Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

Bild:
<< vorherige Seite

von den Sternen.
ein Fisch im Wasser/ ein Segel auf dem breiten Meer/ dahin fleugt: also
hoffe ich/ es werde weiter keines Erweisens dißfalls bedörffen. Man un-
terscheidet aber gemeiniglich die Bewegung der Sterne/ in die erste/ oder
allgemeine; und in die eigentliche oder absonderliche/ so man sonst auch die
zweyte nennet. Nach der ersten und allgemeinen/ laufft das Heer derDie erste
und all ge-
meine Be-
wegung der
Sterne.

Sternen täglich/ vom Aufgange/ durch den Mittag/ nach dem Abend zu;
und/ von dannen/ wiederum/ durch Mitternacht/ gegen dem Aufgang:
weßwegen man diese auch motum diurnum und quotidianum, die täg-
liche Bewegung heisst. Dieselbe geschicht aber nicht recht Zirckel-rund/
sondern gewundener Weise. Angemerckt/ die Sterne weder täglich/ aus
einerley Punct deß Horizonts/ herfür-noch in demselbigen nidergehen/
gleichfalls auch nicht stets einerley Mittags-Höhe haben. Denn/ in die-
sem allen/ geht täglich eine Verändrung vor; und zwar sehr mercklich/ an
den unteren Planeten/ und der Sonnen; unkenntlicher aber/ an den öber-
sten; und gantz unvermercklich/ bey den Fixsternen. Wie solches zum
Theil offenbarlich gesehen/ zum Theil aber/ durch die Anmerckungen der
Sternseher/ kündig wird.

Die zweyte und gleichsam eigenthümliche Bewegung gehet/ von A-Die andre
und abson-
derliche Be-
wegung.

bend/ durch den Mittag/ gegen den Morgen; und wiederum/ von dan-
nen/ durch Mitternacht/ gegen dem Nidergang. Denn die Sternschauer
haben in acht genommen/ daß nicht allein Sonne und Mond/ sondern
auch die übrige Planeten/ nicht allstets einerley Stellung und Weiten
gegeneinander behalten: sintemal der Mond/ deß einen Tags/ mit der
Sonnen conjungirt; deß andren/ von ihr abgewichen/ nach den morgend-
lichen Theilen zu; daß gleicher Gestalt alle die andre Planeten heut/ mit
diesem oder jenem Fixstern/ in der Conjunction begriffen/ oder sich/ in dem
und dem Grad eines Zeichen deß Thierkreises/ befinden; morgen oder ü-
bermorgen aber/ von selbigem Stern/ oder Grad/ ab- und nach der mor-
gendlichen Gegend zugewendet. Man hat gleichfalls/ aus der Stern-
kündigung/ so viel erhalten/ daß die Abgelegenheit der Fixsterne von solsti-
tial- und gleichnächtigen Puncten deß gestirnten Himmels nicht allezeit/
bey einerley Gleichheit beharre; sondern wachse/ und zunehme/ nachdem
die Thier-Zeichen desselbigen Sternen- Himmels aufeinander folgen:
dannenhero viel Sterne/ die/ vor einiger Zeit/ vor besagten solstitial- und
aequinoctial-Puncten/ gewesen/ nachmals hinter ihnen gefunden werden[:]
andre aber/ so von ihnen/ gegen den westlichen Theilen zu/ entfernet wa-
ren/ näher zu ihnen hingeruckt. Diese Bewegung/ so die allerlangsamste
ist/ (von welchem auch allbereit hiebevor ein Mehrers geredt worden) ver-
ursacht/ daß die Stern-gelehrte zweyerley Thierkreise/ an dem Stern-

Himmel/
X x ij

von den Sternen.
ein Fiſch im Waſſer/ ein Segel auf dem breiten Meer/ dahin fleugt: alſo
hoffe ich/ es werde weiter keines Erweiſens dißfalls bedoͤrffen. Man un-
terſcheidet aber gemeiniglich die Bewegung der Sterne/ in die erſte/ oder
allgemeine; und in die eigentliche oder abſonderliche/ ſo man ſonſt auch die
zweyte nennet. Nach der erſten und allgemeinen/ laufft das Heer derDie erſte
und all ge-
meine Be-
wegung der
Sterne.

