Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.aber nichts/ ohn Vorher-Ersuchung Göttlichen Beystandes/ anfinge: that er zuvörderst dem heiligen Stephano und Leopoldo/ und andren Heiligen/ so die Stadt Wien für ihre Patronen hielt (Deos patrios titulirt sie Bonfin) ein Gelübde/ daß woferrn etwan/ über alles Verhoffen/ die Stadt sich allzu halsstarrig erweisen/ und drüber zu Grunde gehen mögte/ er ihnen noch herrlichere Tempel und Andachlen aufrichten; im Fall sie sich aber ergeben würde/ so wol den Heiligen/ als Menschen/ ihre Gestiffte/ Einkommen/ und Privilegien/ vermehren wolte: Gleich als ob GOtt ihm die Freyheit unnöthiger Blut-Stürzungen/ mit dergleichen Gelübden/ liesse abkauffen. Bald hernach ging er/ mit fünff tausend Pferden/ aus dem Haupt-Lager/ auf Kloster-Neuburg/ fiel dasselbe an/ bey Mitternacht/ und überstiege es. Diese Einnahme gereichte ihm zum grossen Vortheil/ und der Stadt Wien zu mächtigem Nachtheil. Dann weil die Vorstadt zu Kloster-Neuburg/ langst dem Berg hinab/ an die Donau reicht/ und diesen Strom daselbst unfrey machen kan: ward hierdurch den Wienern die Wasser-Zufuhr abgeschnitten. Zu dem Ende ließ er daselbst eine Besatzung/ und kehrte mit besagter Reuterey/ in der Stille/ wieder ins Lager vor Wien; passirte daselbst den Strom / und nahm der Stadt auch die Brucken hinweg: damit ihr/ aus Ober-Oesterreich/ nichts mögte zukommen von Lebens-Mitteln. Gestaltsam er deßwegen/ an beyden Seiten der Brucken / ein hölzernes Kastell aufrichtete/ und mit einer Anzahl Soldaten/ Stücken/ wie auch allerhand Munition/ besetzte. Solche Brucke ward den beyden Tetauris, so zween Brüder / von Böhmischen Eltern bürtig/ und in Kriegs-Sachen sehr erfahrn waren/ anvertraut: damit sie/ als Brüder/ einander desto treulicher secundiren/ und den feindlichen Anfall abtreiben mögten. Diese beyde verboten und hinderten alle Zufuhr; gaben auch/ deß Nachts / scharffe Achtung/ auf die Donau/ und verhüteten/ mittelst ausgestellter starker Wachten/ daß man allerdings auch/ in kleinen Schälchen oder Nachen/ nichts hinein brächte. Und strafften etliche ihrer Leute gar hart/ die sich/ durch Gewinnsucht / hatten treiben lassen/ etwas hinein zu schaffen. Als die Bürger sahen/ wie ihnen so gar alle Zugänge verstopfft/ und die Lebens-Mittel abgestrickt wären: erschracken sie darüber gar sehr; besorgten sich grosser Hungers-Noth / und daß sie/ samt Weib und Kindern/ jämmerlich würden verschmachten müssen: schickten derhalben in Geheim etliche Boten/ an den Käiser/ und baten um Entsatz/ mit Vorstellung der grossen Gefahr/ und daß sie die Stadt/ im Fall keine fordersamste Hülffe käme / nicht erhalten/ noch die ungedultige Burgerschafft/ von der Aufgabe/ abhalten könnten: weil selbiger der scharffschneidende Hunger gar bald allen Mut erlegen würde. Der Käiser hatte seine Völker/ durch die Land-Städte/ hin und wieder zertheilt; um die Ungarische Macht/ durch einen langen Krieg/ zu entkräfften und brechen: kunte derhalben keine Armade/ zum Succurs/ schicken/ die dem Kö- aber nichts/ ohn Vorher-Ersuchung Göttlichen Beystandes/ anfinge: that er zuvörderst dem heiligen Stephano und Leopoldo/ und andren Heiligen/ so die Stadt Wien für ihre Patronen hielt (Deos patrios titulirt sie Bonfin) ein Gelübde/ daß woferrn etwan/ über alles Verhoffen/ die Stadt sich allzu halsstarrig erweisen/ und drüber zu Grunde gehen mögte/ er ihnen noch herrlichere Tempel und Andachlen aufrichten; im Fall sie sich aber ergeben würde/ so wol den Heiligen/ als Menschen/ ihre Gestiffte/ Einkommen/ und Privilegien/ vermehren wolte: Gleich als ob GOtt ihm die Freyheit unnöthiger Blut-Stürzungen/ mit dergleichen Gelübden/ liesse abkauffen. Bald hernach ging er/ mit fünff tausend Pferden/ aus dem Haupt-Lager/ auf Kloster-Neuburg/ fiel dasselbe an/ bey Mitternacht/ und überstiege es. Diese Einnahme gereichte ihm zum grossen Vortheil/ und der Stadt Wien zu mächtigem Nachtheil. Dann weil die Vorstadt zu Kloster-Neuburg/ langst dem Berg hinab/ an die Donau reicht/ und diesen Strom daselbst unfrey machen