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Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

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über 800. Zimmer gestanden / mit grossem Schaden/ und Wehklagen deß armen Volks/ durch Feuer aufgeräumt. Solches Brennen hat/ vier Tage/ aneinander gewähret/ bis der Türk persönlich vor die Stadt gekommmen. Wodurch dann vieler wolhabenden Leute Reichthum/ in grosse Armut umgeschmeltzt / auch sonst sehr viel Guts und Proviands/ in der Eile/ mit aufgeflogen. Was das Feuer nicht raffte/ das raubte der freche Landsknecht. Geld und Kleinodien/ so diese arme Vor-Städte aus dem Brand errettet hatten/ rissen diese Greyphen ihnen aus den Händen / und die Seckel vom Halse. Den Wein/ in den Kellern/ machten sie/ unter sich/ Preis / soffen sich toll und voll drein/ trugen einen Theil davon/ und liessen das Ubrige in den Keller lauffen/ also/ daß man/ bis an die Knorren/ in dem herrlichsten Wein/ watete. Wolte sich der Hausherr widersetzen; so zerschlugen sie ihn gar übel. Es war auch/ in etlichen Kirchen/ in der Königlichen Burg/ in der Stadt/ und fast in allen Häusern / nichts sicher. Summa; es ging zu/ als hätte man keine Freunde/ sondern Feinde/ und feindliche Beute/ vor sich. Wie dann ein wehrloses Gut/ und unbewehrter Reichthum/ zu Kriegs-Zeiten/ gemeiniglich/ von mutwilligen Soldaten/ für ihr Accident/ und beschehrtes Glück/ geachtet wird.

Unterdessen erscheinen/ am 22. Septembr. wiederum frische Truppen vom Feinde/ und stiessen/ nach und nach immer noch andre dazu/ so lange/ bis die völlige Macht zugegen war. Sie setzten je länger je öffter/ und hefftiger/ auf die annoch draussen stehende Christliche Partheyen an: die sich/ drey Tage nacheinander/ ihrer ritterlich erwehrten / und manchen Türken-Kopf in die Stadt brachten. An diesem 22. September aber/ wollen etliche/ sey eigentlich allererst die Stadt/ zum erstenmal/ berennet worden / Vormittags um 9. Uhr: Welches hingegen andre/ auf den 21 sten/ als vorhergehenden Tag / verlegen. Es kan seyn/ daß/ am 21 sten/ zwar allbereit etliche Truppen erblickt worden / denenselbigen aber/ am folgenden Tage/ viel frische zugemarschirt/ daß die Stadt erst / am 22 sten/ recht können berennet werden.

Diesen/ gedachte man/ einen Willkomm zu geben: Derhalben geschahe (am 23. Sept.) ein Ausfall/ durch das Stuben-Thor/ welches noch nicht verworffen war/ mit fünffhundert Kürissirern Graf Hannsens von Hardeck/ um/ mit den Türken zu scharmitziren. Isthuanfius versetzt diesen Ausfall/ auf den 26. September/ Ortelius und Leunclavius auf den 25 sten: aber die Umstände stimmen dem Pesold bey/ daß es/ am 23 sten/ geschehen.

Wie sie aber mit dem Rennfahnen/ hinaus bey St. Marx/ kamen; begegneten ihnen die Tartarn und Türken so stark/ mit einer Wolken von Pfeilen und Kugeln/ daß sie/ nach einem resolutem Angriff (wiewol andre schreiben/ ohne sonderbaren Angriff) unerwartet deß ihnen nachbeorderten starken Succurses/ von Stund an den Rucken wendeten/ und nach der Stadt eileten. Hiedurch kam auch der Entsatz gäntzlich in Unordnung/ und der gantze Hauffe drüber in die

