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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der siebende Discurs/
Die 32.
Fußsteige
der Weis-
heit.

Die 32. Fußwege der Weisheit/ mit wenigem zu berührern; gehen
dieselbe aus/ von der Sephira Cochma, das ist/ von der Weisheit: und
seynd anders nicht/ als einige liechte klare Steige/ dadurch heilige und
gottsfürchtige Leute/ vermittelst langer Ubung in göttlichen Vetrach-
tungen/ und vielfältiger Erfahrung/ endlich zu den verborgenen Geheim-
nissen Gottes gelangen. Die Namen derselben findt man im Pardes.
Der erste Steig wird genannt die wunderbare Jntelligentz/ oder
Verstand/ und die höchste Kron/ die erste Herrlichkeit/ deren Wesen
keine Kreatur kan begreiffen.

Der Zweyte ist die erleuchtende Jntelligentz/ und die Krone der
Schöpffung/ der Glantz der gantz gleichen Einbarkeit/ so über alle Häup-
ter erhöhet ist/ und/ von den Cabalisten/ Gloria secunda, die zweyte Herr-
lichkeit/
getitulirt wird.

Der Dritte heist die heiligmachende Jntelligentz: ist der ersten
Weisheit Grund: wird getitulirt Meister/ Vatter oder Gebärer/ und
Wurtzel deß Glaubens: sintemal der Glaube/ aus seiner Krafft/
herrührt.

Der Vierdte die Ziel- und Maß empfahende Jntelligentz (Intel-
ligentia metalis seu receptacularis)
weil zu ihr/ von den drey öbersten
Jntelligentzen/ alle geistliche Tugenden/ Gaben/ und Kräffte/ gleich als
wie auf ein gemessenes Ziel/ herabfliessen; und hernach wiederum von ihr
aus fliessen/ durch die Subtilitet/ nach welcher einer von dem Andren/
in Krafft der höchsten Kron/ herfürrinnet: und wird genannt effluxus
idealis,
der Ausfluß deß Ur-Musters.

Der fünffte Steig heist die Wurtzelnde Jntelligentz/ oder die
Wurtzel deß Verstandes: weil er ist die gantz gleiche Einbarheit selbst/
wodurch diese sich/ mit der @ oder Jntelligentz/ vereinigt/ welche/
aus der Geheimkammer der Ur-Weisheit/ herfür rinnet.

Der sechste Steig heisst die Jntelligentz der vermittlenden Ein-
fliessung:
weil/ in derselben/ die Einflüsse der Ausfliessungen gehäuffet
werden. Denn sie macht herab lauffen solchen Zufluß in alle Wasser deß
Segens/ die/ in ihr/ zusammenstossen: Und wird dieser Steig der Was-
ser-Steig
benamset.

Was die
verborgene
Jntelligentz
heisse?
Der Siebende heist/ die verborgene Jntelligentz (der geheime
Verstand:
) weil sie ist ein Glantz/ so auf alle Kräffte deß Verstandes zu-
stralet. Die verborgene heist sie/ bey den Cabalisten/ darum/ weil man
sie anders nicht/ ohn durch die Jntelligentien der Messungen oder Zahl-
Namen/ begreifft: und hiemit wird dieser/ von dem ersten Steige/ un-
terschieden; in dem jener unbegreifflich/ dieser aber begreifflich ist. Wird

sonst
Der ſiebende Discurs/
Die 32.
Fußſteige
der Weis-
heit.

Die 32. Fußwege der Weisheit/ mit wenigem zu beruͤhrern; gehen
dieſelbe aus/ von der Sephira Cochma, das iſt/ von der Weisheit: und
ſeynd anders nicht/ als einige liechte klare Steige/ dadurch heilige und
gottsfuͤrchtige Leute/ vermittelſt langer Ubung in goͤttlichen Vetrach-
tungen/ und vielfaͤltiger Erfahrung/ endlich zu den verborgenen Geheim-
niſſen Gottes gelangen. Die Namen derſelben findt man im Pardes.
Der erſte Steig wird genannt die wunderbare Jntelligentz/ oder
Verſtand/ und die hoͤchſte Kron/ die erſte Herꝛlichkeit/ deren Weſen
keine Kreatur kan begreiffen.

Der Zweyte iſt die erleuchtende Jntelligentz/ und die Krone der
Schoͤpffung/ der Glantz der gantz gleichen Einbarkeit/ ſo uͤber alle Haͤup-
ter erhoͤhet iſt/ und/ von den Cabaliſten/ Gloria ſecunda, die zweyte Herꝛ-
lichkeit/
getitulirt wird.

Der Dritte heiſt die heiligmachende Jntelligentz: iſt der erſten
Weisheit Grund: wird getitulirt Meiſter/ Vatter oder Gebaͤrer/ und
Wurtzel deß Glaubens: ſintemal der Glaube/ aus ſeiner Krafft/
herruͤhrt.

Der Vierdte die Ziel- und Maß empfahende Jntelligentz (Intel-
ligentia metalis ſeu receptacularis)
weil zu ihr/ von den drey oͤberſten
Jntelligentzen/ alle geiſtliche Tugenden/ Gaben/ und Kraͤffte/ gleich als
wie auf ein gemeſſenes Ziel/ herabflieſſen; und hernach wiederum von ihr
aus flieſſen/ durch die Subtilitet/ nach welcher einer von dem Andren/
in Krafft der hoͤchſten Kron/ herfuͤrrinnet: und wird genannt effluxus
idealis,
der Ausfluß deß Ur-Muſters.