kan: ward hierdurch den Wienern die Wasser-Zufuhr abgeschnitten. Zu dem Ende ließ er daselbst eine Besatzung/ und kehrte mit besagter Reuterey/ in der Stille/ wieder ins Lager vor Wien; passirte daselbst den Strom / und nahm der Stadt auch die Brucken hinweg: damit ihr/ aus Ober-Oesterreich/ nichts mögte zukommen von Lebens-Mitteln. Gestaltsam er deßwegen/ an beyden Seiten der Brucken / ein hölzernes Kastell aufrichtete/ und mit einer Anzahl Soldaten/ Stücken/ wie auch allerhand Munition/ besetzte. Solche Brucke ward den beyden Tetauris, so zween Brüder / von Böhmischen Eltern bürtig/ und in Kriegs-Sachen sehr erfahrn waren/ anvertraut: damit sie/ als Brüder/ einander desto treulicher secundiren/ und den feindlichen Anfall abtreiben mögten. Diese beyde verboten und hinderten alle Zufuhr; gaben auch/ deß Nachts / scharffe Achtung/ auf die Donau/ und verhüteten/ mittelst ausgestellter starker Wachten/ daß man allerdings auch/ in kleinen Schälchen oder Nachen/ nichts hinein brächte. Und strafften etliche ihrer Leute gar hart/ die sich/ durch Gewinnsucht / hatten treiben lassen/ etwas hinein zu schaffen. Als die Bürger sahen/ wie ihnen so gar alle Zugänge verstopfft/ und die Lebens-Mittel abgestrickt wären: erschracken sie darüber gar sehr; besorgten sich grosser Hungers-Noth / und daß sie/ samt Weib und Kindern/ jämmerlich würden verschmachten müssen: schickten derhalben in Geheim etliche Boten/ an den Käiser/ und baten um Entsatz/ mit Vorstellung der grossen Gefahr/ und daß sie die Stadt/ im Fall keine fordersamste Hülffe käme / nicht erhalten/ noch die ungedultige Burgerschafft/ von der Aufgabe/ abhalten könnten: weil selbiger der scharffschneidende Hunger gar bald allen Mut erlegen würde. Der Käiser hatte seine Völker/ durch die Land-Städte/ hin und wieder zertheilt; um die Ungarische Macht/ durch einen langen Krieg/ zu entkräfften und brechen: kunte derhalben keine Armade/ zum Succurs/ schicken/ die dem Kö- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0066" n="58"/> aber nichts/ ohn Vorher-Ersuchung Göttlichen Beystandes/ anfinge: that er zuvörderst dem heiligen Stephano und Leopoldo/ und andren Heiligen/ so die Stadt Wien für ihre Patronen hielt (Deos patrios titulirt sie Bonfin) ein Gelübde/ daß woferrn etwan/ über alles Verhoffen/ die Stadt sich allzu halsstarrig erweisen/ und drüber zu Grunde gehen mögte/ er ihnen noch herrlichere Tempel und Andachlen aufrichten; im Fall sie sich aber ergeben würde/ so wol den Heiligen/ als Menschen/ ihre Gestiffte/ Einkommen/ und Privilegien/ vermehren wolte: Gleich als ob GOtt ihm die Freyheit unnöthiger Blut-Stürzungen/ mit dergleichen Gelübden/ liesse abkauffen.</p> <p>Bald hernach ging er/ mit fünff tausend Pferden/ aus dem Haupt-Lager/ auf Kloster-Neuburg/ fiel dasselbe an/ bey Mitternacht/ und überstiege es.</p> <p>Diese Einnahme gereichte ihm zum grossen Vortheil/ und der Stadt Wien zu mächtigem Nachtheil. Dann weil die Vorstadt zu Kloster-Neuburg/ langst dem Berg hinab/ an die Donau reicht/ und diesen Strom daselbst unfrey machen kan: ward hierdurch den Wienern die Wasser-Zufuhr abgeschnitten. Zu dem Ende ließ er daselbst eine Besatzung/ und kehrte mit besagter Reuterey/ in der Stille/ wieder ins Lager vor Wien; passirte daselbst den Strom / und nahm der Stadt auch die Brucken hinweg: damit ihr/ aus Ober-Oesterreich/ nichts mögte zukommen von Lebens-Mitteln. Gestaltsam er deßwegen/ an beyden Seiten der Brucken / ein hölzernes Kastell aufrichtete/ und mit einer Anzahl Soldaten/ Stücken/ wie auch allerhand Munition/ besetzte. Solche Brucke ward den beyden Tetauris, so zween Brüder / von Böhmischen Eltern bürtig/ und in Kriegs-Sachen sehr erfahrn waren/ anvertraut: damit sie/ als Brüder/ einander desto treulicher secundiren/ und den feindlichen Anfall abtreiben mögten. Diese beyde verboten und hinderten alle Zufuhr; gaben auch/ deß Nachts / scharffe Achtung/ auf die Donau/ und verhüteten/ mittelst ausgestellter starker Wachten/ daß man allerdings auch/ in kleinen Schälchen oder Nachen/ nichts hinein brächte. Und strafften etliche ihrer Leute gar hart/ die sich/ durch Gewinnsucht / hatten treiben lassen/ etwas hinein zu schaffen.