Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.den Feuerwerken deß Feindes/ nichts bessers ein. Zeucht dann endlich dieser würklich heran/ und belagert sie; so müssen sie alsdann am allermeisten erst empfinden/ daß sie ein Umfang und umzäunter Kreis aller menschlicher Calamitäten / hingegen die Leute auf dem Lande nun in viel erträglicherm Zustande seyen/ weil sie der Tyranney deß Erb-Feindes/ nach vorher erschollenem Anzuge desselben/ entrinnen/ oder / dafern ein Feind von Christlicher Nation das Land über zeucht/ weiter nichts/ als beschwerliche Einquartirung/ und bisweilen auch die Plünderung/ welche doch gleichwol denen/ die ihr Bestes in Sicherheit gebracht haben/ nicht alles nehmen kan/ ausstehen dörffen/ manches mal auch wol/ durch Salvaguarde/ davon befreyet bleiben: ausbenommen / wann heutiges Tages die redliche Franzosen das Land besuchen/ derer unerhörte Grausamkeit / eine Zeit hero/ in Ruinirung der Felder und Dörffer/ von keinen Barbern sich übertreffen lässt/ und zu einer sonderbaren Geissel deß erzörnten GOttes bestimmet ist. Gegentheils darff das Land sich nicht canoniren/ bombardiren/ noch einsperren/ und alle Augenblicke/ durch die spielende Feuer-Mörsner/ zu einer Todes-Furcht verbinden lassen. Der verjagte und ruinirte Landmann bringet doch sein Leben zur Beute davon/ samt der Hoffnung/ dermaleines/ von seinen Feldern/ die ihm nicht weglauffen/ sich zu erholen/ und seine Nahrung wieder aufzurichten. Der Stadt-Mann muß bey einander aushalten / seine Ringmauren haben ihm alle Freyheit eingemauert: sein Kopff bleibt täglich dem Unglück der einschlagenden Granaten/ und eingeworffenen Feuerballen unterworffen; sein Haus der Anzündung. Er wird nicht nur/ mit dem Kriegs-sondern auch Hungers-Schwerdt / geschrecket/ Tag und Nacht/ mit Lärmen und Wachen/ verunruhiget; dazu mit stündlicher Angst gequälet/ so die Stadt vielleicht durch Gewalt übergienge/ daß er/ in der Hitze / erwürget/ sein Weib/ samt den Töchtern/ geschändet werden dörffte. So viel Stücke wider die Stadt los gehen/ so viel Donnerschläge scheinen ihm solchen Jammer/ mit brüllender Stimme/ anzudräuen. Weßwegen/ bey solcher Zeit/ die meisten wünschen/ sie stünden mitten im Walde/ und nicht in solcher Einsperrung oder versperrtem Angst- und Schrecken-Kreis. Diesem nach können/ bey solcher Beschaffenheit/ nemlich unter einer Belägerung/ die Städte insonderheit ein Begriff/ oder Umfang/ und Noth-Stall/ aller menschlichen Unglücks-Fälle genannt werden. Dann da regiren alsdann Schwert/ Feuer/ Theurung/ auch wol vielmals allerley Seuchen/ als Ruhr und Pestilenz: da werden ihre Ohren und Augen nicht allein durch das Krachen deß Geschützes/ und Hinfallen der Erschossenen; sondern auch durch das Geschrey/ und durch die Threnen ihrer verschmachtenden Kinder / beschmerzt. Und gesetzt das/ in die Rappuse gehende/ Land müsse nichts leidlichers ertragen: so hat es doch derer/ welche unter einer solchen Angst-Presse stecken/ so viel nicht/ auf einem Hauffen/ beyeinander/ als wie die belagerte Stadt. Ja man kan auch eben darum noch so viel mehr die vesten Städte humanarum cladium consepta, Behal- den Feuerwerken deß Feindes/ nichts bessers ein. Zeucht dann endlich dieser würklich heran/ und belagert sie; so müssen sie alsdann am allermeisten erst empfinden/ daß sie ein Umfang und umzäunter Kreis aller menschlicher Calamitäten / hingegen die Leute auf dem Lande nun in viel erträglicherm Zustande seyen/ weil sie der Tyranney deß Erb-Feindes/ nach vorher erschollenem Anzuge desselben/ entrinnen/ oder / dafern ein Feind von Christlicher Nation das Land über zeucht/ weiter nichts/ als beschwerliche Einquartirung/ und bisweilen auch die Plünderung/ welche doch gleichwol denen/ die ihr Bestes in Sicherheit gebracht haben/ nicht alles nehmen kan/ ausstehen dörffen/ manches mal auch wol/ durch Salvaguarde/ davon befreyet bleiben: ausbenommen / wann heutiges Tages die redliche Franzosen das Land besuchen/ derer unerhörte Grausamkeit / eine Zeit hero/ in Ruinirung der Felder und Dörffer/ von keinen Barbern sich übertreffen lässt/ und zu einer sonderbaren Geissel deß erzörnten GOttes bestimmet ist. Gegentheils darff das Land sich nicht canoniren/ bombardiren/ noch einsperren/ und alle Augenblicke/ durch die spielende Feuer-Mörsner/ zu einer Todes-Furcht verbinden lassen. Der verjagte und ruinirte Landmann bringet doch sein Leben zur Beute davon/ samt der Hoffnung/ dermaleines/ von seinen Feldern/ die ihm nicht weglauffen/ sich zu erholen/ und seine Nahrung wieder aufzurichten. Der Stadt-Mann muß bey einander aushalten / seine Ringmauren haben ihm alle Freyheit eingemauert: sein Kopff bleibt täglich dem Unglück der einschlagenden Granaten/ und eingeworffenen Feuerballen unterworffen; sein Haus der Anzündung. Er wird nicht nur/ mit dem Kriegs-sondern auch Hungers-Schwerdt / geschrecket/ Tag und Nacht/ mit Lärmen und Wachen/ verunruhiget; dazu mit stündlicher Angst gequälet/ so die Stadt vielleicht durch Gewalt übergienge/ daß er/ in der Hitze / erwürget/ sein Weib/ samt den Töchtern/ geschändet werden dörffte. So viel Stücke wider die Stadt los gehen/ so viel Donnerschläge scheinen ihm solchen Jammer/ mit brüllender Stimme/ anzudräuen. Weßwegen/ bey solcher Zeit/ die meisten wünschen/ sie stünden mitten im Walde/ und nicht in solcher Einsperrung oder versperrtem Angst- und Schrecken-Kreis. Diesem nach können/ bey solcher Beschaffenheit/ nemlich unter einer Belägerung/ die Städte insonderheit ein Begriff/ oder Umfang/ und Noth-Stall/ aller menschlichen Unglücks-Fälle genannt werden. Dann da regiren alsdann Schwert/ Feuer/ Theurung/ auch wol vielmals allerley Seuchen/ als Ruhr und Pestilenz: da werden ihre Ohren und Augen nicht allein durch das Krachen deß Geschützes/ und Hinfallen der Erschossenen; sondern auch durch das Geschrey/ und durch die Threnen ihrer verschmachtenden Kinder / beschmerzt. Und gesetzt das/ in die Rappuse gehende/ Land müsse nichts leidlichers ertragen: so hat es doch derer/ welche unter einer solchen Angst-Presse stecken/ so viel nicht/ auf einem Hauffen/ beyeinander/ als wie die belagerte Stadt. Ja man kan auch eben darum noch so viel mehr die vesten Städte humanarum cladium consepta, Behal- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0011" n="3"/> den Feuerwerken deß Feindes/ nichts bessers ein. Zeucht dann endlich dieser würklich heran/ und belagert sie; so müssen sie alsdann am allermeisten erst empfinden/ daß sie ein Umfang und umzäunter Kreis aller menschlicher Calamitäten / hingegen die Leute auf dem Lande nun in viel erträglicherm Zustande seyen/ weil sie der Tyranney deß Erb-Feindes/ nach vorher erschollenem Anzuge desselben/ entrinnen/ oder / dafern ein Feind von Christlicher Nation das Land über zeucht/ weiter nichts/ als beschwerliche Einquartirung/ und bisweilen auch die Plünderung/ welche doch gleichwol denen/ die ihr Bestes in Sicherheit gebracht haben/ nicht alles nehmen kan/ ausstehen dörffen/ manches mal auch wol/ durch Salvaguarde/ davon befreyet bleiben: ausbenommen / wann heutiges Tages die redliche Franzosen das Land besuchen/ derer unerhörte Grausamkeit / eine Zeit hero/ in Ruinirung der Felder und Dörffer/ von keinen Barbern sich übertreffen lässt/ und zu einer sonderbaren Geissel deß erzörnten GOttes bestimmet ist.</p> <p>Gegentheils darff das Land sich nicht canoniren/ bombardiren/ noch einsperren/ und alle Augenblicke/ durch die spielende Feuer-Mörsner/ zu einer Todes-Furcht verbinden lassen. Der verjagte und ruinirte Landmann bringet doch sein Leben zur Beute davon/ samt der Hoffnung/ dermaleines/ von seinen Feldern/ die ihm nicht weglauffen/ sich zu erholen/ und seine Nahrung wieder aufzurichten. Der Stadt-Mann muß bey einander aushalten / seine Ringmauren haben ihm alle Freyheit eingemauert: sein Kopff bleibt täglich dem Unglück der einschlagenden Granaten/ und eingeworffenen Feuerballen unterworffen; sein Haus der Anzündung. Er wird nicht nur/ mit dem Kriegs-sondern auch Hungers-Schwerdt / geschrecket/ Tag und Nacht/ mit Lärmen und Wachen/ verunruhiget; dazu mit stündlicher Angst gequälet/ so die Stadt vielleicht durch Gewalt übergienge/ daß er/ in der Hitze / erwürget/ sein Weib/ samt den Töchtern/ geschändet werden dörffte. So viel Stücke wider die Stadt los gehen/ so viel Donnerschläge scheinen ihm solchen Jammer/ mit brüllender Stimme/ anzudräuen. Weßwegen/ bey solcher Zeit/ die meisten wünschen/ sie stünden mitten im Walde/ und nicht in solcher Einsperrung oder versperrtem Angst- und Schrecken-Kreis.