Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.von den Sternen. kannt haben/ daß es kein Meteoron, oder Lufft-Zeichen wäre? Denn dieDünste mindern/ oder vermehren sich ja/ nach der Zeit deß Jahres/ ver- wechseln auch offt ihre Stelle: da hingegen dieser erhellete Himmels- Strich/ in höchster Beständigkeit/ beharret. Man befinde sich/ in wel- chem Lande/ und unter welchem Himmels-Zirckel/ man will; so erweiset sich doch hierinn keine Parallaxis, oder Unterscheid im Aspect. Massen solches/ vor andren/ die in der Stern-Schau wol erfahrue und weit-ge- reiste Holländische Schiffer/ und Admiralen/ glaubwürdig zu versichern wissen: welche bald von Europa/ bald von Africa/ und Asia/ das Aeus- serste durchgeschiffet/ so wol auch beydes America; und doch diese Milch- strasse überall gleichgestaltet angetroffen. Adlerhaupt. Solches ist auch dem Averroes unverborgen: darum Goldstern. Dieser falsche Wahn entspringt/ aus einerley Quel- Schönwald. Woher mögen aber doch wol die neuen Sterne ihren Goldstern. Der Herr dörffte mehr/ von mir/ beleidigt/ als belusti- wun- U u ij
von den Sternen. kannt haben/ daß es kein Meteoron, oder Lufft-Zeichen waͤre? Denn dieDuͤnſte mindern/ oder vermehren ſich ja/ nach der Zeit deß Jahres/ ver- wechſeln auch offt ihre Stelle: da hingegen dieſer erhellete Himmels- Strich/ in hoͤchſter Beſtaͤndigkeit/ beharret. Man befinde ſich/ in wel- chem Lande/ und unter welchem Himmels-Zirckel/ man will; ſo erweiſet ſich doch hierinn keine Parallaxis, oder Unterſcheid im Aſpect. Maſſen ſolches/ vor andren/ die in der Stern-Schau wol erfahrue und weit-ge- reiſte Hollaͤndiſche Schiffer/ und Admiralen/ glaubwuͤrdig zu verſichern wiſſen: welche bald von Europa/ bald von Africa/ und Aſia/ das Aeuſ- ſerſte durchgeſchiffet/ ſo wol auch beydes America; und doch dieſe Milch- ſtraſſe uͤberall gleichgeſtaltet angetroffen. Adlerhaupt. Solches iſt auch dem Averroes unverborgen: darum Goldſtern. Dieſer falſche Wahn entſpringt/ aus einerley Quel- Schoͤnwald. Woher moͤgen aber doch wol die neuen Sterne ihren Goldſtern. Der Herꝛ doͤrffte mehr/ von mir/ beleidigt/ als beluſti- wun- U u ij
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0373" n="339"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den Sternen.</hi></fw><lb/> kannt haben/ daß es kein <hi rendition="#aq">Meteoron,</hi> oder Lufft-Zeichen waͤre? Denn die<lb/> Duͤnſte mindern/ oder vermehren ſich ja/ nach der Zeit deß Jahres/ ver-<lb/> wechſeln auch offt ihre Stelle: da hingegen dieſer erhellete Himmels-<lb/> Strich/ in hoͤchſter Beſtaͤndigkeit/ beharret. Man befinde ſich/ in wel-<lb/> chem Lande/ und unter welchem Himmels-Zirckel/ man will; ſo erweiſet<lb/> ſich doch hierinn keine <hi rendition="#aq">Parallaxis,</hi> oder Unterſcheid im Aſpect. Maſſen<lb/> ſolches/ vor andren/ die in der Stern-Schau wol erfahrue und weit-ge-<lb/> reiſte Hollaͤndiſche Schiffer/ und Admiralen/ glaubwuͤrdig zu verſichern<lb/> wiſſen: welche bald von Europa/ bald von Africa/ und Aſia/ das Aeuſ-<lb/> ſerſte durchgeſchiffet/ ſo wol auch beydes America; und doch dieſe Milch-<lb/> ſtraſſe uͤberall gleichgeſtaltet angetroffen.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Adlerhaupt.</hi> Solches iſt auch dem Averroes unverborgen: darum<lb/> er hierinn dem Ariſtoteles nicht beyſtehet; ſondern bekennet/ er habe/ zu<lb/> Corduba in Spanien/ und zu Marocco in Africa/ das Geſtirn deß Ad-<lb/> lers/ an einerley Staͤtte der Milchſtraſſen/ angetroffen. Welches ge-<lb/> wißlich/ an ſo fern einander entweiteten Orten/ ſich anders wuͤrde befin-<lb/> den; wenn die Milchſtraſſe/ in der oͤberſten Lufft-Gegend/ hienge. Sonſt<lb/> ſtehen auch etliche in den Gedancken/ dieſer Weg ſey ein feſterer oder dich-<lb/> terer Theil/ als der uͤbrige Himmel; weßwegen er ſo viel heller und weiſſer<lb/> ſcheine; gleichwie ein Stuͤck Eis/ oder Schnee/ das in ein Waſſer ge-<lb/> worffen wird/ einen weiſſeren Glantz gibt/ als das flieſſende/ oder lautere/<lb/> und ungefrorne Waſſer.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Goldſtern.