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Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

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wieder versöhnt waren/ etliche Städte wieder weg. Hierüber verfiel das Land wieder in einen jämmerlichen Zustand/ dem Raub und Mord in die Klauen: Dann wie Herzog Albrechts Sache ungerecht war; also auch seine Kriegs-Zucht nichts nütz. Er stellte sich zwar bald hierauf / als hätte er Lust zur Friedens-Handlung; berieff auch deßwegen die Land-Stände nach Tulna: Es war aber Betrug/ und nur darauf abgezielt/ daß er die Gemüter derselben an sich handeln/ und dem Käiser abspannen mögte. Welches auch ohnedem/ obgleich der Land-Tag nicht vor sich gieng/ geschahe.

Bey denen/ zu Wien/ begunte gleichfals die alte Seuche der Widerspenstigkeit und Meuterey/ von neuem einzureissen. Sie stiessen erst heimlich hin und wieder die Köpffe zusammen: und strebten die Rädleins-Führer dahin/ wie sie dem Erz-Herzog einen starken Anhang machen/ ja die ganze Stadt/ vom Käiser ab- und auf seine Seite/ ziehen mögten. Unter solchen Aufwieglern war der fürnemsten einer/ Thomas Haselbach/ ein seicht-gelehrter Schrifft-Lehrer/ und Professor Theologiae am Gymnasio daselbst: welchen Cuspinian (der gleichfals ein Alumnus selbiges Gymnasii, wie er es nennet/ gewest) inverecundum Theologum, einen unverschämten Theologum titulirt/ hominem cerebrosum ac honoris cupidissimum, einen hitzigen Steiff-Kopff voll Ehrgeitzes; der/ ausser einer eitlen und falschen Achtbarkeit/ so er ihm/ bey den Leuten/ indem er den Rebellen geheuchelt/ erworben/ nichts gründlichs studirt gehabt: wiewol er sonst garrulus Sophista, ein spitzfindiger Plauderer gewest/ der in studio generali Viennensi, auf der Wienerischen Academie/ damals allbereit 22. Jahre/ über das erste Capitel Esaiä offentlich gelesen/ und es doch noch nicht absolvirt gehabt. Dieser üble und langweilige Professor/ welcher mit seinen Sitten/ viel ein andres lehrte/ weder seine Profession erfordert/ mischete sich stets/ in die Oesterreichische Mißverständnissen/ mit ein / und hatte vorher allbereit nicht nur wider den Käiser geschrieben; sondern auch deß Papsts Droh-Brieffe widerlegt; und die Wienerische Academie eben deßgleichen gethan: Welcher deßwegen AEneas Sylvius diesen schlechten Lobspruch gibt: Docta Viennensis schola indoctam sententiam protulit, die gelehrte Schule/ zu Wien/ hat ein ungelehrtes Urtheil gefället.

Diese Rottirung verstärkte sich auch täglich und geschwinde: sintemal der Arzney-Doctor / Odnoccar Kirchheim/ Wolffgang Holzer/ der Müntzmeister und Friederich Wostendorffer / nicht allein sich selbst/ in solche schädliche Bündniß begaben; sondern auch bald hernach / etliche aufrührische Handwerks-Leute/ die auch von Rauben und Stehlen ein Handwerk machten/ namentlich/ Jacob Geschnihel/ Hanns Haug/ Jacob Straßl/ Lorenz Schwanz / Jörg Krempel/ den Fleischhacker Menhard/ nebenst dreyen unbenannten Kürsnern/ mit grossen Versprechungen/ dazu bewegten/ daß sie/ aus Begierde deß Raubs/ im Rath-Hause / alle die jenigen/ so von dem Käiser nicht abfallen wolten/ mit ihrem Geschrey und starken Drauen/ überfallen solten; sonderlich den Burgermeister/ Chri-

wieder versöhnt waren/ etliche Städte wieder weg. Hierüber verfiel das Land wieder in einen jämmerlichen Zustand/ dem Raub und Mord in die Klauen: Dann wie Herzog Albrechts Sache ungerecht war; also auch seine Kriegs-Zucht nichts nütz. Er stellte sich zwar bald hierauf / als hätte er Lust zur Friedens-Handlung; berieff auch deßwegen die Land-Stände nach Tulna: Es war aber Betrug/ und nur darauf abgezielt/ daß er die Gemüter derselben an sich handeln/ und dem Käiser abspannen mögte. Welches auch ohnedem/ obgleich der Land-Tag nicht vor sich gieng/ geschahe.

