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Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

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mit unverruckter Ruhe/ besessen; sondern mit den rauberischen Hunnen/ die bisweilen alles/ bis an die Ens/ bezwungen/ sich stets drum rauffen müssen. Da dann bald diese/ bald jene Parthey/ obgesiegt/ und die Stadt Wien dem Gehorsam deß Kriegs-Glücks gefolgt. Wiewol sie vermutlich/ von den Hunnen/ nur verwüstet/ von den Bayern aber allein/ hernach wiederum aufgerichtet worden/ und ihnen auch verblieben / bis gedachter König Stephan sie/ für sein Erbe/ angesprochen/ und mit bewehrter Kriegs-Macht zu sich gezogen.

Nachdem aber Friedrich/ beygenannt der Streitbare/ so der letzte Herzog von Oesterreich / aus Bambergischen Stamm/ gewest/ beym Käiser Friedrich/ dem Zweyten/ in Ungnade gafallen; hat sich der Käiser/ im Jahr 1236. auf Wien begeben/ und nachdem er/ von der Burgerschafft/ mit ersinnlicher Ehrerbietung/ empfangen/ bis in drey Monat daselbst verharret; ist sie von ihm zu einer Reichs-Stadt gemacht/ auch mit dem Wappen/ welches sie noch auf den heutigen Tag führet/ nemlich mit einem gekröntem güldnem Adler im schwarzen Felde/ beehret worden. Allein sie genoß damals solcher Ehren nicht lang: Dann als hernach der Käiser anderswo mit Kriegs-Geschäfften sich beladen fand; ruckte der Herzog herbey/ und ängstigte die Stadt/ mit einer so harten Belagerung/ daß sie wiederum unter seinen Gehorsam knien muste.

Es stund nachmals kaum 16. Jahre an/ da bekam diese schöne Braut abermal einen andern Freyer/ der mit Waffen um sie die Werbung that; nemlich den Ungarischen König Bela: Welcher sie/ im Jahr 1252. belagerte.

Sie muste sich aber/ als ein Ball der Kriegs-Fortun/ nach dreyssig Jahren/ wiederum in eine andere Hand spielen lassen/ und vor Käiser Rudolph/ dem Ersten/ demütigen: Wiewol sie diese Belagerung ihr selbsten mutwillig zugezogen; indem sie sich/ an seinem Sohn / als ihrem Herrn vergriffen: Und darum ward sie dißmal nicht allein belagert/ sondern auch um etliche Privilegien verkürzet. Und weil es ehmals/ in dieser guten Stadt/ viel unruhiger Köpffe setzte; seynd auch jemaln etliche derselben gar unsanfft zur Ruhe gelegt worden: Als wie/ im Jahr 1408. geschehen; da man dem Burgermeister/ Conrad Vorlauff / nebst andern Rath-Herren daselbst/ enthauptet/ und die Körper derselben zu St. Stephan begraben hat. Um welche Zeit/ es in Wien mächtig übel gestanden: Wie hievon Gerardus de Roo die Ausführlichkeit gibt.

Insonderheit aber beging Wien (oder vielmehr eine gewisse Rotte der Stadt Wien) eine schändliche That/ am Käiser Friedrich/ dem Dritten (oder/ nach andrer ihrer Rechnung / dem Vierdten) in dem 1461. und 1463 sten Jahren. Wovon wir hie billig/ weil es ein denkwürdiger Verlauff/ mit Umständen handeln.

Es hatte der Ruh-liebende Käiser/ von den unruhigen Ungarn und Oesterreichern/ Zeit seiner gepflogenen Vormundschafft über den noch minderjährigen jungen König Uladislaum / sich sehr verunruhigen lassen müssen: Wobey sonder-

mit unverruckter Ruhe/ besessen; sondern mit den rauberischen Hunnen/ die bisweilen alles/ bis an die Ens/ bezwungen/ sich stets drum rauffen müssen. Da dann bald diese/ bald jene Parthey/ obgesiegt/ und die Stadt Wien dem Gehorsam deß Kriegs-Glücks gefolgt. Wiewol sie vermutlich/ von den Hunnen/ nur verwüstet/ von den Bayern aber allein/ hernach wiederum aufgerichtet worden/ und ihnen auch verblieben / bis gedachter König Stephan sie/ für sein Erbe/ angesprochen/ und mit bewehrter Kriegs-Macht zu sich gezogen.

