Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

Bild:
<< vorherige Seite

die Ungarn eingebrochen/ und den Grafen/ der sich hefftig wehrte / mit vielen Wunden getödtet; gleich darnach/ samt dem Ladislao/ zum Könige Ladislao / gegangen/ und demselben zugeruffen/ der Feind deß Königreichs/ und gemeinen Ruhstandes / sey nidergemacht; der Urheber alles Ubels/ aller Bubenstücke/ habe sein behöriges Trinkgeld empfangen: Bishero habe Graf von Cylli regirt; nunmehr regire der König.

Dieser verdruckte seinen Schmerzen/ und Zorn; gab zur Antwort/ ihm wäre sein Recht geschehen; brach aber/ voll heimliches Unmuts/ bald auf/ nach Temeswar: Da ihm deß Ladislai Corvini Mutter/ samt ihren beyden Söhnen/ einen Fußfall that/ und um Gnade / für ihren Sohn/ flehete. Er tröstete sie nicht allein/ auf das aller freundlichste; sondern versicherte sie einer kindlichen Liebe/ erklärte sich selbst/ für ihren Sohn / und ihre Söhne für seine Brüder; sagte/ er wolle das heilige Abendmal darauf nehmen/ daß er sie/ in brüderliche Vertraulichkeit aufnähme; beschenkte sie auch alle mit Scharlachenen Gold-gewürkten Kleidern. Solcher Brüderschafft zu Ehren/ machte man sich / den ganzen Tag über/ lustig. Aber der Wind ging bald um bey ihm: er ließ sich/ durch seine Ohrenbläser/ wenden; brachte den Ladislaus/ mit List/ nach Ofen/ samt seinem Bruder Matthias/ und ließ jenen daselbst/ mit fünff Henker-Streichen/ enthaupten; diesen aber/ nebst vielen andren/ ins Gefängniß setzen. Weil nun solcher Eid-Bruch GOtt nicht gefallen können: urtheilen etliche nicht ungeschickt/ GOtt habe diesem Könige dafür sein Leben abgekürzt: in Betrachtung/ daß er kein ganzes Jahr mehr hernach gelebet.

Doch ist er gleichwol gar Christlich gestorben/ mit Bezeugung grosser Gedult; massen er sich vernehmen lasen/ er hoffe/ für das Irdische/ das Himmlische zu bekommen; auch den Gubernator/ Bogiebrat/ gar inständig gebeten/ er solte die Gerechtigkeit handhaben / Wittwen und Waisen seinem Schutz fleissig empfohlen seyn lassen. Seine Demut und Verachtung aller Eitelkeit gab er damit zu erkennen/ daß er befahl/ man solte ihm sein Gold-glänzendes Haar abschneiden/ welches er bishero/ nach der eitlen Welt-Manier / getragen hätte; auf daß er/ auf dieser seiner neuen Reise und Hinfahrt/ durch keinerley Anstoß/ mögte verhindert werden. Wiewol die Diener solches/ mit Fürwendung mancherley Ursachen/ unterliessen. Seine Königliche Kleinodien verschaffte er der Kirchen zu Praga. Da er nun merkte/ daß sein Abschied vorhanden; forderte er eine Kerze/ nahm sie/ nach Römisch-Catholischem Brauch/ in die Hand/ und betete das Vatter Unser: Und nachdem er diese Worte; sondern erlös uns vom Ubel! gesprochen; entschlieff er gar sanfft/ in der schönsten Blüte seiner Jugend/ und Majestät/ als ein Herr über zwey Königreiche/ und über ein so mächtiges Erzherzogthum! da er nicht länger/ als achtzehen Jahre/ sechs und dreissig Stunden/ in dieser Sterblichkeit gelebt.

die Ungarn eingebrochen/ und den Grafen/ der sich hefftig wehrte / mit vielen Wunden getödtet; gleich darnach/ samt dem Ladislao/ zum Könige Ladislao / gegangen/ und demselben zugeruffen/ der Feind deß Königreichs/ und gemeinen Ruhstandes / sey nidergemacht; der Urheber alles Ubels/ aller Bubenstücke/ habe sein behöriges Trinkgeld empfangen: Bishero habe Graf von Cylli regirt; nunmehr regire der König.