Bey denen/ zu Wien/ begunte gleichfals die alte Seuche der Widerspenstigkeit und Meuterey/ von neuem einzureissen. Sie stiessen erst heimlich hin und wieder die Köpffe zusammen: und strebten die Rädleins-Führer dahin/ wie sie dem Erz-Herzog einen starken Anhang machen/ ja die ganze Stadt/ vom Käiser ab- und auf seine Seite/ ziehen mögten. Unter solchen Aufwieglern war der fürnemsten einer/ Thomas Haselbach/ ein seicht-gelehrter Schrifft-Lehrer/ und Professor Theologiae am Gymnasio daselbst: welchen Cuspinian (der gleichfals ein Alumnus selbiges Gymnasii, wie er es nennet/ gewest) inverecundum Theologum, einen unverschämten Theologum titulirt/ hominem cerebrosum ac honoris cupidissimum, einen hitzigen Steiff-Kopff voll Ehrgeitzes; der/ ausser einer eitlen und falschen Achtbarkeit/ so er ihm/ bey den Leuten/ indem er den Rebellen geheuchelt/ erworben/ nichts gründlichs studirt gehabt: wiewol er sonst garrulus Sophista, ein spitzfindiger Plauderer gewest/ der in studio generali Viennensi, auf der Wienerischen Academie/ damals allbereit 22. Jahre/ über das erste Capitel Esaiä offentlich gelesen/ und es doch noch nicht absolvirt gehabt. Dieser üble und langweilige Professor/ welcher mit seinen Sitten/ viel ein andres lehrte/ weder seine Profession erfordert/ mischete sich stets/ in die Oesterreichische Mißverständnissen/ mit ein / und hatte vorher allbereit nicht nur wider den Käiser geschrieben; sondern auch deß Papsts Droh-Brieffe widerlegt; und die Wienerische Academie eben deßgleichen gethan: Welcher deßwegen AEneas Sylvius diesen schlechten Lobspruch gibt: Docta Viennensis schola indoctam sententiam protulit, die gelehrte Schule/ zu Wien/ hat ein ungelehrtes Urtheil gefället.

Diese Rottirung verstärkte sich auch täglich und geschwinde: sintemal der Arzney-Doctor / Odnoccar Kirchheim/ Wolffgang Holzer/ der Müntzmeister und Friederich Wostendorffer / nicht allein sich selbst/ in solche schädliche Bündniß begaben; sondern auch bald hernach / etliche aufrührische Handwerks-Leute/ die auch von Rauben und Stehlen ein Handwerk machten/ namentlich/ Jacob Geschnihel/ Hanns Haug/ Jacob Straßl/ Lorenz Schwanz / Jörg Krempel/ den Fleischhacker Menhard/ nebenst dreyen unbenannten Kürsnern/ mit grossen Versprechungen/ dazu bewegten/ daß sie/ aus Begierde deß Raubs/ im Rath-Hause / alle die jenigen/ so von dem Käiser nicht abfallen wolten/ mit ihrem Geschrey und starken Drauen/ überfallen solten; sonderlich den Burgermeister/ Chri-