</p> <p>Diesem nach können/ bey solcher Beschaffenheit/ nemlich unter einer Belägerung/ die Städte insonderheit ein Begriff/ oder Umfang/ und Noth-Stall/ aller menschlichen Unglücks-Fälle genannt werden. Dann da regiren alsdann Schwert/ Feuer/ Theurung/ auch wol vielmals allerley Seuchen/ als Ruhr und Pestilenz: da werden ihre Ohren und Augen nicht allein durch das Krachen deß Geschützes/ und Hinfallen der Erschossenen; sondern auch durch das Geschrey/ und durch die Threnen ihrer verschmachtenden Kinder / beschmerzt. Und gesetzt das/ in die Rappuse gehende/ Land müsse nichts leidlichers ertragen: so hat es doch derer/ welche unter einer solchen Angst-Presse stecken/ so viel nicht/ auf einem Hauffen/ beyeinander/ als wie die belagerte Stadt. Ja man kan auch eben darum noch so viel mehr die vesten Städte humanarum cladium consepta, Behal- </p> </div> </body> </text> </TEI> [3/0011]
den Feuerwerken deß Feindes/ nichts bessers ein. Zeucht dann endlich dieser würklich heran/ und belagert sie; so müssen sie alsdann am allermeisten erst empfinden/ daß sie ein Umfang und umzäunter Kreis aller menschlicher Calamitäten / hingegen die Leute auf dem Lande nun in viel erträglicherm Zustande seyen/ weil sie der Tyranney deß Erb-Feindes/ nach vorher erschollenem Anzuge desselben/ entrinnen/ oder / dafern ein Feind von Christlicher Nation das Land über zeucht/ weiter nichts/ als beschwerliche Einquartirung/ und bisweilen auch die Plünderung/ welche doch gleichwol denen/ die ihr Bestes in Sicherheit gebracht haben/ nicht alles nehmen kan/ ausstehen dörffen/ manches mal auch wol/ durch Salvaguarde/ davon befreyet bleiben: ausbenommen / wann heutiges Tages die redliche Franzosen das Land besuchen/ derer unerhörte Grausamkeit / eine Zeit hero/ in Ruinirung der Felder und Dörffer/ von keinen Barbern sich übertreffen lässt/ und zu einer sonderbaren Geissel deß erzörnten GOttes bestimmet ist.
Gegentheils darff das Land sich nicht canoniren/ bombardiren/ noch einsperren/ und alle Augenblicke/ durch die spielende Feuer-Mörsner/ zu einer Todes-Furcht verbinden lassen. Der verjagte und ruinirte Landmann bringet doch sein Leben zur Beute davon/ samt der Hoffnung/ dermaleines/ von seinen Feldern/ die ihm nicht weglauffen/ sich zu erholen/ und seine Nahrung wieder aufzurichten. Der Stadt-Mann muß bey einander aushalten / seine Ringmauren haben ihm alle Freyheit eingemauert: sein Kopff bleibt täglich dem Unglück der einschlagenden Granaten/ und eingeworffenen Feuerballen unterworffen; sein Haus der Anzündung. Er wird nicht nur/ mit dem Kriegs-sondern auch Hungers-Schwerdt / geschrecket/ Tag und Nacht/ mit Lärmen und Wachen/ verunruhiget; dazu mit stündlicher Angst gequälet/ so die Stadt vielleicht durch Gewalt übergienge/ daß er/ in der Hitze / erwürget/ sein Weib/ samt den Töchtern/ geschändet werden dörffte. So viel Stücke wider die Stadt los gehen/ so viel Donnerschläge scheinen ihm solchen Jammer/ mit brüllender Stimme/ anzudräuen. Weßwegen/ bey solcher Zeit/ die meisten wünschen/ sie stünden mitten im Walde/ und nicht in solcher Einsperrung oder versperrtem Angst- und Schrecken-Kreis.
Diesem nach können/ bey solcher Beschaffenheit/ nemlich unter einer Belägerung/ die Städte insonderheit ein Begriff/ oder Umfang/ und Noth-Stall/ aller menschlichen Unglücks-Fälle genannt werden. Dann da regiren alsdann Schwert/ Feuer/ Theurung/ auch wol vielmals allerley Seuchen/ als Ruhr und Pestilenz: da werden ihre Ohren und Augen nicht allein durch das Krachen deß Geschützes/ und Hinfallen der Erschossenen; sondern auch durch das Geschrey/ und durch die Threnen ihrer verschmachtenden Kinder / beschmerzt. Und gesetzt das/ in die Rappuse gehende/ Land müsse nichts leidlichers ertragen: so hat es doch derer/ welche unter einer solchen Angst-Presse stecken/ so viel nicht/ auf einem Hauffen/ beyeinander/ als wie die belagerte Stadt. Ja man kan auch eben darum noch so viel mehr die vesten Städte humanarum cladium consepta, Behal-
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/11>, abgerufen am 16.07.2024. |