</hi> Dieſer falſche Wahn entſpringt/ aus einerley Quel-<lb/> len/ mit demjenigen/ welcher alle Sterne und Geſtirne insgeſamt/ fuͤr di-<lb/> ckere und feſtere Stuͤcke deß himmliſchen Koͤrpers/ ausgibt. Wir wiſſen<lb/> es aber nunmehr beſſer/ und glauben/ dieſer Weg ſey das Band/ welches<lb/> beyde Himmels-Kugeln gleichſam zuſammenfuͤget; und beſtehe/ in einer<lb/> unzehlbaren Menge kleiner Sternlein der ſechſten Groͤſſe. Die Gewißheit<lb/> deſſen hat man erſt-geruͤhmten Galiæo zu dancken: welcher/ durch ſein<lb/> Schau-Rohr/ dasjenige bekraͤfftiget hat/ was/ ſchon lange Zeit zuvor<lb/> Democritus geurtheilet; daß die Milch-Bahn anders nichts waͤre/ denn<lb/> eine dicke Menge Sternen. Die weiſſen Striche dieſes geſtirnten We-<lb/> ges ſchlieſſen einen Umkreis von 360. Graden: wiewol er nicht gleich/ um<lb/> die Himmels-Kugel/ trifft/ ſondern ſich/ von dem Mittelpunct der Welt/<lb/> etwas entfernet.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Schoͤnwald.</hi> Woher moͤgen aber doch wol die neuen Sterne ihren<lb/> Urſprung nehmen?</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Goldſtern.</hi> Der Herꝛ doͤrffte mehr/ von mir/ beleidigt/ als beluſti-<lb/> get werden/ wenn ich demſelben alle das verdrießliche Gezaͤnck/ alle die<lb/> <fw place="bottom" type="sig">U u ij</fw><fw place="bottom" type="catch">wun-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [339/0373]
von den Sternen.
kannt haben/ daß es kein Meteoron, oder Lufft-Zeichen waͤre? Denn die
Duͤnſte mindern/ oder vermehren ſich ja/ nach der Zeit deß Jahres/ ver-
wechſeln auch offt ihre Stelle: da hingegen dieſer erhellete Himmels-
Strich/ in hoͤchſter Beſtaͤndigkeit/ beharret. Man befinde ſich/ in wel-
chem Lande/ und unter welchem Himmels-Zirckel/ man will; ſo erweiſet
ſich doch hierinn keine Parallaxis, oder Unterſcheid im Aſpect. Maſſen
ſolches/ vor andren/ die in der Stern-Schau wol erfahrue und weit-ge-
reiſte Hollaͤndiſche Schiffer/ und Admiralen/ glaubwuͤrdig zu verſichern
wiſſen: welche bald von Europa/ bald von Africa/ und Aſia/ das Aeuſ-
ſerſte durchgeſchiffet/ ſo wol auch beydes America; und doch dieſe Milch-
ſtraſſe uͤberall gleichgeſtaltet angetroffen.
Adlerhaupt. Solches iſt auch dem Averroes unverborgen: darum
er hierinn dem Ariſtoteles nicht beyſtehet; ſondern bekennet/ er habe/ zu
Corduba in Spanien/ und zu Marocco in Africa/ das Geſtirn deß Ad-
lers/ an einerley Staͤtte der Milchſtraſſen/ angetroffen. Welches ge-
wißlich/ an ſo fern einander entweiteten Orten/ ſich anders wuͤrde befin-
den; wenn die Milchſtraſſe/ in der oͤberſten Lufft-Gegend/ hienge. Sonſt
ſtehen auch etliche in den Gedancken/ dieſer Weg ſey ein feſterer oder dich-
terer Theil/ als der uͤbrige Himmel; weßwegen er ſo viel heller und weiſſer
ſcheine; gleichwie ein Stuͤck Eis/ oder Schnee/ das in ein Waſſer ge-
worffen wird/ einen weiſſeren Glantz gibt/ als das flieſſende/ oder lautere/
und ungefrorne Waſſer.
Goldſtern. Dieſer falſche Wahn entſpringt/ aus einerley Quel-
len/ mit demjenigen/ welcher alle Sterne und Geſtirne insgeſamt/ fuͤr di-
ckere und feſtere Stuͤcke deß himmliſchen Koͤrpers/ ausgibt. Wir wiſſen
es aber nunmehr beſſer/ und glauben/ dieſer Weg ſey das Band/ welches
beyde Himmels-Kugeln gleichſam zuſammenfuͤget; und beſtehe/ in einer
unzehlbaren Menge kleiner Sternlein der ſechſten Groͤſſe. Die Gewißheit
deſſen hat man erſt-geruͤhmten Galiæo zu dancken: welcher/ durch ſein
Schau-Rohr/ dasjenige bekraͤfftiget hat/ was/ ſchon lange Zeit zuvor
Democritus geurtheilet; daß die Milch-Bahn anders nichts waͤre/ denn
eine dicke Menge Sternen. Die weiſſen Striche dieſes geſtirnten We-
ges ſchlieſſen einen Umkreis von 360. Graden: wiewol er nicht gleich/ um
die Himmels-Kugel/ trifft/ ſondern ſich/ von dem Mittelpunct der Welt/
etwas entfernet.
Schoͤnwald. Woher moͤgen aber doch wol die neuen Sterne ihren
Urſprung nehmen?
Goldſtern. Der Herꝛ doͤrffte mehr/ von mir/ beleidigt/ als beluſti-
get werden/ wenn ich demſelben alle das verdrießliche Gezaͤnck/ alle die
wun-
U u ij
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/373 |
Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/373>, abgerufen am 28.07.2024. |