Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Von der Sonnen. jetzt innerhalb unsren/ jetzt in einem andren Horizont: hält dieser Harnischdoch auch keinen Stoß oder Schuß. Denn sie weiset der Erden nur die Helffte ihres Körpers/ oder etwas wenigs darüber/ und zwar nicht allenthalben gleich/ mancher Gegend/ zu gewisser Jahrs-Zeit/ gar nicht: als zum Exempel/ in den Eysländern/ in Novazembla/ und theil andren tieff-mitternächtigen Ländern. Mein Herr wird vielleicht sprechen/ daß die übrige Helffte unterdessen die Planeten bestrale. Aber auch die- ses ist noch sehr ungewiß/ ob alle Planeten/ von ihr das Licht haben: Und da sie es gleich hätten/ ob einer auch so viel/ als der andre davon empfan- ge. Wenn nun solches weder auf Erden/ noch am Himmel/ würcklich geschehen kan: so bestehet auch die erste Ursach nicht/ welche diese war/ daß der Sonnen die Rundung am bequemsten falle/ zu gleicher Ausbrei- tung Lichts und Wärme/ an allen Orten. Wiewol ich sonst nicht leug- ne/ daß die Kugel-Figur hiezu am geschicktesten; aber aus angezogenen Ursachen/ dafür halte/ daß die Sonne solcher figürlichen Bequemlich- keit nicht bedörffe: weil ihr Licht und Hitze nicht überall sich gleich aus- breiten. Daß die runde Figur/ für die vollkomneste/ geachtet werde/ ist mit Etliche sagen/ daß die Welt/ gegen Mittag/ nicht Gold- (a) Herr G. Ph. H. Tom. 2. parte 4 der Mathematischen Erquickst. problem XI. p. 290. P p p p
Von der Sonnen. jetzt innerhalb unſren/ jetzt in einem andren Horizont: haͤlt dieſer Harniſchdoch auch keinen Stoß oder Schuß. Denn ſie weiſet der Erden nur die Helffte ihres Koͤrpers/ oder etwas wenigs daruͤber/ und zwar nicht allenthalben gleich/ mancher Gegend/ zu gewiſſer Jahrs-Zeit/ gar nicht: als zum Exempel/ in den Eyslaͤndern/ in Novazembla/ und theil andren tieff-mitternaͤchtigen Laͤndern. Mein Herꝛ wird vielleicht ſprechen/ daß die uͤbrige Helffte unterdeſſen die Planeten beſtrale. Aber auch die- ſes iſt noch ſehr ungewiß/ ob alle Planeten/ von ihr das Licht haben: Und da ſie es gleich haͤtten/ ob einer auch ſo viel/ als der andre davon empfan- ge. Wenn nun ſolches weder auf Erden/ noch am Himmel/ wuͤrcklich geſchehen kan: ſo beſtehet auch die erſte Urſach nicht/ welche dieſe war/ daß der Sonnen die Rundung am bequemſten falle/ zu gleicher Ausbrei- tung Lichts und Waͤrme/ an allen Orten. Wiewol ich ſonſt nicht leug- ne/ daß die Kugel-Figur hiezu am geſchickteſten; aber aus angezogenen Urſachen/ dafuͤr halte/ daß die Sonne ſolcher figuͤrlichen Bequemlich- keit nicht bedoͤrffe: weil ihr Licht und Hitze nicht uͤberall ſich gleich aus- breiten. Daß die runde Figur/ fuͤr die vollkomneſte/ geachtet werde/ iſt mit Etliche ſagen/ daß die Welt/ gegen Mittag/ nicht Gold- (a) Herꝛ G. Ph. H. Tom. 2. parte 4 der Mathematiſchen Erquickſt. problem XI. p. 290. P p p p