Nachdem aber Friedrich/ beygenannt der Streitbare/ so der letzte Herzog von Oesterreich / aus Bambergischen Stamm/ gewest/ beym Käiser Friedrich/ dem Zweyten/ in Ungnade gafallen; hat sich der Käiser/ im Jahr 1236. auf Wien begeben/ und nachdem er/ von der Burgerschafft/ mit ersinnlicher Ehrerbietung/ empfangen/ bis in drey Monat daselbst verharret; ist sie von ihm zu einer Reichs-Stadt gemacht/ auch mit dem Wappen/ welches sie noch auf den heutigen Tag führet/ nemlich mit einem gekröntem güldnem Adler im schwarzen Felde/ beehret worden. Allein sie genoß damals solcher Ehren nicht lang: Dann als hernach der Käiser anderswo mit Kriegs-Geschäfften sich beladen fand; ruckte der Herzog herbey/ und ängstigte die Stadt/ mit einer so harten Belagerung/ daß sie wiederum unter seinen Gehorsam knien muste.

Es stund nachmals kaum 16. Jahre an/ da bekam diese schöne Braut abermal einen andern Freyer/ der mit Waffen um sie die Werbung that; nemlich den Ungarischen König Bela: Welcher sie/ im Jahr 1252. belagerte.

Sie muste sich aber/ als ein Ball der Kriegs-Fortun/ nach dreyssig Jahren/ wiederum in eine andere Hand spielen lassen/ und vor Käiser Rudolph/ dem Ersten/ demütigen: Wiewol sie diese Belagerung ihr selbsten mutwillig zugezogen; indem sie sich/ an seinem Sohn / als ihrem Herrn vergriffen: Und darum ward sie dißmal nicht allein belagert/ sondern auch um etliche Privilegien verkürzet. Und weil es ehmals/ in dieser guten Stadt/ viel unruhiger Köpffe setzte; seynd auch jemaln etliche derselben gar unsanfft zur Ruhe gelegt worden: Als wie/ im Jahr 1408. geschehen; da man dem Burgermeister/ Conrad Vorlauff / nebst andern Rath-Herren daselbst/ enthauptet/ und die Körper derselben zu St. Stephan begraben hat. Um welche Zeit/ es in Wien mächtig übel gestanden: Wie hievon Gerardus de Roo die Ausführlichkeit gibt.

Insonderheit aber beging Wien (oder vielmehr eine gewisse Rotte der Stadt Wien) eine schändliche That/ am Käiser Friedrich/ dem Dritten (oder/ nach andrer ihrer Rechnung / dem Vierdten) in dem 1461. und 1463 sten Jahren. Wovon wir hie billig/ weil es ein denkwürdiger Verlauff/ mit Umständen handeln.

Es hatte der Ruh-liebende Käiser/ von den unruhigen Ungarn und Oesterreichern/ Zeit seiner gepflogenen Vormundschafft über den noch minderjährigen jungen König Uladislaum / sich sehr verunruhigen lassen müssen: Wobey sonder-