Dieser verdruckte seinen Schmerzen/ und Zorn; gab zur Antwort/ ihm wäre sein Recht geschehen; brach aber/ voll heimliches Unmuts/ bald auf/ nach Temeswar: Da ihm deß Ladislai Corvini Mutter/ samt ihren beyden Söhnen/ einen Fußfall that/ und um Gnade / für ihren Sohn/ flehete. Er tröstete sie nicht allein/ auf das aller freundlichste; sondern versicherte sie einer kindlichen Liebe/ erklärte sich selbst/ für ihren Sohn / und ihre Söhne für seine Brüder; sagte/ er wolle das heilige Abendmal darauf nehmen/ daß er sie/ in brüderliche Vertraulichkeit aufnähme; beschenkte sie auch alle mit Scharlachenen Gold-gewürkten Kleidern. Solcher Brüderschafft zu Ehren/ machte man sich / den ganzen Tag über/ lustig. Aber der Wind ging bald um bey ihm: er ließ sich/ durch seine Ohrenbläser/ wenden; brachte den Ladislaus/ mit List/ nach Ofen/ samt seinem Bruder Matthias/ und ließ jenen daselbst/ mit fünff Henker-Streichen/ enthaupten; diesen aber/ nebst vielen andren/ ins Gefängniß setzen. Weil nun solcher Eid-Bruch GOtt nicht gefallen können: urtheilen etliche nicht ungeschickt/ GOtt habe diesem Könige dafür sein Leben abgekürzt: in Betrachtung/ daß er kein ganzes Jahr mehr hernach gelebet.

