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Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

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Stahrenbergischen Regiments Capitain/ Herr Heistermann/ mit 50. Soldaten/ solches die ganze Nacht hindurch/ wider alles feindliche Rasen und Toben/ ritterlich defendirt/ auch die bereits von feindlichen Flammen ergriffene Pallisaden/ erhalten: Ohngeacht ihme von Ihro Hochgräflichen Gnaden/ Herrn Commendanten/ frey gestellt gewesen/ im Fall der Feind gar zu grimmig ansetzen würde/ sich in der Stille zuruck zu ziehen/ und den Gang selber anzustecken. Doch sind von seinen Untergebenen 20. (darunter ein Leutenant und ein Wachtmeister) todt geblieben: Er aber samt den 30. übrigen/ bis zur Zeit der gewöhnlichen Ablösung stehen blieben. Abends um 8. Uhr/ hat der Feind stärker/ als jemal die ganze Belagerung über geschehen/ so wol aus Stücken als kleinem Geschütz geschossen. In der Nacht aber sahe man wiederum das Losungs-Feuer brennen/ welches denen Belagerten die glückliche Uberkunft des Rätzen/ mit den Briefen in dem Käiserlichen Haupt-Quartier / verkündigte. Die Parola war: St. Barbara und Grätz.

Den 3. ersetzte der Feind sein weniges Canoniren mit schädlichem Einwurff vieler Bomben und Steinen/ wurde aber an seinem Graben und Arbeiten/ durch anhaltendem Regen / merklich verhindert. Den Tag über kamen zu unterschiedlichen malen einige gefangene Türken ein/ welche in vorgenommenem Examine bekennet: Daß der Feind zwar Munition genug/ aber wenig Vorrath an Proviant habe; wie daß auch der Groß-Vezier/ (weilen er durch Schreiben vom Groß-Sultan einen ernstlichen Verweis bekommen/ um daß er vor Wienn gegangen/ und nicht zuvor Raab/ und Comorrn eingenommen /) nicht Willens sey/ lang mehr allhier zu verbleiben: Zu welcher Ursach auch diese kommen/ weilen ihme bisher so viel der Seinigen zn Schanden gemacht worden; sintemal man sicherlich glauben dörffe/ daß allein von den Janitscharen über die 10000. Mann geblieben/ auch denen übrigen/ weilen sie ihme nicht mehr als 50. Tag zu dienen versprochen/ solche aber würklich verstrichen/ aller Lust zum Fechten vergienge. Die Tartarn hätten sich auch schon separirt/ und wären auch schon würklich zwey Bassa/ mit ihrer unterhabenden Mannschaft von hier ab- und nach Neuhäusel gangen; versicherten auch/ daß/ wann der Käiserliche Succurs einen ernstlichen Angriff thun würde/ viel Hungarn/ Polacken/ Moldauer/ Wallachen und Gehuldigte/ zu demselbigen fallen werden. Von den Dupinischen wagten heut etliche Männer einen Parthey-Gang/ in welchem sie dem Feind/ mit Beyhülffe der Herren Studenten/ 22. Stück Ochsen/ samt zwey Pferden und einen Wagen/ hinweg genommen/ und in die Stadt gebracht; wofür Ihro Excellenz/ Herr General Graf von Stahrenberg/ ihnen 900. Gulden auszahlen / und selbe vor die kranken und blessirten Soldaten aushacken lassen. Um 1. Uhr Nachmittag / kam ein Türk herüber angestochen/ vermeldend/ daß ihn zum Uberlauffen nichts anders bewogen/ als dieses: Weilen er vorher ein Christ gewesen/ und anjetzo wegen unsers Succurs, unter den Türken so grosser Schrecken sey. Um 4. Uhr brachten die Herren Studenten abermal einen gefangnen Türken ein. Sonsten sind so wol vorige Nacht/ als heutigen

Stahrenbergischen Regiments Capitain/ Herr Heistermann/ mit 50. Soldaten/ solches die ganze Nacht hindurch/ wider alles feindliche Rasen und Toben/ ritterlich defendirt/ auch die bereits von feindlichen Flammen ergriffene Pallisaden/ erhalten: Ohngeacht ihme von Ihro Hochgräflichen Gnaden/ Herrn Commendanten/ frey gestellt gewesen/ im Fall der Feind gar zu grimmig ansetzen würde/ sich in der Stille zuruck zu ziehen/ und den Gang selber anzustecken. Doch sind von seinen Untergebenen 20. (darunter ein Leutenant und ein Wachtmeister) todt geblieben: Er aber samt den 30. übrigen/ bis zur Zeit der gewöhnlichen Ablösung stehen blieben. Abends um 8. Uhr/ hat der Feind stärker/ als jemal die ganze Belagerung über geschehen/ so wol aus Stücken als kleinem Geschütz geschossen. In der Nacht aber sahe man wiederum das Losungs-Feuer brennen/ welches denen Belagerten die glückliche Uberkunft des Rätzen/ mit den Briefen in dem Käiserlichen Haupt-Quartier / verkündigte. Die Parola war: St. Barbara und Grätz.