Sternen taͤglich/ vom Aufgange/ durch den Mittag/ nach dem Abend zu;
und/ von dannen/ wiederum/ durch Mitternacht/ gegen dem Aufgang:
weßwegen man dieſe auch motum diurnum und quotidianum, die taͤg-
liche Bewegung heiſſt. Dieſelbe geſchicht aber nicht recht Zirckel-rund/
ſondern gewundener Weiſe. Angemerckt/ die Sterne weder taͤglich/ aus
einerley Punct deß Horizonts/ herfuͤr-noch in demſelbigen nidergehen/
gleichfalls auch nicht ſtets einerley Mittags-Hoͤhe haben. Denn/ in die-
ſem allen/ geht taͤglich eine Veraͤndrung vor; und zwar ſehr mercklich/ an
den unteren Planeten/ und der Sonnen; unkenntlicher aber/ an den oͤber-
ſten; und gantz unvermercklich/ bey den Fixſternen. Wie ſolches zum
Theil offenbarlich geſehen/ zum Theil aber/ durch die Anmerckungen der
Sternſeher/ kuͤndig wird.

Die zweyte und gleichſam eigenthuͤmliche Bewegung gehet/ von A-Die andre
und abſon-
derliche Be-
wegung.

bend/ durch den Mittag/ gegen den Morgen; und wiederum/ von dan-
nen/ durch Mitternacht/ gegen dem Nidergang. Denn die Sternſchauer
haben in acht genommen/ daß nicht allein Sonne und Mond/ ſondern
auch die uͤbrige Planeten/ nicht allſtets einerley Stellung und Weiten
gegeneinander behalten: ſintemal der Mond/ deß einen Tags/ mit der
Sonnen conjungirt; deß andren/ von ihr abgewichen/ nach den morgend-
lichen Theilen zu; daß gleicher Geſtalt alle die andre Planeten heut/ mit
dieſem oder jenem Fixſtern/ in der Conjunction begriffen/ oder ſich/ in dem
und dem Grad eines Zeichen deß Thierkreiſes/ befinden; morgen oder uͤ-
bermorgen aber/ von ſelbigem Stern/ oder Grad/ ab- und nach der mor-
gendlichen Gegend zugewendet. Man hat gleichfalls/ aus der Stern-
kuͤndigung/ ſo viel erhalten/ daß die Abgelegenheit der Fixſterne von ſolſti-
tial- und gleichnaͤchtigen Puncten deß geſtirnten Himmels nicht allezeit/
bey einerley Gleichheit beharre; ſondern wachſe/ und zunehme/ nachdem
die Thier-Zeichen deſſelbigen Sternen- Himmels aufeinander folgen:
dannenhero viel Sterne/ die/ vor einiger Zeit/ vor beſagten ſolſtitial- und
æquinoctial-Puncten/ geweſen/ nachmals hinter ihnen gefunden werden[:]
andre aber/ ſo von ihnen/ gegen den weſtlichen Theilen zu/ entfernet wa-
ren/ naͤher zu ihnen hingeruckt. Dieſe Bewegung/ ſo die allerlangſamſte
iſt/ (von welchem auch allbereit hiebevor ein Mehrers geredt worden) ver-
urſacht/ daß die Stern-gelehrte zweyerley Thierkreiſe/ an dem Stern-

