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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der siebenzehende Discurs/
ihnen vielleicht alle Lust/ die Sache miteinander auszutragen/ verblichen.
Die Begier/ von den Brenn-Spiegeln etwas zu hören/ hat mich zu
weit hinaus/ und fast über die Schrancken der Wolständigkeit in Sprach-
wechslungen/ geführt: bitte derhalben um Verzeihung/ und daß der
Herr Goldstern diesen meinen Jrrthum nicht allein/ mit höflicher Ge-
dult/ übersehen/ sondern auch uns die Fortsetzung seines/ hiedurch in
etwas gehemmeten/ Discurses freundlich gönnen wolle.

Goldstern. Jch bin dem Herrn zu keiner Verzeihung/ sondern
zur Dancksagung/ verpflichtet. Denn das Ohr macht mich allezeit
reicher an Verstande weder die Zunge. Durch Reden/ entblösse ich mei-
ne Einfalt: durch Schweigen/ bleibt sie bedeckt. Zu dem hat mir der Herr/
mit seinen eingeschalteten Spiegel-Fragen/ keinen Schaden/ sondern
Vortheil und Förderniß/ zu meinem Zweck/ gethan: angesehen/ das
Feuer der Sonnen hierüber uns nicht aus-sondern allererst recht angan-
gen. Denn/mit allen den Brenn-Spiegeln und denen dadurch anzün-
denden Sonnenstralen wird der Satz/ daß die Sonne recht feurig sey/
begläntzet/ der Gegenspruch aber in die Asche gelegt. Anzünden/ und Ver-
brennen/ ist je eine von deß Feuers eigenthümlichsten Eigenschafften.
Jst nun die Sonne feurig/ und mit den Eigenschafften oder Kräfften und
Würckungen deß Feuers/ begabt; massen uns aus allen beschriebenen
Brenn-Spiegeln in die Augen und Vernunfft leuchtet: so muß sie auch
formaliter/ oder natürlich/ und nicht nur/ wie die Peripatetici wollen/
virtualiter, oder durch ungleich-naturirte Würckung/ hitzen und heiß
sein.

Adlerhaupt. Man führet aber gleichwol auch wigtige Beweis-
Mittel dagegen.

Goldstern. Vielleicht möchten dieselbe/ auf einer richtigen Ver-
nunfft-Wage/ leicht genug erfunden werden. Mein Herr sage uns
doch einer etliche davon.

Beweis wi-
der das
Sonnen-
Feuer.
Adlerhaupt Wäre die Sonne Feuer; so könnte sie nicht incorru-
ptibel seyn: wie sie dennoch ist. Denn von Anfang der Schöpffung/ bis
zum Ende der Welt/ leuchten die Gestirne unausleschlich fort/ und neh-
men nicht ab: und kan man keine Zeichen der Verändrung/ oder Corru-
ption an ihnen vermercken.

Goldstern. Dis alles haben wir ja vorlängst schon/ in etlichen
vorigen Discursen/ mit einander abgehandelt/ und überflüssig erwiesen/
es sey kein himmlischer Körper incorruptibel Dabey auch zum Beweis/
die Stern-Ruten/ oder Kometen/ über dem Mond/ wie auch die Dunst-
Kreyse der Planeten/ aus der Experientz/ angeführt worden. So ward

gleich-

Der ſiebenzehende Discurs/
ihnen vielleicht alle Luſt/ die Sache miteinander auszutragen/ verblichen.
Die Begier/ von den Brenn-Spiegeln etwas zu hoͤren/ hat mich zu
weit hinaus/ und faſt uͤber die Schrancken der Wolſtaͤndigkeit in Sprach-
wechslungen/ gefuͤhrt: bitte derhalben um Verzeihung/ und daß der
Herꝛ Goldſtern dieſen meinen Jrrthum nicht allein/ mit hoͤflicher Ge-
dult/ uͤberſehen/ ſondern auch uns die Fortſetzung ſeines/ hiedurch in
etwas gehemmeten/ Discurſes freundlich goͤnnen wolle.

Goldſtern. Jch bin dem Herꝛn zu keiner Verzeihung/ ſondern
zur Danckſagung/ verpflichtet. Denn das Ohr macht mich allezeit
reicher an Verſtande weder die Zunge. Durch Reden/ entbloͤſſe ich mei-
ne Einfalt: durch Schweigen/ bleibt ſie bedeckt. Zu dem hat mir der Herꝛ/
mit ſeinen eingeſchalteten Spiegel-Fragen/ keinen Schaden/ ſondern
Vortheil und Foͤrderniß/ zu meinem Zweck/ gethan: angeſehen/ das
Feuer der Sonnen hieruͤber uns nicht aus-ſondern allererſt recht angan-
gen. Denn/mit allen den Brenn-Spiegeln und denen dadurch anzuͤn-
denden Sonnenſtralen wird der Satz/ daß die Sonne recht feurig ſey/
beglaͤntzet/ der Gegenſpruch aber in die Aſche gelegt. Anzuͤnden/ und Ver-
brennen/ iſt je eine von deß Feuers eigenthuͤmlichſten Eigenſchafften.
Jſt nun die Sonne feurig/ und mit den Eigenſchafften oder Kraͤfften und
Wuͤrckungen deß Feuers/ begabt; maſſen uns aus allen beſchriebenen
Brenn-Spiegeln in die Augen und Vernunfft leuchtet: ſo muß ſie auch
formaliter/ oder natuͤrlich/ und nicht nur/ wie die Peripatetici wollen/
virtualiter, oder durch ungleich-naturirte Wuͤrckung/ hitzen und heiß
ſein.

