Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.auch von sich wirfft: nachdem sie einmal den unterthänigen Respect abgelegt/ schämten sie sich nun hinfort keiner Schande mehr. Darunter diese nicht die geringste war/ daß sich diese Wiener entblödeten/ dem Käiser einen Absag-Brieff zu senden/ darinn sie ihm alle Pflicht und Gehorsam/ bis zur Vereinigung der Stände/ und Bestetigung deß Land-Friedens/ aufkündeten. Er laß denselben/ nicht ohne Bestürzung: und weil er leicht errathen kunte/ es würde dabey nicht lange beruhen/ sondern ehestens eine Feindseligkeit wider ihn ergehen; befahl er seinen Räthen/ man solte/ so geschwinde/ als möglich/ die Burg/ mit Kriegsrüstung und Lebens-Nothdurfft/ versehen. Dazu man auch keine Zeit übrig hatte. Dann/ gleich nachgehenden Tags/ schickten die Scham-entblöste Freveler/ einen Boten/ an die verschlossene Burg-Pforte; erklärten sich/ durch denselben/ für deß Käisers offenbare Feinde/ und kündigten ihm den Krieg an: in Hoffnung/ sie wolten weil er sich dessen nicht hätte verfehen/ gar bald mit ihme fertig werden/ und das Schloß/ gleich mit dem ersten Anlauff/ erobern: wie dann gemeinlich vermessene Anschläge sich alles unschwer vorsetzen. Sie wusten noch nicht/ daß man allbereit Anstalt/ zur Gegenwehr/ gemacht: verlohren aber gar bald den Appetit/ zum verwegenen Anlauff/ als das Geschütz/ von der Burg/ heraus spielete/ und deß Keisers Stückmeister/ der Zinkendorffer/ welcher in seiner Kunst fertig war/ aus Mörsern grosse Steine unter sie streueke. Derhalben enthielten sie sich/ in den nechsten Häusern/ durfften dem Schloß nicht zu nahe kommen: wälzeten auch/ wann sie/ von gedachten Häusern/ heraus gingen/ grosse Fässer vor sich her. Aber/ am dritten Tage/ nach angefanger Belägerung/ verfertigten sie drey Batterien / von Erde; beflanzten jedwede mit einem Stuck/ und stellten das vierte in Veit Ebersdorffers Haus; fingen hierauf an/ auf die Stampff-Mühle zu canoniren; in Meinung / mit Fällung derselben/ den Schloß-Brunnen zu verschütten. Welchen aber Christoph Quos / der allda seinen Posten hatte/ mit Pfälen und Dielen darwider verwahren ließ. Ja/ es hatten diese schändliche Rebellen so gar aller Schaam und Gewissenhafftigkeit den Kopff abgerissen/ daß sie heimlich alles ihr Geschütz/ auf die jenige Seite der Burg / richteten/ wo die Käiserin/ mit dem jungen Prinzlein/ und Frauenzimmer/ sich aufhielt; da sonst andere Feinde solcher Personen noch wol zu verschonen pflegen. Darum wurden dieselbe bemüssiget/ in unterirdische Gewelber zu entweichen. Gleichwie aber die Wiener anjetzo raseten; also stellten sie auch ihre Sache toll und thöricht genug an. Sie umsetzten zwar das Schloß überal endlich mit Stücken/ und wolten zum Sturm/ eine Oeffnung schiessen: es ging aber gar närrisch und liederlich dabey zu / Dann wann ein Stuck solte abgehen; machten sie allemal vorher ein grosses Geschrey und Gethön/ mit Trompeten/ Trummeln und Pfeiffen. So hörte man sie auch sonst immerzu singen / musiciren/ und jauchzen: Dabey frassen und soffen sie Tag und Nacht. Gegentheils / lagen die Käiserliche stets in der Lausche/ merkten auf alle Beweg- oder Regungen der Feinde/ verrich- auch von sich wirfft: nachdem sie einmal den unterthänigen Respect abgelegt/ schämten sie sich nun hinfort keiner Schande