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Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

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Wenn nun der Feind hinzu ritte/ hub Niemand/ unter diesen einfältigen und von Schrecken verblendten Leuten/ eine Hand auf: sie liessen in sich stechen/ ohn alle Gegenwehr/ wie ein gebundnes Schwein. Uber neuntausend Menschen/ so von Preßburg/ Altenburg/ Wien/ und aus der umligenden Landschafft/ in den Wiener-Wald geflohen waren/ mit Weib und Kind/ seynd/ von den Türken/ ereilt/ angefallen / gespisst/ erwürgt und zerhackt worden.

Ortelius: Den 14. Octobr. wolte der Feind noch nicht ablassen; sondern machte/ um 8. Uhr / allem Volk in der Stadt einen gewaltigen Lärmen: und kunte doch/ wegen starker Gegenwehr der Unsrigen/ nichts ausrichten. Aber hernach/ um 2. Uhr/ Nachmittags/ (als er vorhin/ wiewol ohne sonderbaren Schaden/ gesprengt) lieff er einen gewaltigen Sturm an; muste aber ebenfalls/ wie vorhin/ mit Spott abweichen: und lieffen solche beyde Stürme ab/ ohne sonderlichen Schaden der Unsern: ausgenommen/ daß etliche Knechte/ mit Flitzpfeilen verwundet worden: derer der Feind viel tausend in die Stadt geschossen/ und Säcklein mit Pulver/ samt einem Zünd-Strick/ daran gehenkt.

Hiernechst gedenkt Ortelius deß Türkischen Abzugs/ wozu den Solimann zweyerley bewogen habe: Erstlich der grosse Verlust seines Wolks vor Wien; und zweytens/ die Nachricht / wie Pfaltzgraf Friedrich/ mit einem grossen Volk im Anzuge wäre/ auch allbereits einem Hauffen seiner Türken/ so über Lintz/ gegen Bayern gestreifft/ den Wald verhauen/ und sie alle erschlagen hätte: In Betrachtung dessen habe er endlich/ um eilff Uhr in der Nacht/ den letzten Lärmen fürgenommen/ hierauf sein Lager angezündet/ und mit Grimmigem Zorn seinen Abzug/ vor dem Holtz/ genommen: bey welchem er/ in die hundert tausend armer Christen gefänglich mit sich hinweg geführt/ über die tausend Weiber/ und alte Leute/ niedergesebelt/ die jungen Kinder gespiesset/ und auf die Zäune gesteckt/ und also unmenschlicher Weise getyrannisirt.

Nun ist noch übrig/ daß wir endlich auch der Pesoldischen Erzehlung Gehör leihen. Nach Inhalt derselben/ ist/ vor dem 8. Octobris/ kein Sturm geschehen. Welches auch fast zu glauben: sintemal man weiß/ daß gleichfalls/ unter der jüngsten Belägerung dieser Stadt / vielmehr Stürme/ vom Gerücht/ ertichtet/ als verrichtet worden. Derhalben in dieser Beschreibung/ das Tag-Register der Belägerungs-Actionen gar anders läufft/ weder in den vorigen.

An dem sechsten und siebenden/ sind zwar blinde Lärmen gemacht; aber keine Stürme erfolgt. Wiewol sonst der Feind dennoch indessen mächtig-scharff geschossen/ und den Herrn Eck von Reischach/ unter andren/ übel solte getroffen haben/ im Fall nicht / obberührter Gestalt/ sein guter Brust-Harnisch den Gewalt gebrochen/ und ihn unversehrt behalten hätte. Sonderlich hat sich der Feind/ am sechsten/ gleich nach der flüchtigen Wiederkehr unserer ausgefallenen Teutschen Regimenter/ um den Mittag/ sehr geschäfftig bezeigt/ mit Zusamm- und Herzuführung vieles Holtzes/ Gereises/ und vieler Wein-Reben: wodurch die inder Stadt in

Wenn nun der Feind hinzu ritte/ hub Niemand/ unter diesen einfältigen und von Schrecken verblendten Leuten/ eine Hand auf: sie liessen in sich stechen/ ohn alle Gegenwehr/ wie ein gebundnes Schwein. Uber neuntausend Menschen/ so von Preßburg/ Altenburg/ Wien/ und aus der umligenden Landschafft/ in den Wiener-Wald geflohen waren/ mit Weib und Kind/ seynd/ von den Türken/ ereilt/ angefallen / gespisst/ erwürgt und zerhackt worden.