Adlerhaupt. Man fuͤhret aber gleichwol auch wigtige Beweis-
Mittel dagegen.

Goldſtern. Vielleicht moͤchten dieſelbe/ auf einer richtigen Ver-
nunfft-Wage/ leicht genug erfunden werden. Mein Herꝛ ſage uns
doch einer etliche davon.

Beweis wi-
der das
Sonnen-
Feuer.
Adlerhaupt Waͤre die Sonne Feuer; ſo koͤnnte ſie nicht incorru-
ptibel ſeyn: wie ſie dennoch iſt. Denn von Anfang der Schoͤpffung/ bis
zum Ende der Welt/ leuchten die Geſtirne unausleſchlich fort/ und neh-
men nicht ab: und kan man keine Zeichen der Veraͤndrung/ oder Corru-
ption an ihnen vermercken.

Goldſtern. Dis alles haben wir ja vorlaͤngſt ſchon/ in etlichen
vorigen Discurſen/ mit einander abgehandelt/ und uͤberfluͤſſig erwieſen/
es ſey kein himmliſcher Koͤrper incorruptibel Dabey auch zum Beweis/
die Stern-Ruten/ oder Kometen/ uͤber dem Mond/ wie auch die Dunſt-
Kreyſe der Planeten/ aus der Experientz/ angefuͤhrt worden. So ward

gleich-
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[726/0774] Der ſiebenzehende Discurs/ ihnen vielleicht alle Luſt/ die Sache miteinander auszutragen/ verblichen. Die Begier/ von den Brenn-Spiegeln etwas zu hoͤren/ hat mich zu weit hinaus/ und faſt uͤber die Schrancken der Wolſtaͤndigkeit in Sprach- wechslungen/ gefuͤhrt: bitte derhalben um Verzeihung/ und daß der Herꝛ Goldſtern dieſen meinen Jrrthum nicht allein/ mit hoͤflicher Ge- dult/ uͤberſehen/ ſondern auch uns die Fortſetzung ſeines/ hiedurch in etwas gehemmeten/ Discurſes freundlich goͤnnen wolle. Goldſtern. Jch bin dem Herꝛn zu keiner Verzeihung/ ſondern zur Danckſagung/ verpflichtet. Denn das Ohr macht mich allezeit reicher an Verſtande weder die Zunge. Durch Reden/ entbloͤſſe ich mei- ne Einfalt: durch Schweigen/ bleibt ſie bedeckt. Zu dem hat mir der Herꝛ/ mit ſeinen eingeſchalteten Spiegel-Fragen/ keinen Schaden/ ſondern Vortheil und Foͤrderniß/ zu meinem Zweck/ gethan: angeſehen/ das Feuer der Sonnen hieruͤber uns nicht aus-ſondern allererſt recht angan- gen. Denn/mit allen den Brenn-Spiegeln und denen dadurch anzuͤn- denden Sonnenſtralen wird der Satz/ daß die Sonne recht feurig ſey/ beglaͤntzet/ der Gegenſpruch aber in die Aſche gelegt. Anzuͤnden/ und Ver- brennen/ iſt je eine von deß Feuers eigenthuͤmlichſten Eigenſchafften. Jſt nun die Sonne feurig/ und mit den Eigenſchafften oder Kraͤfften und Wuͤrckungen deß Feuers/ begabt; maſſen uns aus allen beſchriebenen Brenn-Spiegeln in die Augen und Vernunfft leuchtet: ſo muß ſie auch formaliter/ oder natuͤrlich/ und nicht nur/ wie die Peripatetici wollen/ virtualiter, oder durch ungleich-naturirte Wuͤrckung/ hitzen und heiß ſein. Adlerhaupt. Man fuͤhret aber gleichwol auch wigtige Beweis- Mittel dagegen. Goldſtern. Vielleicht moͤchten dieſelbe/ auf einer richtigen Ver- nunfft-Wage/ leicht genug erfunden werden. Mein Herꝛ ſage uns doch einer etliche davon. Adlerhaupt Waͤre die Sonne Feuer; ſo koͤnnte ſie nicht incorru- ptibel ſeyn: wie ſie dennoch iſt. Denn von Anfang der Schoͤpffung/ bis zum Ende der Welt/ leuchten die Geſtirne unausleſchlich fort/ und neh- men nicht ab: und kan man keine Zeichen der Veraͤndrung/ oder Corru- ption an ihnen vermercken. Beweis wi- der das Sonnen- Feuer. Goldſtern. Dis alles haben wir ja vorlaͤngſt ſchon/ in etlichen vorigen Discurſen/ mit einander abgehandelt/ und uͤberfluͤſſig erwieſen/ es ſey kein himmliſcher Koͤrper incorruptibel Dabey auch zum Beweis/ die Stern-Ruten/ oder Kometen/ uͤber dem Mond/ wie auch die Dunſt- Kreyſe der Planeten/ aus der Experientz/ angefuͤhrt worden. So ward gleich-

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 726. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/774>, abgerufen am 13.06.2024.