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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der zwey und zwantzigste Discurs/
derselbe einem Hirsch-Geweih fast gleicher sihet. Jn dem Schilde/ li-
set man die drey Buchstaben i a w oder I'a03CE;, denn/ an Statt deß o stehet
ein grosses umgekehrtes Griechisches m. die Randschrifft ist gantz Aegy-
ptisch. Doch gibt es auch etliche Muster/ ohne Beyschrifft; und die ha-
ben/ in der Hand/ keine Geissel; sondern gleichsam einen Dorn-Krantz/
und in der lincken/ einen Helm. Dergleichen hat Pignorius/ (a) sechs
lassen in Kupffer bringen: worunter drey den Namen a b r a c a Ks. Den
Gott aber/ welchen sie Sabaoth hiessen/ mahlete man/ in Gestalt eines
Jünglings/ so auf der Spitze eines Krauts saß; und/ in der lincken
Hand/ eine Geissel hielt; mit der rechten aber/ einen Finger auf den
Mund legte. Denn die Gnostici vermengten ihren Schwarm- und Ke-
tzer-Wahn/ mit mathematischen Sachen: weßwegen sie auch/ auf ihre
anhenckenden Steine/ die Namen der Sterne/ Zeichen/ und Decanen
oder Zeichen-Regenten/ stechen liessen.

Zu solchen Talismannen/ wurden fürnemlich zwo Sprachen/ für
heilig/ gerecht/ und tauglich geachtet; die Aegyptische/ und Assyrische/
(oder Chaldaeische) (b) weil die Götter/ zu solchen Heiligthümern/ auch
heilige Sprachen erforderten/ womit dieselbe beschrieben/ oder benamset
würden: darunter die Aegyptische und Assyrische/ vor Alters/ für die für-
nehmste/ gehalten wurden. Die Juden haben sich/ in diese aberglau-
bische Thorheit/ auch eben eingelassen/ und solche heilig-vermeinte Stein-
Schrifften den Schild Davids getitulirt. Gleichwol sind die meisten
Aegyptisch/ und zwar fast alle diejenige/ so man/ mit Griechischen Littern
beschrieben findet. Denn als die Macedonische Herrschafft auf kam;
nahmen die Aegypter das gantze Griechische Alphabet an/ und thaten/
von ihrem alten/ sieben Buchstaben dazu: um damit einige besondre
Wörter auszudrucken/ welche/ mit Griechischen Littern/ sich nicht recht
weder aussprechen/ noch schreiben lassen wolten.

Nicht aber grub man nur die Namen und Gestalten der Decanen
in die Steine/ und Ringe; um damit allem Ubel und Unfall zu wehren;
sondern auch der Zeichen deß Thier-Kreises/ und andrer neben ihnen
aufgehenden. Man nennet dieselbe/ und alle dergleichen Artzeney- oder
Bewahrungs- und Schutz-Zeichen/ insgemein Talismannen. Wel-
ches ein Arabisches Wort/ und von dem Hebraeischem Tselem herfliessen
Was Ta-
lisman be-
deute.
soll. Salmasius sagt/ er wisse nicht/ warum man ein solches Bild-Zei-
chen Talisman heisse; nachdemmal weder die Araber/ noch Perser/ von
dieser Flexion etwas wissen. Darum wollen wir uns aber hie nicht

viel
(a) In Tabula Isiaca.
(b) Docente Jamblicho, in Epistola ad Porphyrium.

Der zwey und zwantzigſte Discurs/
derſelbe einem Hirſch-Geweih faſt gleicher ſihet. Jn dem Schilde/ li-
ſet man die drey Buchſtaben i a w oder Ι᾽α03CE;, denn/ an Statt deß ω ſtehet
ein groſſes umgekehrtes Griechiſches m. die Randſchrifft iſt gantz Aegy-
ptiſch. Doch gibt es auch etliche Muſter/ ohne Beyſchrifft; und die ha-
ben/ in der Hand/ keine Geiſſel; ſondern gleichſam einen Dorn-Krantz/
und in der lincken/ einen Helm. Dergleichen hat Pignorius/ (a) ſechs
laſſen in Kupffer bringen: worunter drey den Namen a b r a c a Ξ. Den
Gott aber/ welchen ſie Σαβαὼθ hieſſen/ mahlete man/ in Geſtalt eines
Juͤnglings/ ſo auf der Spitze eines Krauts ſaß; und/ in der lincken
Hand/ eine Geiſſel hielt; mit der rechten aber/ einen Finger auf den
Mund legte. Denn die Gnoſtici vermengten ihren Schwarm- und Ke-
tzer-Wahn/ mit mathematiſchen Sachen: weßwegen ſie auch/ auf ihre
anhenckenden Steine/ die Namen der Sterne/ Zeichen/ und Decanen
oder Zeichen-Regenten/ ſtechen lieſſen.