Ortelius: Den 14. Octobr. wolte der Feind noch nicht ablassen; sondern machte/ um 8. Uhr / allem Volk in der Stadt einen gewaltigen Lärmen: und kunte doch/ wegen starker Gegenwehr der Unsrigen/ nichts ausrichten. Aber hernach/ um 2. Uhr/ Nachmittags/ (als er vorhin/ wiewol ohne sonderbaren Schaden/ gesprengt) lieff er einen gewaltigen Sturm an; muste aber ebenfalls/ wie vorhin/ mit Spott abweichen: und lieffen solche beyde Stürme ab/ ohne sonderlichen Schaden der Unsern: ausgenommen/ daß etliche Knechte/ mit Flitzpfeilen verwundet worden: derer der Feind viel tausend in die Stadt geschossen/ und Säcklein mit Pulver/ samt einem Zünd-Strick/ daran gehenkt.

Hiernechst gedenkt Ortelius deß Türkischen Abzugs/ wozu den Solimann zweyerley bewogen habe: Erstlich der grosse Verlust seines Wolks vor Wien; und zweytens/ die Nachricht / wie Pfaltzgraf Friedrich/ mit einem grossen Volk im Anzuge wäre/ auch allbereits einem Hauffen seiner Türken/ so über Lintz/ gegen Bayern gestreifft/ den Wald verhauen/ und sie alle erschlagen hätte: In Betrachtung dessen habe er endlich/ um eilff Uhr in der Nacht/ den letzten Lärmen fürgenommen/ hierauf sein Lager angezündet/ und mit Grimmigem Zorn seinen Abzug/ vor dem Holtz/ genommen: bey welchem er/ in die hundert tausend armer Christen gefänglich mit sich hinweg geführt/ über die tausend Weiber/ und alte Leute/ niedergesebelt/ die jungen Kinder gespiesset/ und auf die Zäune gesteckt/ und also unmenschlicher Weise getyrannisirt.

Nun ist noch übrig/ daß wir endlich auch der Pesoldischen Erzehlung Gehör leihen. Nach Inhalt derselben/ ist/ vor dem 8. Octobris/ kein Sturm geschehen. Welches auch fast zu glauben: sintemal man weiß/ daß gleichfalls/ unter der jüngsten Belägerung dieser Stadt / vielmehr Stürme/ vom Gerücht/ ertichtet/ als verrichtet worden. Derhalben in dieser Beschreibung/ das Tag-Register der Belägerungs-Actionen gar anders läufft/ weder in den vorigen.

An dem sechsten und siebenden/ sind zwar blinde Lärmen gemacht; aber keine Stürme erfolgt. Wiewol sonst der Feind dennoch indessen mächtig-scharff geschossen/ und den Herrn Eck von Reischach/ unter andren/ übel solte getroffen haben/ im Fall nicht / obberührter Gestalt/ sein guter Brust-Harnisch den Gewalt gebrochen/ und ihn unversehrt behalten hätte. Sonderlich hat sich der Feind/ am sechsten/ gleich nach der flüchtigen Wiederkehr unserer ausgefallenen Teutschen Regimenter/ um den Mittag/ sehr geschäfftig bezeigt/ mit Zusamm- und Herzuführung vieles Holtzes/ Gereises/ und vieler Wein-Reben: wodurch die inder Stadt in