mehr. Darunter diese nicht die geringste war/ daß sich diese Wiener entblödeten/ dem Käiser einen Absag-Brieff zu senden/ darinn sie ihm alle Pflicht und Gehorsam/ bis zur Vereinigung der Stände/ und Bestetigung deß Land-Friedens/ aufkündeten. Er laß denselben/ nicht ohne Bestürzung: und weil er leicht errathen kunte/ es würde dabey nicht lange beruhen/ sondern ehestens eine Feindseligkeit wider ihn ergehen; befahl er seinen Räthen/ man solte/ so geschwinde/ als möglich/ die Burg/ mit Kriegsrüstung und Lebens-Nothdurfft/ versehen. Dazu man auch keine Zeit übrig hatte. Dann/ gleich nachgehenden Tags/ schickten die Scham-entblöste Freveler/ einen Boten/ an die verschlossene Burg-Pforte; erklärten sich/ durch denselben/ für deß Käisers offenbare Feinde/ und kündigten ihm den Krieg an: in Hoffnung/ sie wolten weil er sich dessen nicht hätte verfehen/ gar bald mit ihme fertig werden/ und das Schloß/ gleich mit dem ersten Anlauff/ erobern: wie dann gemeinlich vermessene Anschläge sich alles unschwer vorsetzen. Sie wusten noch nicht/ daß man allbereit Anstalt/ zur Gegenwehr/ gemacht: verlohren aber gar bald den Appetit/ zum verwegenen Anlauff/ als das Geschütz/ von der Burg/ heraus spielete/ und deß Keisers Stückmeister/ der Zinkendorffer/ welcher in seiner Kunst fertig war/ aus Mörsern grosse Steine unter sie streueke. Derhalben enthielten sie sich/ in den nechsten Häusern/ durfften dem Schloß nicht zu nahe kommen: wälzeten auch/ wann sie/ von gedachten Häusern/ heraus gingen/ grosse Fässer vor sich her. Aber/ am dritten Tage/ nach angefanger Belägerung/ verfertigten sie drey Batterien / von Erde; beflanzten jedwede mit einem Stuck/ und stellten das vierte in Veit Ebersdorffers Haus; fingen hierauf an/ auf die Stampff-Mühle zu canoniren; in Meinung / mit Fällung derselben/ den Schloß-Brunnen zu verschütten. Welchen aber Christoph Quos / der allda seinen Posten hatte/ mit Pfälen und Dielen darwider verwahren ließ. Ja/ es hatten diese schändliche Rebellen so gar aller Schaam und Gewissenhafftigkeit den Kopff abgerissen/ daß sie heimlich alles ihr Geschütz/ auf die jenige Seite der Burg / richteten/ wo die Käiserin/ mit dem jungen Prinzlein/ und Frauenzimmer/ sich aufhielt; da sonst andere Feinde solcher Personen noch wol zu verschonen pflegen. Darum wurden dieselbe bemüssiget/ in unterirdische Gewelber zu entweichen. Gleichwie aber die Wiener anjetzo raseten; also stellten sie auch ihre Sache toll und thöricht genug an. Sie umsetzten zwar das Schloß überal endlich mit Stücken/ und wolten zum Sturm/ eine Oeffnung schiessen: es ging aber gar närrisch und liederlich dabey zu / Dann wann ein Stuck solte abgehen; machten sie allemal vorher ein grosses Geschrey und Gethön/ mit Trompeten/ Trummeln und Pfeiffen. So hörte man sie auch sonst immerzu singen / musiciren/ und jauchzen: Dabey frassen und soffen sie Tag und Nacht. Gegentheils / lagen die Käiserliche stets in der Lausche/ merkten auf alle Beweg- oder Regungen der Feinde/ verrich- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0044" n="36"/> auch von sich wirfft: nachdem sie einmal den unterthänigen Respect abgelegt/ schämten sie sich nun hinfort keiner Schande mehr. Darunter diese nicht die geringste war/ daß sich diese Wiener entblödeten/ dem Käiser einen Absag-Brieff zu senden/ darinn sie ihm alle Pflicht und Gehorsam/ bis zur Vereinigung der Stände/ und Bestetigung deß Land-Friedens/ aufkündeten.