über 800. Zimmer gestanden / mit grossem Schaden/ und Wehklagen deß armen Volks/ durch Feuer aufgeräumt. Solches Brennen hat/ vier Tage/ aneinander gewähret/ bis der Türk persönlich vor die Stadt gekommmen. Wodurch dann vieler wolhabenden Leute Reichthum/ in grosse Armut umgeschmeltzt / auch sonst sehr viel Guts und Proviands/ in der Eile/ mit aufgeflogen. Was das Feuer nicht raffte/ das raubte der freche Landsknecht. Geld und Kleinodien/ so diese arme Vor-Städte aus dem Brand errettet hatten/ rissen diese Greyphen ihnen aus den Händen / und die Seckel vom Halse. Den Wein/ in den Kellern/ machten sie/ unter sich/ Preis / soffen sich toll und voll drein/ trugen einen Theil davon/ und liessen das Ubrige in den Keller lauffen/ also/ daß man/ bis an die Knorren/ in dem herrlichsten Wein/ watete. Wolte sich der Hausherr widersetzen; so zerschlugen sie ihn gar übel. Es war auch/ in etlichen Kirchen/ in der Königlichen Burg/ in der Stadt/ und fast in allen Häusern / nichts sicher. Summa; es ging zu/ als hätte man keine Freunde/ sondern Feinde/ und feindliche Beute/ vor sich. Wie dann ein wehrloses Gut/ und unbewehrter Reichthum/ zu Kriegs-Zeiten/ gemeiniglich/ von mutwilligen Soldaten/ für ihr Accident/ und beschehrtes Glück/ geachtet wird.

Unterdessen erscheinen/ am 22. Septembr. wiederum frische Truppen vom Feinde/ und stiessen/ nach und nach immer noch andre dazu/ so lange/ bis die völlige Macht zugegen war. Sie setzten je länger je öffter/ und hefftiger/ auf die annoch draussen stehende Christliche Partheyen an: die sich/ drey Tage nacheinander/ ihrer ritterlich erwehrten / und manchen Türken-Kopf in die Stadt brachten. An diesem 22. September aber/ wollen etliche/ sey eigentlich allererst die Stadt/ zum erstenmal/ berennet worden / Vormittags um 9. Uhr: Welches hingegen andre/ auf den 21 sten/ als vorhergehenden Tag / verlegen. Es kan seyn/ daß/ am 21 sten/ zwar allbereit etliche Truppen erblickt worden / denenselbigen aber/ am folgenden Tage/ viel frische zugemarschirt/ daß die Stadt erst / am 22 sten/ recht können berennet werden.

Diesen/ gedachte man/ einen Willkomm zu geben: Derhalben geschahe (am 23. Sept.) ein Ausfall/ durch das Stuben-Thor/ welches noch nicht verworffen war/ mit fünffhundert Kürissirern Graf Hannsens von Hardeck/ um/ mit den Türken zu scharmitziren. Isthuanfius versetzt diesen Ausfall/ auf den 26. September/ Ortelius und Leunclavius auf den 25 sten: aber die Umstände stimmen dem Pesold bey/ daß es/ am 23 sten/ geschehen.

Wie sie aber mit dem Rennfahnen/ hinaus bey St. Marx/ kamen; begegneten ihnen die Tartarn und Türken so stark/ mit einer Wolken von Pfeilen und Kugeln/ daß sie/ nach einem resolutem Angriff (wiewol andre schreiben/ ohne sonderbaren Angriff) unerwartet deß ihnen nachbeorderten starken Succurses/ von Stund an den Rucken wendeten/ und nach der Stadt eileten. Hiedurch kam auch der Entsatz gäntzlich in Unordnung/ und der gantze Hauffe drüber in die