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0711" n="665"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Sonnen.</hi></fw><lb/> jetzt innerhalb unſren/ jetzt in einem andren Horizont: haͤlt dieſer Harniſch<lb/> doch auch keinen Stoß oder Schuß. Denn ſie weiſet der Erden nur<lb/> die Helffte ihres Koͤrpers/ oder etwas wenigs daruͤber/ und zwar nicht<lb/> allenthalben gleich/ mancher Gegend/ zu gewiſſer Jahrs-Zeit/ gar nicht:<lb/> als zum Exempel/ in den Eyslaͤndern/ in Novazembla/ und theil andren<lb/> tieff-mitternaͤchtigen Laͤndern. Mein Herꝛ wird vielleicht ſprechen/<lb/> daß die uͤbrige Helffte unterdeſſen die Planeten beſtrale. Aber auch die-<lb/> ſes iſt noch ſehr ungewiß/ ob alle Planeten/ von ihr das Licht haben: Und<lb/> da ſie es gleich haͤtten/ ob einer auch ſo viel/ als der andre davon empfan-<lb/> ge. Wenn nun ſolches weder auf Erden/ noch am Himmel/ wuͤrcklich<lb/> geſchehen kan: ſo beſtehet auch die erſte Urſach nicht/ welche dieſe war/<lb/> daß der Sonnen die Rundung am bequemſten falle/ zu gleicher Ausbrei-<lb/> tung Lichts und Waͤrme/ an allen Orten. Wiewol ich ſonſt nicht leug-<lb/> ne/ daß die Kugel-Figur hiezu am geſchickteſten; aber aus angezogenen<lb/> Urſachen/ dafuͤr halte/ daß die Sonne ſolcher figuͤrlichen Bequemlich-<lb/> keit nicht bedoͤrffe: weil ihr Licht und Hitze nicht uͤberall ſich gleich aus-<lb/> breiten.</p><lb/> <p>Daß die runde Figur/ fuͤr die vollkomneſte/ geachtet werde/ iſt mit<lb/> bekandt: aber daraus ergehet nicht/ daß alles/ was edel und vollkom-<lb/> men/ nothwendig muͤſſe rund ſeyn. Der Menſch iſt viel edler/ als alles<lb/> Geſtirn/ und dennoch nicht rund von Leibe. GOtt wird/ mit vielerley<lb/> Sachen/ und nicht mit der Rundung allein/ verglichen; ſondern auch<lb/> durch ein Drey-Eck/ fuͤrgebildet. Darum beweiſet ſolches alles nichts.<lb/> Dieſem nach wolte ich faſt lieber denen beypflichten/ welche die Sonne<lb/> fuͤr Ey-rund halten: unter denen auch der fuͤrtrefflich-gelehrte Jeſuit und<lb/> Mathematicus P. Chriſtophorus Scheinerus/ von dem ſel. Herꝛn G.<lb/> Ph. H. gezehlet wird/ wenn er die Aufgabe: <hi rendition="#fr">Ob die Welt-Kugel/<lb/> und die Sonne/ rund ſeyen?</hi> endlich/ mit dieſem Satze/ beſchlieſt.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Etliche ſagen/ daß die Welt/ gegen Mittag/ nicht<lb/> gnugſam erkuͤndiget/ und daß vielmehr zu vermuten/ ſie ſey<lb/> wie ein Ey/ geſtaltet/ welches nach der Perſpectiv einen run-<lb/> den Schatten wie die Rundung einen laͤnglichten Schatten<lb/> wirfft: maſſen auch/ an den brennenden Kertzen/ zu ſehen/<lb/> daß die laͤnglichte Flamme/ in der Ferne/ rund ſcheinet/ daß<lb/> ſolche Figur auch vollkommen/ und raumig ſey; ja! daß aus<lb/> beſagter Urſach/ die Sonne auch/ fuͤr Ey-rund/ zu halten/<lb/> wie der Jeſuit Chriſtoph Scheiner/</hi><hi rendition="#aq">in Sole elliptico f.</hi> 15. &<lb/> 1<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/>. <hi rendition="#fr">ausfuͤhrlich beſchrieben hat.</hi> <note place="foot" n="(a)">Herꝛ G. Ph. H. <hi rendition="#aq">Tom. 2. parte</hi> 4 der Mathematiſchen Erquickſt. <hi rendition="#aq">problem XI.<lb/> p.</hi> 290.</note></p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">P p p p</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Gold-</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [665/0711]
Von der Sonnen.
