Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.Damit er aber unterdessen/ wider seine Gewonheit/ im Lager/ nicht lange feyren dörffte / (wiewol es an täglichen Scharmützeln/ mit dem ausfallenden Käiserlichen Soldaten von der Besatzung/ nicht fehlete/ er auch bisweilen/ nur mit einer geringen Begleitung/ um die Stadt-Mauren/ ritte/ und etliche Bürger anredete/ nicht ohne Verwundrung der Soldaten über seine Sicherheit) nahm er sein Leib-Regiment zu sich/ und zoch damit vor Ebersdorff/ welchen Ort damals eine fürnehme Edelfrau in Besitz hatte/ und auf ihren Kosten/ befestigen lassen. Daselbst kam er in eine nicht geringe Lebens-Gefahr: Dann als er/ in einem Hüttlein vor der Stadt/ mit den fürnehmsten Hauptleuten/ und etlichen vertrauten Freunden/ eben zu Tische überm Essen saß/ (wiewol andre melden/ er habe damals Kriegs-Rath gehalten) kam ihm aus der Stadt/ ein unversehener Gast/ der ihnen das Essen schier allzu scharff gewürzt/ und übel gesegnet hätte/ nemlich eine Stück-Kugel / geflogen/ fuhr durch die Leimen-Wand/ welche darüber zu Bodem fiel: und fehlte wenig / daß er nicht selbst wäre das Ziel dieses Schusses worden; so gar fürsetzlich und genau war sie/ auf seine Person/ durch Verrätherey/ gerichtet. Alle Anwesende fielen darob in grossen Schrecken und Bestürzung: Er allein ließ das geringste Zeichen einiger Furcht oder Erschreckung nicht blicken; sondern blieb aufrecht und Mauren-fest stehen. Als aber die andren wiederum zu sich selbsten kamen/ und der Sachen nachdachten; urtheilten sie/ der Schuß müste/ durch einen treulosen Vogel/ angegeben seyn. Bald hernach wird das Städtlein erobert/ die Besatzung gefänglich angenommen/ und der Edel-Frauen/ vom Könige/ verziehen; sein Secretar aber und Böhmischer Commissar / Hiereslaus/ ihm verdächtig gemacht/ als hätte er/ durch geheime Verständnis/ besagten Schuß angestifftet/ daß er damit hätte sollen zur Ruhe gelegt werden. Ob nun gleich seine Leute ihm täglich damit in den Ohren lagen/ und den Argwohn scheinbar machten: behielt er es doch bey sich/ und ließ es schlaffen/ bis zu gelegener Zeit der Rache; und verband den Anbringern/ durch ernstlichen Befehl/ unterdessen das Maul. Nachdem er hiernechst wiederum ins Haupt-Lager angelangt/ muste man Lauff-Gräben/ und Geschütz-Stellungen (Batterien) verfertigen; um die Stadt/ aufs schärffste/ zu begrüssen: die ihm gleichwol/ mit Kraut und Lot/ zu danken/ nicht vergaß. Besatzung / und Bürger/ wehrten sich tapfer: Daher die Belägerung sich/ bis in den vierten Monat / verweilte. Laut der Bonfinianischen Beschreibung/ hat unterdessen anjetzo erst der König eine Vorstadt/ bey Nacht/ eingenommen und in Brand gesteckt: Daraus zu schliessen/ daß die Einäscherung der Wienerischen Lust-Höfe/ deren oben Erwehnung geschahe/ gleich zum Anfange der Belagerung/ vorgegangen. Als jetzt-berührte Vorstadt in die Asche gegangen / sollen daselbst viel Einwohner/ durch Schwert und Feuer/ umgekommen seyn. Deß erschracken die in der Stadt gar sehr/ und solche auffahrende Flamme schmeltzte ihnen das Herz/ wie Wachs. Sie sahen/ daß ein so ansehnliches Glied Damit er aber unterdessen/ wider seine Gewonheit/ im Lager/ nicht lange feyren dörffte / (wiewol es an täglichen Scharmützeln/ mit dem ausfallenden Käiserlichen Soldaten von der Besatzung/ nicht fehlete/ er auch bisweilen/ nur mit einer geringen Begleitung/ um die Stadt-Mauren/ ritte/ und etliche Bürger anredete/ nicht ohne Verwundrung der Soldaten über seine Sicherheit) nahm er sein Leib-Regiment zu sich/ und zoch damit vor Ebersdorff/ welchen Ort damals eine fürnehme Edelfrau in Besitz hatte/ und auf ihren Kosten/ befestigen lassen. Daselbst kam er in eine nicht geringe Lebens-Gefahr: Dann als er/ in einem Hüttlein vor der Stadt/ mit den fürnehmsten Hauptleuten/ und etlichen vertrauten Freunden/ eben zu Tische überm Essen saß/ (wiewol andre melden/ er habe damals Kriegs-Rath gehalten) kam ihm aus der Stadt/ ein unversehener Gast/ der