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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Von der Sonnen.
Papier/ als in dem Schau-Rohr. Weil man aber hingegen die En-
tzündung der Sonnen-nahen Lufft/ noch lange nach der Sonnen Unter-
gange/ unverhindert sihet: so ist es je ein Wunder/ daß man weder auf
dem Papier/ noch durchs Fern-Glas/ dergleichen was mercket: da es
doch/ in Abwesenheit der Sonnen/ seine Gegenwart viel deutlicher zei-
gen solte. Denn was sich/ mit der Sonnen/ auf dem Papier/ entwirfft/
das kan/ in ihrem Abseyn/ noch viel kentlicher sich entwerffen. Vieler
andrer Gründe nicht zugedencken/ wodurch diese letzte Mutmassung fer-
ner zu widerlegen stünde. (a)

(a) v. c. 16.
libri 6. Ro-
sae Ursinae.

Adlerhaupt. So ich nun solche Farben und Gestalt/ dem Herrn
und vielen bewehrten Sternkündigern/ zu Ehren/ glaube; was will er
denn weiter daraus machen? Denn ich vermeyne/ er habe damit/ auf
noch einen andren Zweck-gezielt.

Goldstern. Mein Herr ist in keiner unrechten Meynung. DennSchluß-
Rede/ daß
wie Sonne
Feuer sey.

bisher erzehlte Erscheinungen der Sonnen-Gestalt/ und Farben geben
mir einen solchen Beweis. Was in einer feurigen Gestalt erscheint/
und alle Würckungen deß Feuers thut/ das ist Feuer: die Sonne er-
scheint/ wie Feuer; thut auch alle desselben Würckungen: darum ist sie
Feuer.

Der Obersatz braucht keines weiteren Beweises. Denn wobey
soll man anders erkennen/ ob das jenige/ welches man/ auf einer hohen
Warte/ bey finsterer Nacht/ oder an einem andren Ort/ leuchten sihet/
Feuer sey/ ohn an dem feurigen Schein/ und weil es alle Würckungen
deß Feuers leistet: weswegen sowol Gelehrte/ als Ungelehrte/ solches/
für ein Zeichen vorhandenen Feuers/ auf nehmen.

Der Unter- oder Nach-Satz hat diese Zeichen/ zur Bewehrung:
weil die Sonne dem freyen Gesicht/ wie ein zum allerstärcksten glän-
tzendes Feuer/ erscheinet/ und dasselbe/ durch ihren gar zu strengen
Glantz/ verletzt: weil/ fürs andre/ die Sonne unserem Gesichte/ durchs
Fernglas/ nicht allein/ wie Feuer/ erscheinet; sondern auch ihre auswen-
dige Seite/ von strudlenden und aufwallenden Flammen/ aller rauhe
und zittrend/ auch mit kleinen Fackeln und Schatten bestreuet; wie vor-
hin erwehnet worden. Denn wenn unser irdisches Meer/ und alle unsre
Seen/ Ströme/ Pfühle/ und sonst allerley Gewässer/ eine feurige Flut
wären/ wie ein im Schmeltz-Ofen zerlassenes Ertz; die festen Theile aber
deß trucknen Erdbodens glüheten/ wie die Ziegel eines Gieß- oder Brenn-
Ofens; und man schauete solche etwan oben von dem Mond/ oder einem
andren entweder fernerem oder was näherem Ort: würde unsere Erde
keine andre Gestalt daselbst hinauf werffen/ als wie uns/ allhie auf Er-

den/
R r r r ij

Von der Sonnen.
Papier/ als in dem Schau-Rohr. Weil man aber hingegen die En-
tzuͤndung der Sonnen-nahen Lufft/ noch lange nach der Sonnen Unter-
gange/ unverhindert ſihet: ſo iſt es je ein Wunder/ daß man weder auf
dem Papier/ noch durchs Fern-Glas/ dergleichen was mercket: da es
doch/ in Abweſenheit der Sonnen/ ſeine Gegenwart viel deutlicher zei-
gen ſolte. Denn was ſich/ mit der Sonnen/ auf dem Papier/ entwirfft/
das kan/ in ihrem Abſeyn/ noch viel kentlicher ſich entwerffen. Vieler
andrer Gruͤnde nicht zugedencken/ wodurch dieſe letzte Mutmaſſung fer-
ner zu widerlegen ſtuͤnde. (a)

(a) v. c. 16.
libri 6. Ro-
ſæ Urſinæ.

Adlerhaupt. So ich nun ſolche Farben und Geſtalt/ dem Herꝛn
und vielen bewehrten Sternkuͤndigern/ zu Ehren/ glaube; was will er
denn weiter daraus machen? Denn ich vermeyne/ er habe damit/ auf
noch einen andren Zweck-gezielt.

Goldſtern. Mein Herꝛ iſt in keiner unrechten Meynung. DennSchluß-
Rede/ daß
wie Sonne
Feuer ſey.

bisher erzehlte Erſcheinungen der Sonnen-Geſtalt/ und Farben geben
mir einen ſolchen Beweis. Was in einer feurigen Geſtalt erſcheint/
und alle Wuͤrckungen deß Feuers thut/ das iſt Feuer: die Sonne er-
ſcheint/ wie Feuer; thut auch alle deſſelben Wuͤrckungen: darum iſt ſie
Feuer.

