Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der zehende Discurs/ ob der mit drein verbauete/ mit eingefangene vorige Saal/ so annochstehet/ verhindere/ daß man sagen möge/ der Mann habe sein Haus erneuert/ oder habe ein neues Gebäu aufgerichtet? Mich dunckt/ es wür- de der Warheit übel gleichen/ so man sagte/ er wohnet noch in seinem al- ten Hause. Eben so wenig wird die Einschliessung deß empyraeischen Himmels dem neu-geschaffenen Himmel den Namen eines neuen Him- mels abspannen. Himmel und Erden werden vergehen; nemlich der gestirnte Himmel Eben so übel zu Fuß ist der Beweis/ daß der Himmel keinen Ort/ son- wenn
Der zehende Discurs/ ob der mit drein verbauete/ mit eingefangene vorige Saal/ ſo annochſtehet/ verhindere/ daß man ſagen moͤge/ der Mann habe ſein Haus erneuert/ oder habe ein neues Gebaͤu aufgerichtet? Mich dunckt/ es wuͤr- de der Warheit uͤbel gleichen/ ſo man ſagte/ er wohnet noch in ſeinem al- ten Hauſe. Eben ſo wenig wird die Einſchlieſſung deß empyræiſchen Himmels dem neu-geſchaffenen Himmel den Namen eines neuen Him- mels abſpannen. Himmel und Erden werden vergehen; nemlich der geſtirnte Himmel Eben ſo uͤbel zu Fuß iſt der Beweis/ daß der Himmel keinen Ort/ ſon- wenn
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Der zehende Discurs/
ob der mit drein verbauete/ mit eingefangene vorige Saal/ ſo annoch
ſtehet/ verhindere/ daß man ſagen moͤge/ der Mann habe ſein Haus
erneuert/ oder habe ein neues Gebaͤu aufgerichtet? Mich dunckt/ es wuͤr-
de der Warheit uͤbel gleichen/ ſo man ſagte/ er wohnet noch in ſeinem al-
ten Hauſe. Eben ſo wenig wird die Einſchlieſſung deß empyræiſchen
Himmels dem neu-geſchaffenen Himmel den Namen eines neuen Him-
mels abſpannen.
Himmel und Erden werden vergehen; nemlich der geſtirnte Himmel
ſamt der Erden. Geſetzt aber der Glantz-Himmel verginge mit; ſo wuͤr-
den die Auserwehlten deßwegen dennoch zu bleiben haben; und zwar/ in
dem neu-geſchaffenem Himmel. Daß Gott dem Herꝛn/ in dieſem Him-
mel/ ein Sitz zugeſchrieben wird/ geſchicht ſolcher Meinung/ daß Er ſich/
in ſelbigem Himmel/ den Seeligen am gnaͤdigſten/ lieblichſten/ und au-
genſcheinlichſten/ zu genieſſen gebe: und benimt ſolches ſeiner Allgegenwaͤr-
tigkeit darum nichts. Die heilige Schrifft meldet/ GOtt habe/ zu Jeru-
ſalem/ ſeinen Heerd gehabt; Er wolle in ſeinem Hauſe zu uns kommen/
und Wohnung/ bey uns machen: kan Er deßwegen nicht einen Weg wie
den andern/ uͤberall ſeyn?
Eben ſo uͤbel zu Fuß iſt der Beweis/ daß der Himmel keinen Ort/ ſon-
dern die himmliſche Glori/ und unbeſchreibliche Herꝛlichkeit/ bedeute; und
der Auserwehlten Himmel anders nichts ſey/ als die Anſchauung Gottes.
Denn wenn die heiligen Spruͤche/ von der himmliſchen Freude/ von dem
Liechte/ darinn Gott/ von Ewigkeit her/ wohne/ redet; wie kan ſolches
ſolcher Geſtalt den Himmel bedeuten/ daß hiedurch der Ort ausgeſchloſ-
ſen werde/ darinn die ſelig-Aufgenommene ſolcher Freuden ſich zu erfreuen
haben/ und ſolches Goͤttlichen Liechts/ mit den Augen/ genieſſen? Gottes
Angeſicht ſchauen/ iſt zwar ein fuͤrnehmes Stuͤck der ewigen Freude: aber
mit inbruͤnſtiger Liebe Jhm anhangen/ kein geringers: mit den H. Engeln/
und allen Mit-Erben Chriſti/ allen Genoſſen dieſes Freuden-Reichs
umgehen; mit triumphirlichem verklaͤrten Leibe/ und Engel-kluger Seelen/
begabt ſeyn/ von nichts/ als ewiger Wonne und Lieblichkeit wiſſen/ und
andres mehr; das gehoͤrt alles auch mit zu der ewigen Seligkeit. Dieſe
Seligkeit aber kan ich doch nicht recht eigentlich/ noch/ mit Ausſchlieſſung
deß Orts/ den Himmel nennen/ es geſchehe denn nach einer ſolchen Red-
Art/ ſo man in Schulen Metonymiam nennet/ nach welcher man bis-
weilen durch den Ort/ das jenige zuverſtehen giebt/ was an dem Ort vor-
geht/ oder zu finden iſt. Als wenn Chriſtus/ durch den Schos Abra-
hams/ das himmliſche Wolleben/ und den ewigen Troſt/ verſtehet/ wel-
chen Lazarus/ im Schos Abrahams (das iſt/im Himmel) empfindet: oder
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