ihnen das Essen schier allzu scharff gewürzt/ und übel gesegnet hätte/ nemlich eine Stück-Kugel / geflogen/ fuhr durch die Leimen-Wand/ welche darüber zu Bodem fiel: und fehlte wenig / daß er nicht selbst wäre das Ziel dieses Schusses worden; so gar fürsetzlich und genau war sie/ auf seine Person/ durch Verrätherey/ gerichtet. Alle Anwesende fielen darob in grossen Schrecken und Bestürzung: Er allein ließ das geringste Zeichen einiger Furcht oder Erschreckung nicht blicken; sondern blieb aufrecht und Mauren-fest stehen. Als aber die andren wiederum zu sich selbsten kamen/ und der Sachen nachdachten; urtheilten sie/ der Schuß müste/ durch einen treulosen Vogel/ angegeben seyn. Bald hernach wird das Städtlein erobert/ die Besatzung gefänglich angenommen/ und der Edel-Frauen/ vom Könige/ verziehen; sein Secretar aber und Böhmischer Commissar / Hiereslaus/ ihm verdächtig gemacht/ als hätte er/ durch geheime Verständnis/ besagten Schuß angestifftet/ daß er damit hätte sollen zur Ruhe gelegt werden. Ob nun gleich seine Leute ihm täglich damit in den Ohren lagen/ und den Argwohn scheinbar machten: behielt er es doch bey sich/ und ließ es schlaffen/ bis zu gelegener Zeit der Rache; und verband den Anbringern/ durch ernstlichen Befehl/ unterdessen das Maul. Nachdem er hiernechst wiederum ins Haupt-Lager angelangt/ muste man Lauff-Gräben/ und Geschütz-Stellungen (Batterien) verfertigen; um die Stadt/ aufs schärffste/ zu begrüssen: die ihm gleichwol/ mit Kraut und Lot/ zu danken/ nicht vergaß. Besatzung / und Bürger/ wehrten sich tapfer: Daher die Belägerung sich/ bis in den vierten Monat / verweilte. Laut der Bonfinianischen Beschreibung/ hat unterdessen anjetzo erst der König eine Vorstadt/ bey Nacht/ eingenommen und in Brand gesteckt: Daraus zu schliessen/ daß die Einäscherung der Wienerischen Lust-Höfe/ deren oben Erwehnung geschahe/ gleich zum Anfange der Belagerung/ vorgegangen. Als jetzt-berührte Vorstadt in die Asche gegangen / sollen daselbst viel Einwohner/ durch Schwert und Feuer/ umgekommen seyn. Deß erschracken die in der Stadt gar sehr/ und solche auffahrende Flamme schmeltzte ihnen das Herz/ wie Wachs. 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Daselbst kam er in eine nicht geringe Lebens-Gefahr: Dann als er/ in einem Hüttlein vor der Stadt/ mit den fürnehmsten Hauptleuten/ und etlichen vertrauten Freunden/ eben zu Tische überm Essen saß/ (wiewol andre melden/ er habe damals Kriegs-Rath gehalten) kam ihm aus der Stadt/ ein unversehener Gast/ der ihnen das Essen schier allzu scharff gewürzt/ und übel gesegnet hätte/ nemlich eine Stück-Kugel / geflogen/ fuhr durch die Leimen-Wand/ welche darüber zu Bodem fiel: und fehlte wenig / daß er nicht selbst wäre das Ziel dieses Schusses worden; so gar fürsetzlich und genau war sie/ auf seine Person/ durch Verrätherey/ gerichtet. Alle Anwesende fielen darob in grossen Schrecken und Bestürzung: Er allein ließ das geringste Zeichen einiger Furcht oder Erschreckung nicht blicken; sondern blieb aufrecht und Mauren-fest stehen. Als aber die andren wiederum zu sich selbsten kamen/ und der Sachen nachdachten; urtheilten sie/ der Schuß müste/ durch einen treulosen Vogel/ angegeben seyn.</p> <p>Bald hernach wird das Städtlein erobert/ die Besatzung gefänglich angenommen/ und der Edel-Frauen/ vom Könige/ verziehen; sein Secretar aber und Böhmischer Commissar / Hiereslaus/ ihm verdächtig gemacht/ als hätte er/ durch geheime Verständnis/ besagten Schuß angestifftet/ daß er damit hätte sollen zur Ruhe gelegt werden. Ob nun gleich seine Leute ihm täglich damit in den Ohren lagen/ und den Argwohn scheinbar machten: behielt er es doch bey sich/ und ließ es schlaffen/ bis zu gelegener Zeit der Rache; und verband den Anbringern/ durch ernstlichen Befehl/ unterdessen das Maul.