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        <p>Nun ist noch übrig/ daß wir endlich auch der Pesoldischen Erzehlung Gehör leihen. Nach            Inhalt derselben/ ist/ vor dem 8. Octobris/ kein Sturm geschehen. Welches auch fast zu            glauben: sintemal man weiß/ daß gleichfalls/ unter der jüngsten Belägerung dieser Stadt           / vielmehr Stürme/ vom Gerücht/ ertichtet/ als verrichtet worden. Derhalben in dieser            Beschreibung/ das Tag-Register der Belägerungs-Actionen gar anders läufft/ weder in den            vorigen.</p>
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[160/0177] Wenn nun der Feind hinzu ritte/ hub Niemand/ unter diesen einfältigen und von Schrecken verblendten Leuten/ eine Hand auf: sie liessen in sich stechen/ ohn alle Gegenwehr/ wie ein gebundnes Schwein. Uber neuntausend Menschen/ so von Preßburg/ Altenburg/ Wien/ und aus der umligenden Landschafft/ in den Wiener-Wald geflohen waren/ mit Weib und Kind/ seynd/ von den Türken/ ereilt/ angefallen / gespisst/ erwürgt und zerhackt worden. Ortelius: Den 14. Octobr. wolte der Feind noch nicht ablassen; sondern machte/ um 8. Uhr / allem Volk in der Stadt einen gewaltigen Lärmen: und kunte doch/ wegen starker Gegenwehr der Unsrigen/ nichts ausrichten. Aber hernach/ um 2. Uhr/ Nachmittags/ (als er vorhin/ wiewol ohne sonderbaren Schaden/ gesprengt) lieff er einen gewaltigen Sturm an; muste aber ebenfalls/ wie vorhin/ mit Spott abweichen: und lieffen solche beyde Stürme ab/ ohne sonderlichen Schaden der Unsern: ausgenommen/ daß etliche Knechte/ mit Flitzpfeilen verwundet worden: derer der Feind viel tausend in die Stadt geschossen/ und Säcklein mit Pulver/ samt einem Zünd-Strick/ daran gehenkt. Hiernechst gedenkt Ortelius deß Türkischen Abzugs/ wozu den Solimann zweyerley bewogen habe: Erstlich der grosse Verlust seines Wolks vor Wien; und zweytens/ die Nachricht / wie Pfaltzgraf Friedrich/ mit einem grossen Volk im Anzuge wäre/ auch allbereits einem Hauffen seiner Türken/ so über Lintz/ gegen Bayern gestreifft/ den Wald verhauen/ und sie alle erschlagen hätte: In Betrachtung dessen habe er endlich/ um eilff Uhr in der Nacht/ den letzten Lärmen fürgenommen/ hierauf sein Lager angezündet/ und mit Grimmigem Zorn seinen Abzug/ vor dem Holtz/ genommen: bey welchem er/ in die hundert tausend armer Christen gefänglich mit sich hinweg geführt/ über die tausend Weiber/ und alte Leute/ niedergesebelt/ die jungen Kinder gespiesset/ und auf die Zäune gesteckt/ und also unmenschlicher Weise getyrannisirt. Nun ist noch übrig/ daß wir endlich auch der Pesoldischen Erzehlung Gehör leihen. Nach Inhalt derselben/ ist/ vor dem 8. Octobris/ kein Sturm geschehen. Welches auch fast zu glauben: sintemal man weiß/ daß gleichfalls/ unter der jüngsten Belägerung dieser Stadt / vielmehr Stürme/ vom Gerücht/ ertichtet/ als verrichtet worden. Derhalben in dieser Beschreibung/ das Tag-Register der Belägerungs-Actionen gar anders läufft/ weder in den vorigen. An dem sechsten und siebenden/ sind zwar blinde Lärmen gemacht; aber keine Stürme erfolgt. Wiewol sonst der Feind dennoch indessen mächtig-scharff geschossen/ und den Herrn Eck von Reischach/ unter andren/ übel solte getroffen haben/ im Fall nicht / obberührter Gestalt/ sein guter Brust-Harnisch den Gewalt gebrochen/ und ihn unversehrt behalten hätte. Sonderlich hat sich der Feind/ am sechsten/ gleich nach der flüchtigen Wiederkehr unserer ausgefallenen Teutschen Regimenter/ um den Mittag/ sehr geschäfftig bezeigt/ mit Zusamm- und Herzuführung vieles Holtzes/ Gereises/ und vieler Wein-Reben: wodurch die inder Stadt in

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/177>, abgerufen am 10.05.2024.