Der fuͤnffte Steig heiſt die Wurtzelnde Jntelligentz/ oder die
Wurtzel deß Verſtandes: weil er iſt die gantz gleiche Einbarheit ſelbſt/
wodurch dieſe ſich/ mit der @ oder Jntelligentz/ vereinigt/ welche/
aus der Geheimkammer der Ur-Weisheit/ herfuͤr rinnet.

Der ſechſte Steig heiſſt die Jntelligentz der vermittlenden Ein-
flieſſung:
weil/ in derſelben/ die Einfluͤſſe der Ausflieſſungen gehaͤuffet
werden. Denn ſie macht herab lauffen ſolchen Zufluß in alle Waſſer deß
Segens/ die/ in ihr/ zuſammenſtoſſen: Und wird dieſer Steig der Waſ-
ſer-Steig
benamſet.

Was die
verborgene
Jntelligentz
heiſſe?
Der Siebende heiſt/ die verborgene Jntelligentz (der geheime
Verſtand:
) weil ſie iſt ein Glantz/ ſo auf alle Kraͤffte deß Verſtandes zu-
ſtralet. Die verborgene heiſt ſie/ bey den Cabaliſten/ darum/ weil man
ſie anders nicht/ ohn durch die Jntelligentien der Meſſungen oder Zahl-
Namen/ begreifft: und hiemit wird dieſer/ von dem erſten Steige/ un-
terſchieden; in dem jener unbegreifflich/ dieſer aber begreifflich iſt. Wird

ſonſt
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[136/0162] Der ſiebende Discurs/ Die 32. Fußwege der Weisheit/ mit wenigem zu beruͤhrern; gehen dieſelbe aus/ von der Sephira Cochma, das iſt/ von der Weisheit: und ſeynd anders nicht/ als einige liechte klare Steige/ dadurch heilige und gottsfuͤrchtige Leute/ vermittelſt langer Ubung in goͤttlichen Vetrach- tungen/ und vielfaͤltiger Erfahrung/ endlich zu den verborgenen Geheim- niſſen Gottes gelangen. Die Namen derſelben findt man im Pardes. Der erſte Steig wird genannt die wunderbare Jntelligentz/ oder Verſtand/ und die hoͤchſte Kron/ die erſte Herꝛlichkeit/ deren Weſen keine Kreatur kan begreiffen. Der Zweyte iſt die erleuchtende Jntelligentz/ und die Krone der Schoͤpffung/ der Glantz der gantz gleichen Einbarkeit/ ſo uͤber alle Haͤup- ter erhoͤhet iſt/ und/ von den Cabaliſten/ Gloria ſecunda, die zweyte Herꝛ- lichkeit/ getitulirt wird. Der Dritte heiſt die heiligmachende Jntelligentz: iſt der erſten Weisheit Grund: wird getitulirt Meiſter/ Vatter oder Gebaͤrer/ und Wurtzel deß Glaubens: ſintemal der Glaube/ aus ſeiner Krafft/ herruͤhrt. Der Vierdte die Ziel- und Maß empfahende Jntelligentz (Intel- ligentia metalis ſeu receptacularis) weil zu ihr/ von den drey oͤberſten Jntelligentzen/ alle geiſtliche Tugenden/ Gaben/ und Kraͤffte/ gleich als wie auf ein gemeſſenes Ziel/ herabflieſſen; und hernach wiederum von ihr aus flieſſen/ durch die Subtilitet/ nach welcher einer von dem Andren/ in Krafft der hoͤchſten Kron/ herfuͤrrinnet: und wird genannt effluxus idealis, der Ausfluß deß Ur-Muſters. Der fuͤnffte Steig heiſt die Wurtzelnde Jntelligentz/ oder die Wurtzel deß Verſtandes: weil er iſt die gantz gleiche Einbarheit ſelbſt/ wodurch dieſe ſich/ mit der @ oder Jntelligentz/ vereinigt/ welche/ aus der Geheimkammer der Ur-Weisheit/ herfuͤr rinnet. Der ſechſte Steig heiſſt die Jntelligentz der vermittlenden Ein- flieſſung: weil/ in derſelben/ die Einfluͤſſe der Ausflieſſungen gehaͤuffet werden. Denn ſie macht herab lauffen ſolchen Zufluß in alle Waſſer deß Segens/ die/ in ihr/ zuſammenſtoſſen: Und wird dieſer Steig der Waſ- ſer-Steig benamſet. Der Siebende heiſt/ die verborgene Jntelligentz (der geheime Verſtand:) weil ſie iſt ein Glantz/ ſo auf alle Kraͤffte deß Verſtandes zu- ſtralet. Die verborgene heiſt ſie/ bey den Cabaliſten/ darum/ weil man ſie anders nicht/ ohn durch die Jntelligentien der Meſſungen oder Zahl- Namen/ begreifft: und hiemit wird dieſer/ von dem erſten Steige/ un- terſchieden; in dem jener unbegreifflich/ dieſer aber begreifflich iſt. Wird ſonſt Was die verborgene Jntelligentz heiſſe?

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/162>, abgerufen am 02.05.2024.