</p> <p>Er laß denselben/ nicht ohne Bestürzung: und weil er leicht errathen kunte/ es würde dabey nicht lange beruhen/ sondern ehestens eine Feindseligkeit wider ihn ergehen; befahl er seinen Räthen/ man solte/ so geschwinde/ als möglich/ die Burg/ mit Kriegsrüstung und Lebens-Nothdurfft/ versehen. Dazu man auch keine Zeit übrig hatte. Dann/ gleich nachgehenden Tags/ schickten die Scham-entblöste Freveler/ einen Boten/ an die verschlossene Burg-Pforte; erklärten sich/ durch denselben/ für deß Käisers offenbare Feinde/ und kündigten ihm den Krieg an: in Hoffnung/ sie wolten weil er sich dessen nicht hätte verfehen/ gar bald mit ihme fertig werden/ und das Schloß/ gleich mit dem ersten Anlauff/ erobern: wie dann gemeinlich vermessene Anschläge sich alles unschwer vorsetzen. Sie wusten noch nicht/ daß man allbereit Anstalt/ zur Gegenwehr/ gemacht: verlohren aber gar bald den Appetit/ zum verwegenen Anlauff/ als das Geschütz/ von der Burg/ heraus spielete/ und deß Keisers Stückmeister/ der Zinkendorffer/ welcher in seiner Kunst fertig war/ aus Mörsern grosse Steine unter sie streueke. Derhalben enthielten sie sich/ in den nechsten Häusern/ durfften dem Schloß nicht zu nahe kommen: wälzeten auch/ wann sie/ von gedachten Häusern/ heraus gingen/ grosse Fässer vor sich her. Aber/ am dritten Tage/ nach angefanger Belägerung/ verfertigten sie drey Batterien / von Erde; beflanzten jedwede mit einem Stuck/ und stellten das vierte in Veit Ebersdorffers Haus; fingen hierauf an/ auf die Stampff-Mühle zu canoniren; in Meinung / mit Fällung derselben/ den Schloß-Brunnen zu verschütten. Welchen aber Christoph Quos / der allda seinen Posten hatte/ mit Pfälen und Dielen darwider verwahren ließ. Ja/ es hatten diese schändliche Rebellen so gar aller Schaam und Gewissenhafftigkeit den Kopff abgerissen/ daß sie heimlich alles ihr Geschütz/ auf die jenige Seite der Burg / richteten/ wo die Käiserin/ mit dem jungen Prinzlein/ und Frauenzimmer/ sich aufhielt; da sonst andere Feinde solcher Personen noch wol zu verschonen pflegen. Darum wurden dieselbe bemüssiget/ in unterirdische Gewelber zu entweichen.</p> <p>Gleichwie aber die Wiener anjetzo raseten; also stellten sie auch ihre Sache toll und thöricht genug an. Sie umsetzten zwar das Schloß überal endlich mit Stücken/ und wolten zum Sturm/ eine Oeffnung schiessen: es ging aber gar närrisch und liederlich dabey zu / Dann wann ein Stuck solte abgehen; machten sie allemal vorher ein grosses Geschrey und Gethön/ mit Trompeten/ Trummeln und Pfeiffen. So hörte man sie auch sonst immerzu singen / musiciren/ und jauchzen: Dabey frassen und soffen sie Tag und Nacht. Gegentheils / lagen die Käiserliche stets in der Lausche/ merkten auf alle Beweg- oder Regungen der Feinde/ verrich- </p> </div> </body> </text> </TEI> [36/0044]
auch von sich wirfft: nachdem sie einmal den unterthänigen Respect abgelegt/ schämten sie sich nun hinfort keiner Schande mehr. Darunter diese nicht die geringste war/ daß sich diese Wiener entblödeten/ dem Käiser einen Absag-Brieff zu senden/ darinn sie ihm alle Pflicht und Gehorsam/ bis zur Vereinigung der Stände/ und Bestetigung deß Land-Friedens/ aufkündeten.
