so ihm nach dem Leben gestanden/ aufzusuchen/ und vor Gericht zu stellen. Dann das Stücklein/ so ihm vor Ebersdorff begegnet war/ kunnte er nicht vergessen/ nemlich daß man dem Stückmeister daselbst die Stätte seiner Gegenwart heimlich entdeckt hatte. Hieresla/ der Schreiber/ oder Secretar/ ward am ersten fürgenommen: und/ ohnangesehn er sonst/ beym Könige/ trefflich wol gelitten/ ja gar vertraulich war/ legte man ihn dannoch/ weil einer ihn angezeigt hatte/ gefangen/ und hernach gar auf die Folter. Nach welcher scharffen Frage/ er bekannt/ er hätte dem Commendanten zu Ebersdorff heimliche Nachricht ertheilt/ daß er der Belägerung anders nicht befreyet werden könnte/ als / wann er dem/ im nechst-stehenden Häuslein vor der Stadt tischendem/ Könige die Mahlzeit / mit einer Stuck-Kugel/ gesegnete/ und damit nach seiner Person selbsten trachtete: aufdaß aber die Kugel nicht fehlen mögte/ hätte er die Stelle/ da sie den König antreffen würde/ ihm wolmerklich bezeichnet/ auch/ unter der Wienerischen Belägerung / durch falsche Briefe/ den Bürgern in der Stadt/ aus Mähren und Böhmen/ offt Proviand verschafft und zugeschickt.
Bald hernach aber/ da man ihn/ nach der Erledigung von der Folter/ abermal fragte/ ob er/ bey solcher Bekenntnis/ beharrete; zog er seine Aussage zurück/ mit dem Vorwand / es hätte ihm die Pein solche Unwarheit/ und ertichtete Bekenntnis/ abgezwungen: wolte also unpeinlich das Geringste nicht gestehn/ sagend/ er könne die Folter nicht erdulten / werde derhalben allemal/ durch Gewalt derselben/ wider sein unschuldiges Gewissen zu reden/ angestrengt: Er sey/ von solcher Bezüchtigung/ so rein/ wie ein Engel/ auch durch seinen König und Herrn/ der ihm nichts/ als lauter Gnade/ erwiesen hätte / niemals/ zu so schändlicher Untreu und
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/76>, abgerufen am 16.02.2025. |