Der Oberſatz braucht keines weiteren Beweiſes. Denn wobey
ſoll man anders erkennen/ ob das jenige/ welches man/ auf einer hohen
Warte/ bey finſterer Nacht/ oder an einem andren Ort/ leuchten ſihet/
Feuer ſey/ ohn an dem feurigen Schein/ und weil es alle Wuͤrckungen
deß Feuers leiſtet: weswegen ſowol Gelehrte/ als Ungelehrte/ ſolches/
fuͤr ein Zeichen vorhandenen Feuers/ auf nehmen.

Der Unter- oder Nach-Satz hat dieſe Zeichen/ zur Bewehrung:
weil die Sonne dem freyen Geſicht/ wie ein zum allerſtaͤrckſten glaͤn-
tzendes Feuer/ erſcheinet/ und daſſelbe/ durch ihren gar zu ſtrengen
Glantz/ verletzt: weil/ fuͤrs andre/ die Sonne unſerem Geſichte/ durchs
Fernglas/ nicht allein/ wie Feuer/ erſcheinet; ſondern auch ihre auswen-
dige Seite/ von ſtrudlenden und aufwallenden Flammen/ aller rauhe
und zittrend/ auch mit kleinen Fackeln und Schatten beſtreuet; wie vor-
hin erwehnet worden. Denn wenn unſer irdiſches Meer/ und alle unſre
Seen/ Stroͤme/ Pfuͤhle/ und ſonſt allerley Gewaͤſſer/ eine feurige Flut
waͤren/ wie ein im Schmeltz-Ofen zerlaſſenes Ertz; die feſten Theile aber
deß trucknen Erdbodens gluͤheten/ wie die Ziegel eines Gieß- oder Brenn-
Ofens; und man ſchauete ſolche etwan oben von dem Mond/ oder einem
andren entweder fernerem oder was naͤherem Ort: wuͤrde unſere Erde
keine andre Geſtalt daſelbſt hinauf werffen/ als wie uns/ allhie auf Er-

den/
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[683/0729] Von der Sonnen. Papier/ als in dem Schau-Rohr. Weil man aber hingegen die En- tzuͤndung der Sonnen-nahen Lufft/ noch lange nach der Sonnen Unter- gange/ unverhindert ſihet: ſo iſt es je ein Wunder/ daß man weder auf dem Papier/ noch durchs Fern-Glas/ dergleichen was mercket: da es doch/ in Abweſenheit der Sonnen/ ſeine Gegenwart viel deutlicher zei- gen ſolte. Denn was ſich/ mit der Sonnen/ aufdem Papier/ entwirfft/ das kan/ in ihrem Abſeyn/ noch viel kentlicher ſich entwerffen. Vieler andrer Gruͤnde nicht zugedencken/ wodurch dieſe letzte Mutmaſſung fer- ner zu widerlegen ſtuͤnde. (a) Adlerhaupt. So ich nun ſolche Farben und Geſtalt/ dem Herꝛn und vielen bewehrten Sternkuͤndigern/ zu Ehren/ glaube; was will er denn weiter daraus machen? Denn ich vermeyne/ er habe damit/ auf noch einen andren Zweck-gezielt. Goldſtern. Mein Herꝛ iſt in keiner unrechten Meynung. Denn bisher erzehlte Erſcheinungen der Sonnen-Geſtalt/ und Farben geben mir einen ſolchen Beweis. Was in einer feurigen Geſtalt erſcheint/ und alle Wuͤrckungen deß Feuers thut/ das iſt Feuer: die Sonne er- ſcheint/ wie Feuer; thut auch alle deſſelben Wuͤrckungen: darum iſt ſie Feuer. Schluß- Rede/ daß wie Sonne Feuer ſey. Der Oberſatz braucht keines weiteren Beweiſes. Denn wobey ſoll man anders erkennen/ ob das jenige/ welches man/ auf einer hohen Warte/ bey finſterer Nacht/ oder an einem andren Ort/ leuchten ſihet/ Feuer ſey/ ohn an dem feurigen Schein/ und weil es alle Wuͤrckungen deß Feuers leiſtet: weswegen ſowol Gelehrte/ als Ungelehrte/ ſolches/ fuͤr ein Zeichen vorhandenen Feuers/ auf nehmen. Der Unter- oder Nach-Satz hat dieſe Zeichen/ zur Bewehrung: weil die Sonne dem freyen Geſicht/ wie ein zum allerſtaͤrckſten glaͤn- tzendes Feuer/ erſcheinet/ und daſſelbe/ durch ihren gar zu ſtrengen Glantz/ verletzt: weil/ fuͤrs andre/ die Sonne unſerem Geſichte/ durchs Fernglas/ nicht allein/ wie Feuer/ erſcheinet; ſondern auch ihre auswen- dige Seite/ von ſtrudlenden und aufwallenden Flammen/ aller rauhe und zittrend/ auch mit kleinen Fackeln und Schatten beſtreuet; wie vor- hin erwehnet worden. Denn wenn unſer irdiſches Meer/ und alle unſre Seen/ Stroͤme/ Pfuͤhle/ und ſonſt allerley Gewaͤſſer/ eine feurige Flut waͤren/ wie ein im Schmeltz-Ofen zerlaſſenes Ertz; die feſten Theile aber deß trucknen Erdbodens gluͤheten/ wie die Ziegel eines Gieß- oder Brenn- Ofens; und man ſchauete ſolche etwan oben von dem Mond/ oder einem andren entweder fernerem oder was naͤherem Ort: wuͤrde unſere Erde keine andre Geſtalt daſelbſt hinauf werffen/ als wie uns/ allhie auf Er- den/ R r r r ij

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 683. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/729>, abgerufen am 13.06.2024.