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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Von den Kometen/ oder Stern-Ruten.
wäre. Aber woher kommt das übrige deß Schwantzes? Zugeschweigen
daß ein so grausam-grosser Himmels-Platz/ welcher zweymal so breit/ als
der Schwantz lang erscheinet/ von solcher Materi rings um den Kometen
herum/ allezeit angefüllet seyn/ und mit demselben stets fort beweget wer-
den müsste/ welches die Generation eines Kometen noch so schwer und
operos/ da doch die Natur den kürtzesten Weg zu gehen gewohnet/ zu ma-
chen scheinet.

Wolte man gleich sagen/ es wäre die Substantz deß Himmels selbst/
welche von solchen zusammengebrochenen/ und also verstärckten Stralen
scheinbar gemacht würde: So will solches damit gar nicht übereinstim-
men/ daß/ weder die Sterne/ die doch ein viel stärckeres Liecht zurückstos-
sen/ als der Komet durchgehen lassen kan/ noch die Sonne selbst/ derglei-
chen Sichtbarkeit deß himmlischen Wesens würcken könne. Denn es
bezeuget die Erfahrung/ daß ein Komet nicht etwan/ wie ein Glas voll
Wasser/ die Stralen nur mit einem fast unmercksamen Zoll der Refle-
xion/ hindurch passiren lasse; sondern wie ein Nebel dieselbigen auffan-
ge/ hin und wieder schlage/ und also schwäche/ um sich dadurch auf allen
Seiten ringsherum sichtbar und scheinend darzustellen/ da die dichten
Welt-Körper ohne solche schwächende Verwirrung/ und darzu nur he-
misphaerice,
das ist einseitig/ widerscheinen/ und also eine um so viel ver-
doppelte Krafft zu leuchten haben.

Wiewol freylich nach Proportion/ mehr Stralen der Sonnen ge-
genüber hindurchbrechen/ als ihrer seitwerts/ oder zuruck/ in irgend eine
Gegend vom Kometen ausgestreuet werden können. Jedoch was be-
dörffen wirs/ daß wir derer durchfahrenden Stralen Krafft mit derer zu-
rückprallenden ihrer/ also mühsam ausmessen? Man sehe nur die Sei-
ten-Striche deß Schwantzes am Kometen an: dieselben werden ja keines
wegs von einer starcken Zusammenbrechung vieler/ durch den Kometen
durchgehenden/ Stralen sichtbar/ sondern sie stehen also parallel zu bey-
den Seiten deß Schwantzes viel weiter voneinander/ als das Haupt deß
Kometens dicke oder breit ist: und nichts destoweniger sind sie so klar/ ja
bisweilen klärer/ als die Mittel-Striche nach der Länge deß Schwantzes
erscheinen.

Soll aber die Materi/ an welcher sich der Schein deß Kometen/ in
Gestalt eines Schwantzes/ zurück in unsere Augen schlägt/ von dem Ko-
meten abgesondert seyn; so wird solches bloß und allein unsere Lufft be-
treffen: weil die Welt anderswo keinen um unser Gesicht so weit ausge-
spannten Spiegel hat/ aus welchem uns die so gerade Reflexion zukom-
men könnte. Hiebey fällt dem Authori diese Lehrsatzung ein/ welche er

beschei-
J i i i i i i iij

Von den Kometen/ oder Stern-Ruten.
waͤre. Aber woher kommt das uͤbrige deß Schwantzes? Zugeſchweigen
daß ein ſo grauſam-groſſer Himmels-Platz/ welcher zweymal ſo breit/ als
der Schwantz lang erſcheinet/ von ſolcher Materi rings um den Kometen
herum/ allezeit angefuͤllet ſeyn/ und mit demſelben ſtets fort beweget wer-
den muͤſſte/ welches die Generation eines Kometen noch ſo ſchwer und
operos/ da doch die Natur den kuͤrtzeſten Weg zu gehen gewohnet/ zu ma-
chen ſcheinet.

Wolte man gleich ſagen/ es waͤre die Subſtantz deß Himmels ſelbſt/
welche von ſolchen zuſammengebrochenen/ und alſo verſtaͤrckten Stralen
ſcheinbar gemacht wuͤrde: So will ſolches damit gar nicht uͤbereinſtim-
men/ daß/ weder die Sterne/ die doch ein viel ſtaͤrckeres Liecht zuruͤckſtoſ-
ſen/ als der Komet durchgehen laſſen kan/ noch die Sonne ſelbſt/ derglei-
chen Sichtbarkeit deß himmliſchen Weſens wuͤrcken koͤnne. Denn es
bezeuget die Erfahrung/ daß ein Komet nicht etwan/ wie ein Glas voll
Waſſer/ die Stralen nur mit einem faſt unmerckſamen Zoll der Refle-
xion/ hindurch paſſiren laſſe; ſondern wie ein Nebel dieſelbigen auffan-
ge/ hin und wieder ſchlage/ und alſo ſchwaͤche/ um ſich dadurch auf allen
Seiten ringsherum ſichtbar und ſcheinend darzuſtellen/ da die dichten
Welt-Koͤrper ohne ſolche ſchwaͤchende Verwirrung/ und darzu nur he-
miſphæricè,
das iſt einſeitig/ widerſcheinen/ und alſo eine um ſo viel ver-
doppelte Krafft zu leuchten haben.

Wiewol freylich nach Proportion/ mehr Stralen der Sonnen ge-
genuͤber hindurchbrechen/ als ihrer ſeitwerts/ oder zuruck/ in irgend eine
Gegend vom Kometen ausgeſtreuet werden koͤnnen. Jedoch was be-
doͤrffen wirs/ daß wir derer durchfahrenden Stralen Krafft mit derer zu-
ruͤckprallenden ihrer/ alſo muͤhſam ausmeſſen? Man ſehe nur die Sei-
ten-Striche deß Schwantzes am Kometen an: dieſelben werden ja keines
wegs von einer ſtarcken Zuſammenbrechung vieler/ durch den Kometen
durchgehenden/ Stralen ſichtbar/ ſondern ſie ſtehen alſo parallel zu bey-
den Seiten deß Schwantzes viel weiter voneinander/ als das Haupt deß
Kometens dicke oder breit iſt: und nichts deſtoweniger ſind ſie ſo klar/ ja
bisweilen klaͤrer/ als die Mittel-Striche nach der Laͤnge deß Schwantzes
erſcheinen.

Soll aber die Materi/ an welcher ſich der Schein deß Kometen/ in
Geſtalt eines Schwantzes/ zuruͤck in unſere Augen ſchlaͤgt/ von dem Ko-
meten abgeſondert ſeyn; ſo wird ſolches bloß und allein unſere Lufft be-
treffen: weil die Welt anderswo keinen um unſer Geſicht ſo weit ausge-
ſpannten Spiegel hat/ aus welchem uns die ſo gerade Reflexion zukom-
men koͤnnte. Hiebey faͤllt dem Authori dieſe Lehrſatzung ein/ welche er

beſchei-
J i i i i i i iij
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[1173/1243] Von den Kometen/ oder Stern-Ruten. waͤre. Aber woher kommt das uͤbrige deß Schwantzes? Zugeſchweigen daß ein ſo grauſam-groſſer Himmels-Platz/ welcher zweymal ſo breit/ als der Schwantz lang erſcheinet/ von ſolcher Materi rings um den Kometen herum/ allezeit angefuͤllet ſeyn/ und mit demſelben ſtets fort beweget wer- den muͤſſte/ welches die Generation eines Kometen noch ſo ſchwer und operos/ da doch die Natur den kuͤrtzeſten Weg zu gehen gewohnet/ zu ma- chen ſcheinet. Wolte man gleich ſagen/ es waͤre die Subſtantz deß Himmels ſelbſt/ welche von ſolchen zuſammengebrochenen/ und alſo verſtaͤrckten Stralen ſcheinbar gemacht wuͤrde: So will ſolches damit gar nicht uͤbereinſtim- men/ daß/ weder die Sterne/ die doch ein viel ſtaͤrckeres Liecht zuruͤckſtoſ- ſen/ als der Komet durchgehen laſſen kan/ noch die Sonne ſelbſt/ derglei- chen Sichtbarkeit deß himmliſchen Weſens wuͤrcken koͤnne. Denn es bezeuget die Erfahrung/ daß ein Komet nicht etwan/ wie ein Glas voll Waſſer/ die Stralen nur mit einem faſt unmerckſamen Zoll der Refle- xion/ hindurch paſſiren laſſe; ſondern wie ein Nebel dieſelbigen auffan- ge/ hin und wieder ſchlage/ und alſo ſchwaͤche/ um ſich dadurch auf allen Seiten ringsherum ſichtbar und ſcheinend darzuſtellen/ da die dichten Welt-Koͤrper ohne ſolche ſchwaͤchende Verwirrung/ und darzu nur he- miſphæricè, das iſt einſeitig/ widerſcheinen/ und alſo eine um ſo viel ver- doppelte Krafft zu leuchten haben. Wiewol freylich nach Proportion/ mehr Stralen der Sonnen ge- genuͤber hindurchbrechen/ als ihrer ſeitwerts/ oder zuruck/ in irgend eine Gegend vom Kometen ausgeſtreuet werden koͤnnen. Jedoch was be- doͤrffen wirs/ daß wir derer durchfahrenden Stralen Krafft mit derer zu- ruͤckprallenden ihrer/ alſo muͤhſam ausmeſſen? Man ſehe nur die Sei- ten-Striche deß Schwantzes am Kometen an: dieſelben werden ja keines wegs von einer ſtarcken Zuſammenbrechung vieler/ durch den Kometen durchgehenden/ Stralen ſichtbar/ ſondern ſie ſtehen alſo parallel zu bey- den Seiten deß Schwantzes viel weiter voneinander/ als das Haupt deß Kometens dicke oder breit iſt: und nichts deſtoweniger ſind ſie ſo klar/ ja bisweilen klaͤrer/ als die Mittel-Striche nach der Laͤnge deß Schwantzes erſcheinen. Soll aber die Materi/ an welcher ſich der Schein deß Kometen/ in Geſtalt eines Schwantzes/ zuruͤck in unſere Augen ſchlaͤgt/ von dem Ko- meten abgeſondert ſeyn; ſo wird ſolches bloß und allein unſere Lufft be- treffen: weil die Welt anderswo keinen um unſer Geſicht ſo weit ausge- ſpannten Spiegel hat/ aus welchem uns die ſo gerade Reflexion zukom- men koͤnnte. Hiebey faͤllt dem Authori dieſe Lehrſatzung ein/ welche er beſchei- J i i i i i i iij

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1243>, abgerufen am 28.07.2024.