</p> <p>Als die Bürger sahen/ wie ihnen so gar alle Zugänge verstopfft/ und die Lebens-Mittel abgestrickt wären: erschracken sie darüber gar sehr; besorgten sich grosser Hungers-Noth / und daß sie/ samt Weib und Kindern/ jämmerlich würden verschmachten müssen: schickten derhalben in Geheim etliche Boten/ an den Käiser/ und baten um Entsatz/ mit Vorstellung der grossen Gefahr/ und daß sie die Stadt/ im Fall keine fordersamste Hülffe käme / nicht erhalten/ noch die ungedultige Burgerschafft/ von der Aufgabe/ abhalten könnten: weil selbiger der scharffschneidende Hunger gar bald allen Mut erlegen würde.</p> <p>Der Käiser hatte seine Völker/ durch die Land-Städte/ hin und wieder zertheilt; um die Ungarische Macht/ durch einen langen Krieg/ zu entkräfften und brechen: kunte derhalben keine Armade/ zum Succurs/ schicken/ die dem Kö- </p> </div> </body> </text> </TEI> [58/0066]
aber nichts/ ohn Vorher-Ersuchung Göttlichen Beystandes/ anfinge: that er zuvörderst dem heiligen Stephano und Leopoldo/ und andren Heiligen/ so die Stadt Wien für ihre Patronen hielt (Deos patrios titulirt sie Bonfin) ein Gelübde/ daß woferrn etwan/ über alles Verhoffen/ die Stadt sich allzu halsstarrig erweisen/ und drüber zu Grunde gehen mögte/ er ihnen noch herrlichere Tempel und Andachlen aufrichten; im Fall sie sich aber ergeben würde/ so wol den Heiligen/ als Menschen/ ihre Gestiffte/ Einkommen/ und Privilegien/ vermehren wolte: Gleich als ob GOtt ihm die Freyheit unnöthiger Blut-Stürzungen/ mit dergleichen Gelübden/ liesse abkauffen.
Bald hernach ging er/ mit fünff tausend Pferden/ aus dem Haupt-Lager/ auf Kloster-Neuburg/ fiel dasselbe an/ bey Mitternacht/ und überstiege es.
Diese Einnahme gereichte ihm zum grossen Vortheil/ und der Stadt Wien zu mächtigem Nachtheil. Dann weil die Vorstadt zu Kloster-Neuburg/ langst dem Berg hinab/ an die Donau reicht/ und diesen Strom daselbst unfrey machen kan: ward hierdurch den Wienern die Wasser-Zufuhr abgeschnitten. Zu dem Ende ließ er daselbst eine Besatzung/ und kehrte mit besagter Reuterey/ in der Stille/ wieder ins Lager vor Wien; passirte daselbst den Strom / und nahm der Stadt auch die Brucken hinweg: damit ihr/ aus Ober-Oesterreich/ nichts mögte zukommen von Lebens-Mitteln. Gestaltsam er deßwegen/ an beyden Seiten der Brucken / ein hölzernes Kastell aufrichtete/ und mit einer Anzahl Soldaten/ Stücken/ wie auch allerhand Munition/ besetzte. Solche Brucke ward den beyden Tetauris, so zween Brüder / von Böhmischen Eltern bürtig/ und in Kriegs-Sachen sehr erfahrn waren/ anvertraut: damit sie/ als Brüder/ einander desto treulicher secundiren/ und den feindlichen Anfall abtreiben mögten. Diese beyde verboten und hinderten alle Zufuhr; gaben auch/ deß Nachts / scharffe Achtung/ auf die Donau/ und verhüteten/ mittelst ausgestellter starker Wachten/ daß man allerdings auch/ in kleinen Schälchen oder Nachen/ nichts hinein brächte. Und strafften etliche ihrer Leute gar hart/ die sich/ durch Gewinnsucht / hatten treiben lassen/ etwas hinein zu schaffen.
Als die Bürger sahen/ wie ihnen so gar alle Zugänge verstopfft/ und die Lebens-Mittel abgestrickt wären: erschracken sie darüber gar sehr; besorgten sich grosser Hungers-Noth / und daß sie/ samt Weib und Kindern/ jämmerlich würden verschmachten müssen: schickten derhalben in Geheim etliche Boten/ an den Käiser/ und baten um Entsatz/ mit Vorstellung der grossen Gefahr/ und daß sie die Stadt/ im Fall keine fordersamste Hülffe käme / nicht erhalten/ noch die ungedultige Burgerschafft/ von der Aufgabe/ abhalten könnten: weil selbiger der scharffschneidende Hunger gar bald allen Mut erlegen würde.
Der Käiser hatte seine Völker/ durch die Land-Städte/ hin und wieder zertheilt; um die Ungarische Macht/ durch einen langen Krieg/ zu entkräfften und brechen: kunte derhalben keine Armade/ zum Succurs/ schicken/ die dem Kö-
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