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        <p>Diesen/ gedachte man/ einen Willkomm zu geben: Derhalben geschahe (am 23. Sept.) ein            Ausfall/ durch das Stuben-Thor/ welches noch nicht verworffen war/ mit fünffhundert            Kürissirern Graf Hannsens von Hardeck/ um/ mit den Türken zu scharmitziren. Isthuanfius            versetzt diesen Ausfall/ auf den 26. September/ Ortelius und Leunclavius auf den 25            sten: aber die Umstände stimmen dem Pesold bey/ daß es/ am 23 sten/ geschehen.</p>
        <p>Wie sie aber mit dem Rennfahnen/ hinaus bey St. Marx/ kamen; begegneten ihnen die            Tartarn und Türken so stark/ mit einer Wolken von Pfeilen und Kugeln/ daß sie/ nach            einem resolutem Angriff (wiewol andre schreiben/ ohne sonderbaren Angriff) unerwartet deß            ihnen nachbeorderten starken Succurses/ von Stund an den Rucken wendeten/ und nach der            Stadt eileten. Hiedurch kam auch der Entsatz gäntzlich in Unordnung/ und der gantze            Hauffe drüber in die
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[124/0132] über 800. Zimmer gestanden / mit grossem Schaden/ und Wehklagen deß armen Volks/ durch Feuer aufgeräumt. Solches Brennen hat/ vier Tage/ aneinander gewähret/ bis der Türk persönlich vor die Stadt gekommmen. Wodurch dann vieler wolhabenden Leute Reichthum/ in grosse Armut umgeschmeltzt / auch sonst sehr viel Guts und Proviands/ in der Eile/ mit aufgeflogen. Was das Feuer nicht raffte/ das raubte der freche Landsknecht. Geld und Kleinodien/ so diese arme Vor-Städte aus dem Brand errettet hatten/ rissen diese Greyphen ihnen aus den Händen / und die Seckel vom Halse. Den Wein/ in den Kellern/ machten sie/ unter sich/ Preis / soffen sich toll und voll drein/ trugen einen Theil davon/ und liessen das Ubrige in den Keller lauffen/ also/ daß man/ bis an die Knorren/ in dem herrlichsten Wein/ watete. Wolte sich der Hausherr widersetzen; so zerschlugen sie ihn gar übel. Es war auch/ in etlichen Kirchen/ in der Königlichen Burg/ in der Stadt/ und fast in allen Häusern / nichts sicher. Summa; es ging zu/ als hätte man keine Freunde/ sondern Feinde/ und feindliche Beute/ vor sich. Wie dann ein wehrloses Gut/ und unbewehrter Reichthum/ zu Kriegs-Zeiten/ gemeiniglich/ von mutwilligen Soldaten/ für ihr Accident/ und beschehrtes Glück/ geachtet wird. Unterdessen erscheinen/ am 22. Septembr. wiederum frische Truppen vom Feinde/ und stiessen/ nach und nach immer noch andre dazu/ so lange/ bis die völlige Macht zugegen war. Sie setzten je länger je öffter/ und hefftiger/ auf die annoch draussen stehende Christliche Partheyen an: die sich/ drey Tage nacheinander/ ihrer ritterlich erwehrten / und manchen Türken-Kopf in die Stadt brachten. An diesem 22. September aber/ wollen etliche/ sey eigentlich allererst die Stadt/ zum erstenmal/ berennet worden / Vormittags um 9. Uhr: Welches hingegen andre/ auf den 21 sten/ als vorhergehenden Tag / verlegen. Es kan seyn/ daß/ am 21 sten/ zwar allbereit etliche Truppen erblickt worden / denenselbigen aber/ am folgenden Tage/ viel frische zugemarschirt/ daß die Stadt erst / am 22 sten/ recht können berennet werden. Diesen/ gedachte man/ einen Willkomm zu geben: Derhalben geschahe (am 23. Sept.) ein Ausfall/ durch das Stuben-Thor/ welches noch nicht verworffen war/ mit fünffhundert Kürissirern Graf Hannsens von Hardeck/ um/ mit den Türken zu scharmitziren. Isthuanfius versetzt diesen Ausfall/ auf den 26. September/ Ortelius und Leunclavius auf den 25 sten: aber die Umstände stimmen dem Pesold bey/ daß es/ am 23 sten/ geschehen. Wie sie aber mit dem Rennfahnen/ hinaus bey St. Marx/ kamen; begegneten ihnen die Tartarn und Türken so stark/ mit einer Wolken von Pfeilen und Kugeln/ daß sie/ nach einem resolutem Angriff (wiewol andre schreiben/ ohne sonderbaren Angriff) unerwartet deß ihnen nachbeorderten starken Succurses/ von Stund an den Rucken wendeten/ und nach der Stadt eileten. Hiedurch kam auch der Entsatz gäntzlich in Unordnung/ und der gantze Hauffe drüber in die

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/132>, abgerufen am 13.05.2024.