</p> <p>Nachdem er hiernechst wiederum ins Haupt-Lager angelangt/ muste man Lauff-Gräben/ und Geschütz-Stellungen (Batterien) verfertigen; um die Stadt/ aufs schärffste/ zu begrüssen: die ihm gleichwol/ mit Kraut und Lot/ zu danken/ nicht vergaß. Besatzung / und Bürger/ wehrten sich tapfer: Daher die Belägerung sich/ bis in den vierten Monat / verweilte. Laut der Bonfinianischen Beschreibung/ hat unterdessen anjetzo erst der König eine Vorstadt/ bey Nacht/ eingenommen und in Brand gesteckt: Daraus zu schliessen/ daß die Einäscherung der Wienerischen Lust-Höfe/ deren oben Erwehnung geschahe/ gleich zum Anfange der Belagerung/ vorgegangen. Als jetzt-berührte Vorstadt in die Asche gegangen / sollen daselbst viel Einwohner/ durch Schwert und Feuer/ umgekommen seyn.</p> <p>Deß erschracken die in der Stadt gar sehr/ und solche auffahrende Flamme schmeltzte ihnen das Herz/ wie Wachs. Sie sahen/ daß ein so ansehnliches Glied </p> </div> </body> </text> </TEI> [66/0074]
Damit er aber unterdessen/ wider seine Gewonheit/ im Lager/ nicht lange feyren dörffte / (wiewol es an täglichen Scharmützeln/ mit dem ausfallenden Käiserlichen Soldaten von der Besatzung/ nicht fehlete/ er auch bisweilen/ nur mit einer geringen Begleitung/ um die Stadt-Mauren/ ritte/ und etliche Bürger anredete/ nicht ohne Verwundrung der Soldaten über seine Sicherheit) nahm er sein Leib-Regiment zu sich/ und zoch damit vor Ebersdorff/ welchen Ort damals eine fürnehme Edelfrau in Besitz hatte/ und auf ihren Kosten/ befestigen lassen. Daselbst kam er in eine nicht geringe Lebens-Gefahr: Dann als er/ in einem Hüttlein vor der Stadt/ mit den fürnehmsten Hauptleuten/ und etlichen vertrauten Freunden/ eben zu Tische überm Essen saß/ (wiewol andre melden/ er habe damals Kriegs-Rath gehalten) kam ihm aus der Stadt/ ein unversehener Gast/ der ihnen das Essen schier allzu scharff gewürzt/ und übel gesegnet hätte/ nemlich eine Stück-Kugel / geflogen/ fuhr durch die Leimen-Wand/ welche darüber zu Bodem fiel: und fehlte wenig / daß er nicht selbst wäre das Ziel dieses Schusses worden; so gar fürsetzlich und genau war sie/ auf seine Person/ durch Verrätherey/ gerichtet. Alle Anwesende fielen darob in grossen Schrecken und Bestürzung: Er allein ließ das geringste Zeichen einiger Furcht oder Erschreckung nicht blicken; sondern blieb aufrecht und Mauren-fest stehen. Als aber die andren wiederum zu sich selbsten kamen/ und der Sachen nachdachten; urtheilten sie/ der Schuß müste/ durch einen treulosen Vogel/ angegeben seyn.
Bald hernach wird das Städtlein erobert/ die Besatzung gefänglich angenommen/ und der Edel-Frauen/ vom Könige/ verziehen; sein Secretar aber und Böhmischer Commissar / Hiereslaus/ ihm verdächtig gemacht/ als hätte er/ durch geheime Verständnis/ besagten Schuß angestifftet/ daß er damit hätte sollen zur Ruhe gelegt werden. Ob nun gleich seine Leute ihm täglich damit in den Ohren lagen/ und den Argwohn scheinbar machten: behielt er es doch bey sich/ und ließ es schlaffen/ bis zu gelegener Zeit der Rache; und verband den Anbringern/ durch ernstlichen Befehl/ unterdessen das Maul.
Nachdem er hiernechst wiederum ins Haupt-Lager angelangt/ muste man Lauff-Gräben/ und Geschütz-Stellungen (Batterien) verfertigen; um die Stadt/ aufs schärffste/ zu begrüssen: die ihm gleichwol/ mit Kraut und Lot/ zu danken/ nicht vergaß. Besatzung / und Bürger/ wehrten sich tapfer: Daher die Belägerung sich/ bis in den vierten Monat / verweilte. Laut der Bonfinianischen Beschreibung/ hat unterdessen anjetzo erst der König eine Vorstadt/ bey Nacht/ eingenommen und in Brand gesteckt: Daraus zu schliessen/ daß die Einäscherung der Wienerischen Lust-Höfe/ deren oben Erwehnung geschahe/ gleich zum Anfange der Belagerung/ vorgegangen. Als jetzt-berührte Vorstadt in die Asche gegangen / sollen daselbst viel Einwohner/ durch Schwert und Feuer/ umgekommen seyn.
Deß erschracken die in der Stadt gar sehr/ und solche auffahrende Flamme schmeltzte ihnen das Herz/ wie Wachs. Sie sahen/ daß ein so ansehnliches Glied
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/74>, abgerufen am 16.02.2025. |