Er laß denselben/ nicht ohne Bestürzung: und weil er leicht errathen kunte/ es würde dabey nicht lange beruhen/ sondern ehestens eine Feindseligkeit wider ihn ergehen; befahl er seinen Räthen/ man solte/ so geschwinde/ als möglich/ die Burg/ mit Kriegsrüstung und Lebens-Nothdurfft/ versehen. Dazu man auch keine Zeit übrig hatte. Dann/ gleich nachgehenden Tags/ schickten die Scham-entblöste Freveler/ einen Boten/ an die verschlossene Burg-Pforte; erklärten sich/ durch denselben/ für deß Käisers offenbare Feinde/ und kündigten ihm den Krieg an: in Hoffnung/ sie wolten weil er sich dessen nicht hätte verfehen/ gar bald mit ihme fertig werden/ und das Schloß/ gleich mit dem ersten Anlauff/ erobern: wie dann gemeinlich vermessene Anschläge sich alles unschwer vorsetzen. Sie wusten noch nicht/ daß man allbereit Anstalt/ zur Gegenwehr/ gemacht: verlohren aber gar bald den Appetit/ zum verwegenen Anlauff/ als das Geschütz/ von der Burg/ heraus spielete/ und deß Keisers Stückmeister/ der Zinkendorffer/ welcher in seiner Kunst fertig war/ aus Mörsern grosse Steine unter sie streueke. Derhalben enthielten sie sich/ in den nechsten Häusern/ durfften dem Schloß nicht zu nahe kommen: wälzeten auch/ wann sie/ von gedachten Häusern/ heraus gingen/ grosse Fässer vor sich her. Aber/ am dritten Tage/ nach angefanger Belägerung/ verfertigten sie drey Batterien / von Erde; beflanzten jedwede mit einem Stuck/ und stellten das vierte in Veit Ebersdorffers Haus; fingen hierauf an/ auf die Stampff-Mühle zu canoniren; in Meinung / mit Fällung derselben/ den Schloß-Brunnen zu verschütten. Welchen aber Christoph Quos / der allda seinen Posten hatte/ mit Pfälen und Dielen darwider verwahren ließ. Ja/ es hatten diese schändliche Rebellen so gar aller Schaam und Gewissenhafftigkeit den Kopff abgerissen/ daß sie heimlich alles ihr Geschütz/ auf die jenige Seite der Burg / richteten/ wo die Käiserin/ mit dem jungen Prinzlein/ und Frauenzimmer/ sich aufhielt; da sonst andere Feinde solcher Personen noch wol zu verschonen pflegen. Darum wurden dieselbe bemüssiget/ in unterirdische Gewelber zu entweichen.
Gleichwie aber die Wiener anjetzo raseten; also stellten sie auch ihre Sache toll und thöricht genug an. Sie umsetzten zwar das Schloß überal endlich mit Stücken/ und wolten zum Sturm/ eine Oeffnung schiessen: es ging aber gar närrisch und liederlich dabey zu / Dann wann ein Stuck solte abgehen; machten sie allemal vorher ein grosses Geschrey und Gethön/ mit Trompeten/ Trummeln und Pfeiffen. So hörte man sie auch sonst immerzu singen / musiciren/ und jauchzen: Dabey frassen und soffen sie Tag und Nacht. Gegentheils / lagen die Käiserliche stets in der Lausche/ merkten auf alle Beweg- oder Regungen der Feinde/ verrich-
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/44>, abgerufen am 16.07.2024. |