jetzt innerhalb unſren/ jetzt in einem andren Horizont: haͤlt dieſer Harniſch
doch auch keinen Stoß oder Schuß. Denn ſie weiſet der Erden nur
die Helffte ihres Koͤrpers/ oder etwas wenigs daruͤber/ und zwar nicht
allenthalben gleich/ mancher Gegend/ zu gewiſſer Jahrs-Zeit/ gar nicht:
als zum Exempel/ in den Eyslaͤndern/ in Novazembla/ und theil andren
tieff-mitternaͤchtigen Laͤndern. Mein Herꝛ wird vielleicht ſprechen/
daß die uͤbrige Helffte unterdeſſen die Planeten beſtrale. Aber auch die-
ſes iſt noch ſehr ungewiß/ ob alle Planeten/ von ihr das Licht haben: Und
da ſie es gleich haͤtten/ ob einer auch ſo viel/ als der andre davon empfan-
ge. Wenn nun ſolches weder auf Erden/ noch am Himmel/ wuͤrcklich
geſchehen kan: ſo beſtehet auch die erſte Urſach nicht/ welche dieſe war/
daß der Sonnen die Rundung am bequemſten falle/ zu gleicher Ausbrei-
tung Lichts und Waͤrme/ an allen Orten. Wiewol ich ſonſt nicht leug-
ne/ daß die Kugel-Figur hiezu am geſchickteſten; aber aus angezogenen
Urſachen/ dafuͤr halte/ daß die Sonne ſolcher figuͤrlichen Bequemlich-
keit nicht bedoͤrffe: weil ihr Licht und Hitze nicht uͤberall ſich gleich aus-
breiten.
Daß die runde Figur/ fuͤr die vollkomneſte/ geachtet werde/ iſt mit
bekandt: aber daraus ergehet nicht/ daß alles/ was edel und vollkom-
men/ nothwendig muͤſſe rund ſeyn. Der Menſch iſt viel edler/ als alles
Geſtirn/ und dennoch nicht rund von Leibe. GOtt wird/ mit vielerley
Sachen/ und nicht mit der Rundung allein/ verglichen; ſondern auch
durch ein Drey-Eck/ fuͤrgebildet. Darum beweiſet ſolches alles nichts.
Dieſem nach wolte ich faſt lieber denen beypflichten/ welche die Sonne
fuͤr Ey-rund halten: unter denen auch der fuͤrtrefflich-gelehrte Jeſuit und
Mathematicus P. Chriſtophorus Scheinerus/ von dem ſel. Herꝛn G.
Ph. H. gezehlet wird/ wenn er die Aufgabe: Ob die Welt-Kugel/
und die Sonne/ rund ſeyen? endlich/ mit dieſem Satze/ beſchlieſt.
Etliche ſagen/ daß die Welt/ gegen Mittag/ nicht
gnugſam erkuͤndiget/ und daß vielmehr zu vermuten/ ſie ſey
wie ein Ey/ geſtaltet/ welches nach der Perſpectiv einen run-
den Schatten wie die Rundung einen laͤnglichten Schatten
wirfft: maſſen auch/ an den brennenden Kertzen/ zu ſehen/
daß die laͤnglichte Flamme/ in der Ferne/ rund ſcheinet/ daß
ſolche Figur auch vollkommen/ und raumig ſey; ja! daß aus
beſagter Urſach/ die Sonne auch/ fuͤr Ey-rund/ zu halten/
wie der Jeſuit Chriſtoph Scheiner/ in Sole elliptico f. 15. &
1_. ausfuͤhrlich beſchrieben hat. (a)
Gold-
(a) Herꝛ G. Ph. H. Tom. 2. parte 4 der Mathematiſchen Erquickſt. problem XI.
p. 290.
P p p p
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |