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Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

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ihnen begegnete/ ward von diesen grausamen Menschen-Schnittern/ Garben-Weise/ weggehauen: damit sie ihrem grossen Nachfolger/ als dem Haupt solcher Grausamkeit/ durch diesen Schrecken/ eine gute Vorbereitung machen könnten/ zu desto besserer Bezwingung der Stadt Wien.

Weil ihm aber der Tyrann leicht einbildete/ auch allbereit einige Nachricht davon hatte / daß/ im Reich/ und in Ober-Oesterreich/ hie und da die Truppen zusammen gezogen würden: beorderte er den Bassa Cassan/ mit viel tausenden/ voraus: welche in die 18. (andre setzen nur 10.) Meilwegs die Donau hinaus gestreifft/ und gleichfalls die Steyer durchgewütet/ überal das Feld zur Wüsteneygemacht/ und in so klägliche Gestalt versetzt/ als ob es so viel taufend höllisch-befackelten Furien Preiß gegeben wäre. Unglaublich-viel Volks muste dabey sein Leben/ oder seine Freyheit/ lassen/ und in den Tod eines freyen Standes/ das ist/ indie sclavische Leibeigenschafft/ wandern. Der-Mahler soll noch geboren werden/ der das Seuffzen der Sterbenden/ das Winseln und Schreyen der Kinder und Säuglinge/ die ihrer Mutter/ an den Brüsten/ oder zwischen den Armen/ erwürgt worden/ imgleichen das Weheklagen der Schwangern/ oder andrer Frauen / und Jungfrauen/ welche/ nach geraubter Ehre/ ihrem lieben Vatterlande einen bethrenten Ruck-Blick/ zum Valet/ gegeben/ imgleichen die/ an ihren tödtlichen Wunden verzapplende/ Graubärte/ und Unbärtige/ so kläglich abbilden mögte/ wie es an ihm selbsten anzuschauen gewest. Und wer will diesen Jammer doch in einige Gleichheit bringen / daß so unzehlich-viel Knaben und Mägdlein dem Mahometischem Moloch gleichsam aufgeopffert/ will sagen/ der Seelen nach/ geschlachtet worden/ indem man solche weggeführte hernach/ in dem falschen und verdammlichen Irrsal deß Mahomets/ aufferzogen? Mit den Weibsbildern seynd sie insonderheit erschreck- und unmenschlich umgesprungen: indem sie dieselben nicht nur geschändet/ und viele mit in die Dienstbarkeit geschleppt; sondern auch manchen Hochschwangern die Kinder aus dem Leibe gerissen/ zur Erden geworffen/ wider die Mauren geschlagen/ und zerschmettert/ oder auf die Lanzen gesteckt / und wie Vögel gespisset. Wiewol der General/ oder Bassa/ über diese Würg-Engel und Christen-Mörder/ endlich/ über zwey Jahre hernach/ von den Teutschen/ gänzlich geruinirt worden; als unten weiter wird berichtet werden. Jovius schreibt/ dieser grosser Schwarm sey gleich/ nachdem Altenburg übergangen/ gegen Fünffkirchen zu/ auf Raub / Blutstürz- und Verwüstung/ ausgesendet worden/ und habe gar bis an Lintz gestreifft. Welches dann nicht schwer zu glauben; weil auch/ unter dieser letztern Belägererung/ die Tartarn nicht weit davon geblieben.

Unterdessen diese Raub-Vögel so manches Christliches Täublein stiessen und zerrissen; zielte der Sultan/ mit der Haupt-Macht/ gerad auf das Herz von Oesterreich/ auf die Stadt Wien/ zu: davor/ am Tage Matthäi (war der 21. September) um 9. Uhr Vormittags / die erste Vor-Truppen/ nemlich zweytausend Reuter/ von Türken/ Tartarn/ und Husarn / erschienen. Denen hernach

ihnen begegnete/ ward von diesen grausamen Menschen-Schnittern/ Garben-Weise/ weggehauen: damit sie ihrem grossen Nachfolger/ als dem Haupt solcher Grausamkeit/ durch diesen Schrecken/ eine gute Vorbereitung machen könnten/ zu desto besserer Bezwingung der Stadt Wien.

Weil ihm aber der Tyrann leicht einbildete/ auch allbereit einige Nachricht davon hatte / daß/ im Reich/ und in Ober-Oesterreich/ hie und da die Truppen zusam̃en gezogen würden: beorderte er den Bassa Cassan/ mit viel tausenden/ voraus: welche in die 18. (andre setzen nur 10.) Meilwegs die Donau hinaus gestreifft/ und gleichfalls die Steyer durchgewütet/ überal das Feld zur Wüsteneygemacht/ und in so klägliche Gestalt versetzt/ als ob es so viel taufend höllisch-befackelten Furien Preiß gegeben wäre. Unglaublich-viel Volks muste dabey sein Leben/ oder seine Freyheit/ lassen/ und in den Tod eines freyen Standes/ das ist/ indie sclavische Leibeigenschafft/ wandern. Der-Mahler soll noch geboren werden/ der das Seuffzen der Sterbenden/ das Winseln und Schreyen der Kinder und Säuglinge/ die ihrer Mutter/ an den Brüsten/ oder zwischen den Armen/ erwürgt worden/ imgleichen das Weheklagen der Schwangern/ oder andrer Frauen / und Jungfrauen/ welche/ nach geraubter Ehre/ ihrem lieben Vatterlande einen bethrenten Ruck-Blick/ zum Valet/ gegeben/ imgleichen die/ an ihren tödtlichen Wunden verzapplende/ Graubärte/ und Unbärtige/ so kläglich abbilden mögte/ wie es an ihm selbsten anzuschauen gewest. Und wer will diesen Jammer doch in einige Gleichheit bringen / daß so unzehlich-viel Knaben und Mägdlein dem Mahometischem Moloch gleichsam aufgeopffert/ will sagen/ der Seelen nach/ geschlachtet worden/ indem man solche weggeführte hernach/ in dem falschen und verdammlichen Irrsal deß Mahomets/ aufferzogen? Mit den Weibsbildern seynd sie insonderheit erschreck- und unmenschlich umgesprungen: indem sie dieselben nicht nur geschändet/ und viele mit in die Dienstbarkeit geschleppt; sondern auch manchen Hochschwangern die Kinder aus dem Leibe gerissen/ zur Erden geworffen/ wider die Mauren geschlagen/ und zerschmettert/ oder auf die Lanzen gesteckt / und wie Vögel gespisset. Wiewol der General/ oder Bassa/ über diese Würg-Engel und Christen-Mörder/ endlich/ über zwey Jahre hernach/ von den Teutschen/ gänzlich geruinirt worden; als unten weiter wird berichtet werden. Jovius schreibt/ dieser grosser Schwarm sey gleich/ nachdem Altenburg übergangen/ gegen Fünffkirchen zu/ auf Raub / Blutstürz- und Verwüstung/ ausgesendet worden/ und habe gar bis an Lintz gestreifft. Welches dann nicht schwer zu glauben; weil auch/ unter dieser letztern Belägererung/ die Tartarn nicht weit davon geblieben.

Unterdessen diese Raub-Vögel so manches Christliches Täublein stiessen und zerrissen; zielte der Sultan/ mit der Haupt-Macht/ gerad auf das Herz von Oesterreich/ auf die Stadt Wien/ zu: davor/ am Tage Matthäi (war der 21. September) um 9. Uhr Vormittags / die erste Vor-Truppen/ nemlich zweytausend Reuter/ von Türken/ Tartarn/ und Husarn / erschienen. Denen hernach

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        <p>Unterdessen diese Raub-Vögel so manches Christliches Täublein stiessen und zerrissen;            zielte der Sultan/ mit der Haupt-Macht/ gerad auf das Herz von Oesterreich/ auf die            Stadt Wien/ zu: davor/ am Tage Matthäi (war der 21. September) um 9. Uhr Vormittags /            die erste Vor-Truppen/ nemlich zweytausend Reuter/ von Türken/ Tartarn/ und Husarn /            erschienen. Denen hernach
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[107/0115] ihnen begegnete/ ward von diesen grausamen Menschen-Schnittern/ Garben-Weise/ weggehauen: damit sie ihrem grossen Nachfolger/ als dem Haupt solcher Grausamkeit/ durch diesen Schrecken/ eine gute Vorbereitung machen könnten/ zu desto besserer Bezwingung der Stadt Wien. Weil ihm aber der Tyrann leicht einbildete/ auch allbereit einige Nachricht davon hatte / daß/ im Reich/ und in Ober-Oesterreich/ hie und da die Truppen zusam̃en gezogen würden: beorderte er den Bassa Cassan/ mit viel tausenden/ voraus: welche in die 18. (andre setzen nur 10.) Meilwegs die Donau hinaus gestreifft/ und gleichfalls die Steyer durchgewütet/ überal das Feld zur Wüsteneygemacht/ und in so klägliche Gestalt versetzt/ als ob es so viel taufend höllisch-befackelten Furien Preiß gegeben wäre. Unglaublich-viel Volks muste dabey sein Leben/ oder seine Freyheit/ lassen/ und in den Tod eines freyen Standes/ das ist/ indie sclavische Leibeigenschafft/ wandern. Der-Mahler soll noch geboren werden/ der das Seuffzen der Sterbenden/ das Winseln und Schreyen der Kinder und Säuglinge/ die ihrer Mutter/ an den Brüsten/ oder zwischen den Armen/ erwürgt worden/ imgleichen das Weheklagen der Schwangern/ oder andrer Frauen / und Jungfrauen/ welche/ nach geraubter Ehre/ ihrem lieben Vatterlande einen bethrenten Ruck-Blick/ zum Valet/ gegeben/ imgleichen die/ an ihren tödtlichen Wunden verzapplende/ Graubärte/ und Unbärtige/ so kläglich abbilden mögte/ wie es an ihm selbsten anzuschauen gewest. Und wer will diesen Jammer doch in einige Gleichheit bringen / daß so unzehlich-viel Knaben und Mägdlein dem Mahometischem Moloch gleichsam aufgeopffert/ will sagen/ der Seelen nach/ geschlachtet worden/ indem man solche weggeführte hernach/ in dem falschen und verdammlichen Irrsal deß Mahomets/ aufferzogen? Mit den Weibsbildern seynd sie insonderheit erschreck- und unmenschlich umgesprungen: indem sie dieselben nicht nur geschändet/ und viele mit in die Dienstbarkeit geschleppt; sondern auch manchen Hochschwangern die Kinder aus dem Leibe gerissen/ zur Erden geworffen/ wider die Mauren geschlagen/ und zerschmettert/ oder auf die Lanzen gesteckt / und wie Vögel gespisset. Wiewol der General/ oder Bassa/ über diese Würg-Engel und Christen-Mörder/ endlich/ über zwey Jahre hernach/ von den Teutschen/ gänzlich geruinirt worden; als unten weiter wird berichtet werden. Jovius schreibt/ dieser grosser Schwarm sey gleich/ nachdem Altenburg übergangen/ gegen Fünffkirchen zu/ auf Raub / Blutstürz- und Verwüstung/ ausgesendet worden/ und habe gar bis an Lintz gestreifft. Welches dann nicht schwer zu glauben; weil auch/ unter dieser letztern Belägererung/ die Tartarn nicht weit davon geblieben. Unterdessen diese Raub-Vögel so manches Christliches Täublein stiessen und zerrissen; zielte der Sultan/ mit der Haupt-Macht/ gerad auf das Herz von Oesterreich/ auf die Stadt Wien/ zu: davor/ am Tage Matthäi (war der 21. September) um 9. Uhr Vormittags / die erste Vor-Truppen/ nemlich zweytausend Reuter/ von Türken/ Tartarn/ und Husarn / erschienen. Denen hernach

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/115>, abgerufen am 24.11.2024.