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wieder            versöhnt waren/ etliche Städte wieder weg. Hierüber verfiel das Land wieder in einen            jämmerlichen Zustand/ dem Raub und Mord in die Klauen: Dann wie Herzog Albrechts Sache            ungerecht war; also auch seine Kriegs-Zucht nichts nütz. Er stellte sich zwar bald hierauf           / als hätte er Lust zur Friedens-Handlung; berieff auch deßwegen die Land-Stände nach            Tulna: Es war aber Betrug/ und nur darauf abgezielt/ daß er die Gemüter derselben an            sich handeln/ und dem Käiser abspannen mögte. Welches auch ohnedem/ obgleich der            Land-Tag nicht vor sich gieng/ geschahe.</p>
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[30/0038] wieder versöhnt waren/ etliche Städte wieder weg. Hierüber verfiel das Land wieder in einen jämmerlichen Zustand/ dem Raub und Mord in die Klauen: Dann wie Herzog Albrechts Sache ungerecht war; also auch seine Kriegs-Zucht nichts nütz. Er stellte sich zwar bald hierauf / als hätte er Lust zur Friedens-Handlung; berieff auch deßwegen die Land-Stände nach Tulna: Es war aber Betrug/ und nur darauf abgezielt/ daß er die Gemüter derselben an sich handeln/ und dem Käiser abspannen mögte. Welches auch ohnedem/ obgleich der Land-Tag nicht vor sich gieng/ geschahe. Bey denen/ zu Wien/ begunte gleichfals die alte Seuche der Widerspenstigkeit und Meuterey/ von neuem einzureissen. Sie stiessen erst heimlich hin und wieder die Köpffe zusammen: und strebten die Rädleins-Führer dahin/ wie sie dem Erz-Herzog einen starken Anhang machen/ ja die ganze Stadt/ vom Käiser ab- und auf seine Seite/ ziehen mögten. Unter solchen Aufwieglern war der fürnemsten einer/ Thomas Haselbach/ ein seicht-gelehrter Schrifft-Lehrer/ und Professor Theologiae am Gymnasio daselbst: welchen Cuspinian (der gleichfals ein Alumnus selbiges Gymnasii, wie er es nennet/ gewest) inverecundum Theologum, einen unverschämten Theologum titulirt/ hominem cerebrosum ac honoris cupidissimum, einen hitzigen Steiff-Kopff voll Ehrgeitzes; der/ ausser einer eitlen und falschen Achtbarkeit/ so er ihm/ bey den Leuten/ indem er den Rebellen geheuchelt/ erworben/ nichts gründlichs studirt gehabt: wiewol er sonst garrulus Sophista, ein spitzfindiger Plauderer gewest/ der in studio generali Viennensi, auf der Wienerischen Academie/ damals allbereit 22. Jahre/ über das erste Capitel Esaiä offentlich gelesen/ und es doch noch nicht absolvirt gehabt. Dieser üble und langweilige Professor/ welcher mit seinen Sitten/ viel ein andres lehrte/ weder seine Profession erfordert/ mischete sich stets/ in die Oesterreichische Mißverständnissen/ mit ein / und hatte vorher allbereit nicht nur wider den Käiser geschrieben; sondern auch deß Papsts Droh-Brieffe widerlegt; und die Wienerische Academie eben deßgleichen gethan: Welcher deßwegen AEneas Sylvius diesen schlechten Lobspruch gibt: Docta Viennensis schola indoctam sententiam protulit, die gelehrte Schule/ zu Wien/ hat ein ungelehrtes Urtheil gefället. Diese Rottirung verstärkte sich auch täglich und geschwinde: sintemal der Arzney-Doctor / Odnoccar Kirchheim/ Wolffgang Holzer/ der Müntzmeister und Friederich Wostendorffer / nicht allein sich selbst/ in solche schädliche Bündniß begaben; sondern auch bald hernach / etliche aufrührische Handwerks-Leute/ die auch von Rauben und Stehlen ein Handwerk machten/ namentlich/ Jacob Geschnihel/ Hanns Haug/ Jacob Straßl/ Lorenz Schwanz / Jörg Krempel/ den Fleischhacker Menhard/ nebenst dreyen unbenannten Kürsnern/ mit grossen Versprechungen/ dazu bewegten/ daß sie/ aus Begierde deß Raubs/ im Rath-Hause / alle die jenigen/ so von dem Käiser nicht abfallen wolten/ mit ihrem Geschrey und starken Drauen/ überfallen solten; sonderlich den Burgermeister/ Chri-

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/38>, abgerufen am 24.11.2024.