Den 3. ersetzte der Feind sein weniges Canoniren mit schädlichem Einwurff vieler Bomben und Steinen/ wurde aber an seinem Graben und Arbeiten/ durch anhaltendem Regen / merklich verhindert. Den Tag über kamen zu unterschiedlichen malen einige gefangene Türken ein/ welche in vorgenommenem Examine bekennet: Daß der Feind zwar Munition genug/ aber wenig Vorrath an Proviant habe; wie daß auch der Groß-Vezier/ (weilen er durch Schreiben vom Groß-Sultan einen ernstlichen Verweis bekommen/ um daß er vor Wienn gegangen/ und nicht zuvor Raab/ und Comorrn eingenommen /) nicht Willens sey/ lang mehr allhier zu verbleiben: Zu welcher Ursach auch diese kommen/ weilen ihme bisher so viel der Seinigen zn Schanden gemacht worden; sintemal man sicherlich glauben dörffe/ daß allein von den Janitscharen über die 10000. Mann geblieben/ auch denen übrigen/ weilen sie ihme nicht mehr als 50. Tag zu dienen versprochen/ solche aber würklich verstrichen/ aller Lust zum Fechten vergienge. Die Tartarn hätten sich auch schon separirt/ und wären auch schon würklich zwey Bassa/ mit ihrer unterhabenden Mannschaft von hier ab- und nach Neuhäusel gangen; versicherten auch/ daß/ wann der Käiserliche Succurs einen ernstlichen Angriff thun würde/ viel Hungarn/ Polacken/ Moldauer/ Wallachen und Gehuldigte/ zu demselbigen fallen werden. Von den Dupinischen wagten heut etliche Männer einen Parthey-Gang/ in welchem sie dem Feind/ mit Beyhülffe der Herren Studenten/ 22. Stück Ochsen/ samt zwey Pferden und einen Wagen/ hinweg genommen/ und in die Stadt gebracht; wofür Ihro Excellenz/ Herr General Graf von Stahrenberg/ ihnen 900. Gulden auszahlen / und selbe vor die kranken und blessirten Soldaten aushacken lassen. Um 1. Uhr Nachmittag / kam ein Türk herüber angestochen/ vermeldend/ daß ihn zum Uberlauffen nichts anders bewogen/ als dieses: Weilen er vorher ein Christ gewesen/ und anjetzo wegen unsers Succurs, unter den Türken so grosser Schrecken sey. Um 4. Uhr brachten die Herren Studenten abermal einen gefangnen Türken ein. Sonsten sind so wol vorige Nacht/ als heutigen

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[54/0266] Stahrenbergischen Regiments Capitain/ Herr Heistermann/ mit 50. Soldaten/ solches die ganze Nacht hindurch/ wider alles feindliche Rasen und Toben/ ritterlich defendirt/ auch die bereits von feindlichen Flammen ergriffene Pallisaden/ erhalten: Ohngeacht ihme von Ihro Hochgräflichen Gnaden/ Herrn Commendanten/ frey gestellt gewesen/ im Fall der Feind gar zu grimmig ansetzen würde/ sich in der Stille zuruck zu ziehen/ und den Gang selber anzustecken. Doch sind von seinen Untergebenen 20. (darunter ein Leutenant und ein Wachtmeister) todt geblieben: Er aber samt den 30. übrigen/ bis zur Zeit der gewöhnlichen Ablösung stehen blieben. Abends um 8. Uhr/ hat der Feind stärker/ als jemal die ganze Belagerung über geschehen/ so wol aus Stücken als kleinem Geschütz geschossen. In der Nacht aber sahe man wiederum das Losungs-Feuer brennen/ welches denen Belagerten die glückliche Uberkunft des Rätzen/ mit den Briefen in dem Käiserlichen Haupt-Quartier / verkündigte. Die Parola war: St. Barbara und Grätz. Den 3. ersetzte der Feind sein weniges Canoniren mit schädlichem Einwurff vieler Bomben und Steinen/ wurde aber an seinem Graben und Arbeiten/ durch anhaltendem Regen / merklich verhindert. Den Tag über kamen zu unterschiedlichen malen einige gefangene Türken ein/ welche in vorgenommenem Examine bekennet: Daß der Feind zwar Munition genug/ aber wenig Vorrath an Proviant habe; wie daß auch der Groß-Vezier/ (weilen er durch Schreiben vom Groß-Sultan einen ernstlichen Verweis bekommen/ um daß er vor Wienn gegangen/ und nicht zuvor Raab/ und Comorrn eingenommen /) nicht Willens sey/ lang mehr allhier zu verbleiben: Zu welcher Ursach auch diese kommen/ weilen ihme bisher so viel der Seinigen zn Schanden gemacht worden; sintemal man sicherlich glauben dörffe/ daß allein von den Janitscharen über die 10000. Mann geblieben/ auch denen übrigen/ weilen sie ihme nicht mehr als 50. Tag zu dienen versprochen/ solche aber würklich verstrichen/ aller Lust zum Fechten vergienge. Die Tartarn hätten sich auch schon separirt/ und wären auch schon würklich zwey Bassa/ mit ihrer unterhabenden Mannschaft von hier ab- und nach Neuhäusel gangen; versicherten auch/ daß/ wann der Käiserliche Succurs einen ernstlichen Angriff thun würde/ viel Hungarn/ Polacken/ Moldauer/ Wallachen und Gehuldigte/ zu demselbigen fallen werden. Von den Dupinischen wagten heut etliche Männer einen Parthey-Gang/ in welchem sie dem Feind/ mit Beyhülffe der Herren Studenten/ 22. Stück Ochsen/ samt zwey Pferden und einen Wagen/ hinweg genommen/ und in die Stadt gebracht; wofür Ihro Excellenz/ Herr General Graf von Stahrenberg/ ihnen 900. Gulden auszahlen / und selbe vor die kranken und blessirten Soldaten aushacken lassen. Um 1. Uhr Nachmittag / kam ein Türk herüber angestochen/ vermeldend/ daß ihn zum Uberlauffen nichts anders bewogen/ als dieses: Weilen er vorher ein Christ gewesen/ und anjetzo wegen unsers Succurs, unter den Türken so grosser Schrecken sey. Um 4. Uhr brachten die Herren Studenten abermal einen gefangnen Türken ein. Sonsten sind so wol vorige Nacht/ als heutigen

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/266>, abgerufen am 25.11.2024.