Himmel/
X x ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0381" n="347"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den Sternen.</hi></fw><lb/>
ein Fi&#x017F;ch im Wa&#x017F;&#x017F;er/ ein Segel auf dem breiten Meer/ dahin fleugt: al&#x017F;o<lb/>
hoffe ich/ es werde weiter keines Erwei&#x017F;ens dißfalls bedo&#x0364;rffen. Man un-<lb/>
ter&#x017F;cheidet aber gemeiniglich die Bewegung der Sterne/ in die er&#x017F;te/ oder<lb/>
allgemeine; und in die eigentliche oder ab&#x017F;onderliche/ &#x017F;o man &#x017F;on&#x017F;t auch die<lb/>
zweyte nennet. Nach der er&#x017F;ten und allgemeinen/ laufft das Heer der<note place="right">Die er&#x017F;te<lb/>
und all ge-<lb/>
meine Be-<lb/>
wegung der<lb/>
Sterne.</note><lb/>
Sternen ta&#x0364;glich/ vom Aufgange/ durch den Mittag/ nach dem Abend zu;<lb/>
und/ von dannen/ wiederum/ durch Mitternacht/ gegen dem Aufgang:<lb/>
weßwegen man die&#x017F;e auch <hi rendition="#aq">motum diurnum</hi> und <hi rendition="#aq">quotidianum,</hi> die ta&#x0364;g-<lb/><hi rendition="#fr">liche Bewegung</hi> hei&#x017F;&#x017F;t. Die&#x017F;elbe ge&#x017F;chicht aber nicht recht Zirckel-rund/<lb/>
&#x017F;ondern gewundener Wei&#x017F;e. Angemerckt/ die Sterne weder ta&#x0364;glich/ aus<lb/>
einerley Punct deß Horizonts/ herfu&#x0364;r-noch in dem&#x017F;elbigen nidergehen/<lb/>
gleichfalls auch nicht &#x017F;tets einerley Mittags-Ho&#x0364;he haben. Denn/ in die-<lb/>
&#x017F;em allen/ geht ta&#x0364;glich eine Vera&#x0364;ndrung vor; und zwar &#x017F;ehr mercklich/ an<lb/>
den unteren Planeten/ und der Sonnen; unkenntlicher aber/ an den o&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;ten; und gantz unvermercklich/ bey den Fix&#x017F;ternen. Wie &#x017F;olches zum<lb/>
Theil offenbarlich ge&#x017F;ehen/ zum Theil aber/ durch die Anmerckungen der<lb/>
Stern&#x017F;eher/ ku&#x0364;ndig wird.</p><lb/>
          <p>Die zweyte und gleich&#x017F;am eigenthu&#x0364;mliche Bewegung gehet/ von A-<note place="right">Die andre<lb/>
und ab&#x017F;on-<lb/>
derliche Be-<lb/>
wegung.</note><lb/>
bend/ durch den Mittag/ gegen den Morgen; und wiederum/ von dan-<lb/>
nen/ durch Mitternacht/ gegen dem Nidergang. Denn die Stern&#x017F;chauer<lb/>
haben in acht genommen/ daß nicht allein Sonne und Mond/ &#x017F;ondern<lb/>
auch die u&#x0364;brige Planeten/ nicht all&#x017F;tets einerley Stellung und Weiten<lb/>
gegeneinander behalten: &#x017F;intemal der Mond/ deß einen Tags/ mit der<lb/>
Sonnen conjungirt; deß andren/ von ihr abgewichen/ nach den morgend-<lb/>
lichen Theilen zu; daß gleicher Ge&#x017F;talt alle die andre Planeten heut/ mit<lb/>
die&#x017F;em oder jenem Fix&#x017F;tern/ in der Conjunction begriffen/ oder &#x017F;ich/ in dem<lb/>
und dem Grad eines Zeichen deß Thierkrei&#x017F;es/ befinden; morgen oder u&#x0364;-<lb/>
bermorgen aber/ von &#x017F;elbigem Stern/ oder Grad/ ab- und nach der mor-<lb/>
gendlichen Gegend zugewendet. Man hat gleichfalls/ aus der Stern-<lb/>
ku&#x0364;ndigung/ &#x017F;o viel erhalten/ daß die Abgelegenheit der Fix&#x017F;terne von &#x017F;ol&#x017F;ti-<lb/>
tial- und gleichna&#x0364;chtigen Puncten deß ge&#x017F;tirnten Himmels nicht allezeit/<lb/>
bey einerley Gleichheit beharre; &#x017F;ondern wach&#x017F;e/ und zunehme/ nachdem<lb/>
die Thier-Zeichen de&#x017F;&#x017F;elbigen Sternen- Himmels aufeinander folgen:<lb/>
dannenhero viel Sterne/ die/ vor einiger Zeit/ vor be&#x017F;agten &#x017F;ol&#x017F;titial- und<lb/><hi rendition="#aq">æquinoctial-</hi>Puncten/ gewe&#x017F;en/ nachmals hinter ihnen gefunden werden<supplied>:</supplied><lb/>