Zu ſolchen Talismannen/ wurden fuͤrnemlich zwo Sprachen/ fuͤr
heilig/ gerecht/ und tauglich geachtet; die Aegyptiſche/ und Aſſyriſche/
(oder Chaldæiſche) (b) weil die Goͤtter/ zu ſolchen Heiligthuͤmern/ auch
heilige Sprachen erforderten/ womit dieſelbe beſchrieben/ oder benamſet
wuͤrden: darunter die Aegyptiſche und Aſſyriſche/ vor Alters/ fuͤr die fuͤr-
nehmſte/ gehalten wurden. Die Juden haben ſich/ in dieſe aberglau-
biſche Thorheit/ auch eben eingelaſſen/ und ſolche heilig-vermeinte Stein-
Schrifften den Schild Davids getitulirt. Gleichwol ſind die meiſten
Aegyptiſch/ und zwar faſt alle diejenige/ ſo man/ mit Griechiſchen Littern
beſchrieben findet. Denn als die Macedoniſche Herꝛſchafft auf kam;
nahmen die Aegypter das gantze Griechiſche Alphabet an/ und thaten/
von ihrem alten/ ſieben Buchſtaben dazu: um damit einige beſondre
Woͤrter auszudrucken/ welche/ mit Griechiſchen Littern/ ſich nicht recht
weder ausſprechen/ noch ſchreiben laſſen wolten.

Nicht aber grub man nur die Namen und Geſtalten der Decanen
in die Steine/ und Ringe; um damit allem Ubel und Unfall zu wehren;
ſondern auch der Zeichen deß Thier-Kreiſes/ und andrer neben ihnen
aufgehenden. Man nennet dieſelbe/ und alle dergleichen Artzeney- oder
Bewahrungs- und Schutz-Zeichen/ insgemein Talismannen. Wel-
ches ein Arabiſches Wort/ und von dem Hebræiſchem Tſelem herflieſſen
Was Ta-
lisman be-
deute.
ſoll. Salmaſius ſagt/ er wiſſe nicht/ warum man ein ſolches Bild-Zei-
chen Talisman heiſſe; nachdemmal weder die Araber/ noch Perſer/ von
dieſer Flexion etwas wiſſen. Darum wollen wir uns aber hie nicht

viel
(a) In Tabula Iſiaca.
(b) Docente Jamblicho, in Epiſtola ad Porphyrium.
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[1394/1472] Der zwey und zwantzigſte Discurs/ derſelbe einem Hirſch-Geweih faſt gleicher ſihet. Jn dem Schilde/ li- ſet man die drey Buchſtaben i a w oder Ι᾽α03CE;, denn/ an Statt deß ω ſtehet ein groſſes umgekehrtes Griechiſches m. die Randſchrifft iſt gantz Aegy- ptiſch. Doch gibt es auch etliche Muſter/ ohne Beyſchrifft; und die ha- ben/ in der Hand/ keine Geiſſel; ſondern gleichſam einen Dorn-Krantz/ und in der lincken/ einen Helm. Dergleichen hat Pignorius/ (a) ſechs laſſen in Kupffer bringen: worunter drey den Namen a b r a c a Ξ. Den Gott aber/ welchen ſie Σαβαὼθ hieſſen/ mahlete man/ in Geſtalt eines Juͤnglings/ ſo auf der Spitze eines Krauts ſaß; und/ in der lincken Hand/ eine Geiſſel hielt; mit der rechten aber/ einen Finger auf den Mund legte. Denn die Gnoſtici vermengten ihren Schwarm- und Ke- tzer-Wahn/ mit mathematiſchen Sachen: weßwegen ſie auch/ auf ihre anhenckenden Steine/ die Namen der Sterne/ Zeichen/ und Decanen oder Zeichen-Regenten/ ſtechen lieſſen. Zu ſolchen Talismannen/ wurden fuͤrnemlich zwo Sprachen/ fuͤr heilig/ gerecht/ und tauglich geachtet; die Aegyptiſche/ und Aſſyriſche/ (oder Chaldæiſche) (b) weil die Goͤtter/ zu ſolchen Heiligthuͤmern/ auch heilige Sprachen erforderten/ womit dieſelbe beſchrieben/ oder benamſet wuͤrden: darunter die Aegyptiſche und Aſſyriſche/ vor Alters/ fuͤr die fuͤr- nehmſte/ gehalten wurden. Die Juden haben ſich/ in dieſe aberglau- biſche Thorheit/ auch eben eingelaſſen/ und ſolche heilig-vermeinte Stein- Schrifften den Schild Davids getitulirt. Gleichwol ſind die meiſten Aegyptiſch/ und zwar faſt alle diejenige/ ſo man/ mit Griechiſchen Littern beſchrieben findet. Denn als die Macedoniſche Herꝛſchafft auf kam; nahmen die Aegypter das gantze Griechiſche Alphabet an/ und thaten/ von ihrem alten/ ſieben Buchſtaben dazu: um damit einige beſondre Woͤrter auszudrucken/ welche/ mit Griechiſchen Littern/ ſich nicht recht weder ausſprechen/ noch ſchreiben laſſen wolten. Nicht aber grub man nur die Namen und Geſtalten der Decanen in die Steine/ und Ringe; um damit allem Ubel und Unfall zu wehren; ſondern auch der Zeichen deß Thier-Kreiſes/ und andrer neben ihnen aufgehenden. Man nennet dieſelbe/ und alle dergleichen Artzeney- oder Bewahrungs- und Schutz-Zeichen/ insgemein Talismannen. Wel- ches ein Arabiſches Wort/ und von dem Hebræiſchem Tſelem herflieſſen ſoll. Salmaſius ſagt/ er wiſſe nicht/ warum man ein ſolches Bild-Zei- chen Talisman heiſſe; nachdemmal weder die Araber/ noch Perſer/ von dieſer Flexion etwas wiſſen. Darum wollen wir uns aber hie nicht viel Was Ta- lisman be- deute. (a) In Tabula Iſiaca. (b) Docente Jamblicho, in Epiſtola ad Porphyrium.

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1472>, abgerufen am 15.05.2024.