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        <p>Sie muste sich aber/ als ein Ball der Kriegs-Fortun/ nach dreyssig Jahren/ wiederum in            eine andere Hand spielen lassen/ und vor Käiser Rudolph/ dem Ersten/ demütigen: Wiewol            sie diese Belagerung ihr selbsten mutwillig zugezogen; indem sie sich/ an seinem Sohn /            als ihrem Herrn vergriffen: Und darum ward sie dißmal nicht allein belagert/ sondern auch            um etliche Privilegien verkürzet. Und weil es ehmals/ in dieser guten Stadt/ viel            unruhiger Köpffe setzte; seynd auch jemaln etliche derselben gar unsanfft zur Ruhe gelegt            worden: Als wie/ im Jahr 1408. geschehen; da man dem Burgermeister/ Conrad Vorlauff /            nebst andern Rath-Herren daselbst/ enthauptet/ und die Körper derselben zu St. Stephan            begraben hat. Um welche Zeit/ es in Wien mächtig übel gestanden: Wie hievon Gerardus de            Roo die Ausführlichkeit gibt.</p>
        <p>Insonderheit aber beging Wien (oder vielmehr eine gewisse Rotte der Stadt Wien) eine            schändliche That/ am Käiser Friedrich/ dem Dritten (oder/ nach andrer ihrer Rechnung /            dem Vierdten) in dem 1461. und 1463 sten Jahren. Wovon wir hie billig/ weil es ein            denkwürdiger Verlauff/ mit Umständen handeln.</p>
        <p>Es hatte der Ruh-liebende Käiser/ von den unruhigen Ungarn und Oesterreichern/ Zeit            seiner gepflogenen Vormundschafft über den noch minderjährigen jungen König Uladislaum /            sich sehr verunruhigen lassen müssen: Wobey sonder-
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[15/0023] mit unverruckter Ruhe/ besessen; sondern mit den rauberischen Hunnen/ die bisweilen alles/ bis an die Ens/ bezwungen/ sich stets drum rauffen müssen. Da dann bald diese/ bald jene Parthey/ obgesiegt/ und die Stadt Wien dem Gehorsam deß Kriegs-Glücks gefolgt. Wiewol sie vermutlich/ von den Hunnen/ nur verwüstet/ von den Bayern aber allein/ hernach wiederum aufgerichtet worden/ und ihnen auch verblieben / bis gedachter König Stephan sie/ für sein Erbe/ angesprochen/ und mit bewehrter Kriegs-Macht zu sich gezogen. Nachdem aber Friedrich/ beygenannt der Streitbare/ so der letzte Herzog von Oesterreich / aus Bambergischen Stamm/ gewest/ beym Käiser Friedrich/ dem Zweyten/ in Ungnade gafallen; hat sich der Käiser/ im Jahr 1236. auf Wien begeben/ und nachdem er/ von der Burgerschafft/ mit ersinnlicher Ehrerbietung/ empfangen/ bis in drey Monat daselbst verharret; ist sie von ihm zu einer Reichs-Stadt gemacht/ auch mit dem Wappen/ welches sie noch auf den heutigen Tag führet/ nemlich mit einem gekröntem güldnem Adler im schwarzen Felde/ beehret worden. Allein sie genoß damals solcher Ehren nicht lang: Dann als hernach der Käiser anderswo mit Kriegs-Geschäfften sich beladen fand; ruckte der Herzog herbey/ und ängstigte die Stadt/ mit einer so harten Belagerung/ daß sie wiederum unter seinen Gehorsam knien muste. Es stund nachmals kaum 16. Jahre an/ da bekam diese schöne Braut abermal einen andern Freyer/ der mit Waffen um sie die Werbung that; nemlich den Ungarischen König Bela: Welcher sie/ im Jahr 1252. belagerte. Sie muste sich aber/ als ein Ball der Kriegs-Fortun/ nach dreyssig Jahren/ wiederum in eine andere Hand spielen lassen/ und vor Käiser Rudolph/ dem Ersten/ demütigen: Wiewol sie diese Belagerung ihr selbsten mutwillig zugezogen; indem sie sich/ an seinem Sohn / als ihrem Herrn vergriffen: Und darum ward sie dißmal nicht allein belagert/ sondern auch um etliche Privilegien verkürzet. Und weil es ehmals/ in dieser guten Stadt/ viel unruhiger Köpffe setzte; seynd auch jemaln etliche derselben gar unsanfft zur Ruhe gelegt worden: Als wie/ im Jahr 1408. geschehen; da man dem Burgermeister/ Conrad Vorlauff / nebst andern Rath-Herren daselbst/ enthauptet/ und die Körper derselben zu St. Stephan begraben hat. Um welche Zeit/ es in Wien mächtig übel gestanden: Wie hievon Gerardus de Roo die Ausführlichkeit gibt. Insonderheit aber beging Wien (oder vielmehr eine gewisse Rotte der Stadt Wien) eine schändliche That/ am Käiser Friedrich/ dem Dritten (oder/ nach andrer ihrer Rechnung / dem Vierdten) in dem 1461. und 1463 sten Jahren. Wovon wir hie billig/ weil es ein denkwürdiger Verlauff/ mit Umständen handeln. Es hatte der Ruh-liebende Käiser/ von den unruhigen Ungarn und Oesterreichern/ Zeit seiner gepflogenen Vormundschafft über den noch minderjährigen jungen König Uladislaum / sich sehr verunruhigen lassen müssen: Wobey sonder-

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/23>, abgerufen am 28.04.2024.