andre aber/ &#x017F;o von ihnen/ gegen den we&#x017F;tlichen Theilen zu/ entfernet wa-<lb/>
ren/ na&#x0364;her zu ihnen hingeruckt. Die&#x017F;e Bewegung/ &#x017F;o die allerlang&#x017F;am&#x017F;te<lb/>
i&#x017F;t/ (von welchem auch allbereit hiebevor ein Mehrers geredt worden) ver-<lb/>
ur&#x017F;acht/ daß die Stern-gelehrte zweyerley Thierkrei&#x017F;e/ an dem Stern-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X x ij</fw><fw place="bottom" type="catch">Himmel/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[347/0381] von den Sternen. ein Fiſch im Waſſer/ ein Segel auf dem breiten Meer/ dahin fleugt: alſo hoffe ich/ es werde weiter keines Erweiſens dißfalls bedoͤrffen. Man un- terſcheidet aber gemeiniglich die Bewegung der Sterne/ in die erſte/ oder allgemeine; und in die eigentliche oder abſonderliche/ ſo man ſonſt auch die zweyte nennet. Nach der erſten und allgemeinen/ laufft das Heer der Sternen taͤglich/ vom Aufgange/ durch den Mittag/ nach dem Abend zu; und/ von dannen/ wiederum/ durch Mitternacht/ gegen dem Aufgang: weßwegen man dieſe auch motum diurnum und quotidianum, die taͤg- liche Bewegung heiſſt. Dieſelbe geſchicht aber nicht recht Zirckel-rund/ ſondern gewundener Weiſe. Angemerckt/ die Sterne weder taͤglich/ aus einerley Punct deß Horizonts/ herfuͤr-noch in demſelbigen nidergehen/ gleichfalls auch nicht ſtets einerley Mittags-Hoͤhe haben. Denn/ in die- ſem allen/ geht taͤglich eine Veraͤndrung vor; und zwar ſehr mercklich/ an den unteren Planeten/ und der Sonnen; unkenntlicher aber/ an den oͤber- ſten; und gantz unvermercklich/ bey den Fixſternen. Wie ſolches zum Theil offenbarlich geſehen/ zum Theil aber/ durch die Anmerckungen der Sternſeher/ kuͤndig wird. Die erſte und all ge- meine Be- wegung der Sterne. Die zweyte und gleichſam eigenthuͤmliche Bewegung gehet/ von A- bend/ durch den Mittag/ gegen den Morgen; und wiederum/ von dan- nen/ durch Mitternacht/ gegen dem Nidergang. Denn die Sternſchauer haben in acht genommen/ daß nicht allein Sonne und Mond/ ſondern auch die uͤbrige Planeten/ nicht allſtets einerley Stellung und Weiten gegeneinander behalten: ſintemal der Mond/ deß einen Tags/ mit der Sonnen conjungirt; deß andren/ von ihr abgewichen/ nach den morgend- lichen Theilen zu; daß gleicher Geſtalt alle die andre Planeten heut/ mit dieſem oder jenem Fixſtern/ in der Conjunction begriffen/ oder ſich/ in dem und dem Grad eines Zeichen deß Thierkreiſes/ befinden; morgen oder uͤ- bermorgen aber/ von ſelbigem Stern/ oder Grad/ ab- und nach der mor- gendlichen Gegend zugewendet. Man hat gleichfalls/ aus der Stern- kuͤndigung/ ſo viel erhalten/ daß die Abgelegenheit der Fixſterne von ſolſti- tial- und gleichnaͤchtigen Puncten deß geſtirnten Himmels nicht allezeit/ bey einerley Gleichheit beharre; ſondern wachſe/ und zunehme/ nachdem die Thier-Zeichen deſſelbigen Sternen- Himmels aufeinander folgen: dannenhero viel Sterne/ die/ vor einiger Zeit/ vor beſagten ſolſtitial- und æquinoctial-Puncten/ geweſen/ nachmals hinter ihnen gefunden werden: andre aber/ ſo von ihnen/ gegen den weſtlichen Theilen zu/ entfernet wa- ren/ naͤher zu ihnen hingeruckt. Dieſe Bewegung/ ſo die allerlangſamſte iſt/ (von welchem auch allbereit hiebevor ein Mehrers geredt worden) ver- urſacht/ daß die Stern-gelehrte zweyerley Thierkreiſe/ an dem Stern- Himmel/ Die andre und abſon- derliche Be- wegung. X x ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/381
Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/381>, abgerufen am 10.05.2024.