Doch ist er gleichwol gar Christlich gestorben/ mit Bezeugung grosser Gedult; massen er sich vernehmen lasen/ er hoffe/ für das Irdische/ das Himmlische zu bekommen; auch den Gubernator/ Bogiebrat/ gar inständig gebeten/ er solte die Gerechtigkeit handhaben / Wittwen und Waisen seinem Schutz fleissig empfohlen seyn lassen. Seine Demut und Verachtung aller Eitelkeit gab er damit zu erkennen/ daß er befahl/ man solte ihm sein Gold-glänzendes Haar abschneiden/ welches er bishero/ nach der eitlen Welt-Manier / getragen hätte; auf daß er/ auf dieser seiner neuen Reise und Hinfahrt/ durch keinerley Anstoß/ mögte verhindert werden. Wiewol die Diener solches/ mit Fürwendung mancherley Ursachen/ unterliessen. Seine Königliche Kleinodien verschaffte er der Kirchen zu Praga. Da er nun merkte/ daß sein Abschied vorhanden; forderte er eine Kerze/ nahm sie/ nach Römisch-Catholischem Brauch/ in die Hand/ und betete das Vatter Unser: Und nachdem er diese Worte; sondern erlös uns vom Ubel! gesprochen; entschlieff er gar sanfft/ in der schönsten Blüte seiner Jugend/ und Majestät/ als ein Herr über zwey Königreiche/ und über ein so mächtiges Erzherzogthum! da er nicht länger/ als achtzehen Jahre/ sechs und dreissig Stunden/ in dieser Sterblichkeit gelebt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0027" n="19"/>
die Ungarn eingebrochen/ und den Grafen/ der sich hefftig wehrte           / mit vielen Wunden getödtet; gleich darnach/ samt dem Ladislao/ zum Könige Ladislao /            gegangen/ und demselben zugeruffen/ der Feind deß Königreichs/ und gemeinen Ruhstandes           / sey nidergemacht; der Urheber alles Ubels/ aller Bubenstücke/ habe sein behöriges            Trinkgeld empfangen: Bishero habe Graf von Cylli regirt; nunmehr regire der König.</p>
        <p>Dieser verdruckte seinen Schmerzen/ und Zorn; gab zur Antwort/ ihm wäre sein Recht            geschehen; brach aber/ voll heimliches Unmuts/ bald auf/ nach Temeswar: Da ihm deß            Ladislai Corvini Mutter/ samt ihren beyden Söhnen/ einen Fußfall that/ und um Gnade /            für ihren Sohn/ flehete. Er tröstete sie nicht allein/ auf das aller freundlichste;            sondern versicherte sie einer kindlichen Liebe/ erklärte sich selbst/ für ihren Sohn /            und ihre Söhne für seine Brüder; sagte/ er wolle das heilige Abendmal darauf nehmen/ daß            er sie/ in brüderliche Vertraulichkeit aufnähme; beschenkte sie auch alle mit            Scharlachenen Gold-gewürkten Kleidern. Solcher Brüderschafft zu Ehren/ machte man sich /            den ganzen Tag über/ lustig. Aber der Wind ging bald um bey ihm: er ließ sich/ durch            seine Ohrenbläser/ wenden; brachte den Ladislaus/ mit List/ nach Ofen/ samt seinem            Bruder Matthias/ und ließ jenen daselbst/ mit fünff Henker-Streichen/ enthaupten;            diesen aber/ nebst vielen andren/ ins Gefängniß setzen. Weil nun solcher Eid-Bruch GOtt            nicht gefallen können: urtheilen etliche nicht ungeschickt/ GOtt habe diesem Könige dafür            sein Leben abgekürzt: in Betrachtung/ daß er kein ganzes Jahr mehr hernach gelebet.</p>
        <p>Doch ist er gleichwol gar Christlich gestorben/ mit Bezeugung grosser Gedult; massen er            sich vernehmen lasen/ er hoffe/ für das Irdische/ das Himmlische zu bekommen; auch den            Gubernator/ Bogiebrat/ gar inständig gebeten/ er solte die Gerechtigkeit handhaben /            Wittwen und Waisen seinem Schutz fleissig empfohlen seyn lassen. Seine Demut und            Verachtung aller Eitelkeit gab er damit zu erkennen/ daß er befahl/ man solte ihm sein            Gold-glänzendes Haar abschneiden/ welches er bishero/ nach der eitlen Welt-Manier /            getragen hätte; auf daß er/ auf dieser seiner neuen Reise und Hinfahrt/ durch keinerley            Anstoß/ mögte verhindert werden. Wiewol die Diener solches/ mit Fürwendung mancherley            Ursachen/ unterliessen. Seine Königliche Kleinodien verschaffte er der Kirchen zu Praga.            Da er nun merkte/ daß sein Abschied vorhanden; forderte er eine Kerze/ nahm sie/ nach            Römisch-Catholischem Brauch/ in die Hand/ und betete das Vatter Unser: Und nachdem er            diese Worte; sondern erlös uns vom Ubel! gesprochen; entschlieff er gar sanfft/ in der            schönsten Blüte seiner Jugend/ und Majestät/ als ein Herr über zwey Königreiche/ und            über ein so mächtiges Erzherzogthum! da er nicht länger/ als achtzehen Jahre/ sechs und            dreissig Stunden/ in dieser Sterblichkeit gelebt.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0027] die Ungarn eingebrochen/ und den Grafen/ der sich hefftig wehrte / mit vielen Wunden getödtet; gleich darnach/ samt dem Ladislao/ zum Könige Ladislao / gegangen/ und demselben zugeruffen/ der Feind deß Königreichs/ und gemeinen Ruhstandes / sey nidergemacht; der Urheber alles Ubels/ aller Bubenstücke/ habe sein behöriges Trinkgeld empfangen: Bishero habe Graf von Cylli regirt; nunmehr regire der König. Dieser verdruckte seinen Schmerzen/ und Zorn; gab zur Antwort/ ihm wäre sein Recht geschehen; brach aber/ voll heimliches Unmuts/ bald auf/ nach Temeswar: Da ihm deß Ladislai Corvini Mutter/ samt ihren beyden Söhnen/ einen Fußfall that/ und um Gnade / für ihren Sohn/ flehete. Er tröstete sie nicht allein/ auf das aller freundlichste; sondern versicherte sie einer kindlichen Liebe/ erklärte sich selbst/ für ihren Sohn / und ihre Söhne für seine Brüder; sagte/ er wolle das heilige Abendmal darauf nehmen/ daß er sie/ in brüderliche Vertraulichkeit aufnähme; beschenkte sie auch alle mit Scharlachenen Gold-gewürkten Kleidern. Solcher Brüderschafft zu Ehren/ machte man sich / den ganzen Tag über/ lustig. Aber der Wind ging bald um bey ihm: er ließ sich/ durch seine Ohrenbläser/ wenden; brachte den Ladislaus/ mit List/ nach Ofen/ samt seinem Bruder Matthias/ und ließ jenen daselbst/ mit fünff Henker-Streichen/ enthaupten; diesen aber/ nebst vielen andren/ ins Gefängniß setzen. Weil nun solcher Eid-Bruch GOtt nicht gefallen können: urtheilen etliche nicht ungeschickt/ GOtt habe diesem Könige dafür sein Leben abgekürzt: in Betrachtung/ daß er kein ganzes Jahr mehr hernach gelebet. Doch ist er gleichwol gar Christlich gestorben/ mit Bezeugung grosser Gedult; massen er sich vernehmen lasen/ er hoffe/ für das Irdische/ das Himmlische zu bekommen; auch den Gubernator/ Bogiebrat/ gar inständig gebeten/ er solte die Gerechtigkeit handhaben / Wittwen und Waisen seinem Schutz fleissig empfohlen seyn lassen. Seine Demut und Verachtung aller Eitelkeit gab er damit zu erkennen/ daß er befahl/ man solte ihm sein Gold-glänzendes Haar abschneiden/ welches er bishero/ nach der eitlen Welt-Manier / getragen hätte; auf daß er/ auf dieser seiner neuen Reise und Hinfahrt/ durch keinerley Anstoß/ mögte verhindert werden. Wiewol die Diener solches/ mit Fürwendung mancherley Ursachen/ unterliessen. Seine Königliche Kleinodien verschaffte er der Kirchen zu Praga. Da er nun merkte/ daß sein Abschied vorhanden; forderte er eine Kerze/ nahm sie/ nach Römisch-Catholischem Brauch/ in die Hand/ und betete das Vatter Unser: Und nachdem er diese Worte; sondern erlös uns vom Ubel! gesprochen; entschlieff er gar sanfft/ in der schönsten Blüte seiner Jugend/ und Majestät/ als ein Herr über zwey Königreiche/ und über ein so mächtiges Erzherzogthum! da er nicht länger/ als achtzehen Jahre/ sechs und dreissig Stunden/ in dieser Sterblichkeit gelebt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/27
Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/27>, abgerufen am 27.04.2024.