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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Von den Kometen/ oder Stern-Ruten.

Schönwald. Mir ist nicht unbekandt/ daß Augustinus solches/
aus dem Buche Marci Varronis/ dessen Titel ist de gente Populi Ro-
mani,
mit deß Varronis eigenen Worten/ erzehle. Aber/ wenn ich
mich recht erinnere; so hält Augustinus dieses für ein Portentum oder
Wunderzeichen. Jst es aber ein Wunderzeichen; so kan es nicht aus
natürlichen Ursachen/ und also auch nicht/ vermittelst eines Dunstkreises/
sich begeben haben.

Goldstern. Die Wunderzeichen/ wie schon mehrmals gesagt
worden/ weichen darum nicht eben/ aus den Grentzen der Natur/ gar
hinweg; ob sie gleich den ordentlichen Steig der Natur überschreiten.
Ja etliche geschehen allerdings nach dem Lauffe der Natur; aber doch nur
selten: und darum weil sie nur selten geschehen/ als die Erdbeben/ grosse
Sturmwinde/ Wasserfluten/ starcke und gantze Finsternissen/ und der-
gleichen/ nimmt sie die erschreckende Welt/ für bedeutliche Vorzeichen/
auf: wie sie denn gemeinlich auch Vorboten schwerer Zeiten und Unfälle
sind/ auch/ von GOtt/ eben so wol uns zu Herolden seines Zorns/ als
beynebst zu diesem oder jenem natürlichem Zweck/ gerichtet werden. Also
kan auch die Verändrung/ an der Gestalt deß Morgensterns/ dennoch
wol ein Wunderzeichen bleiben; ob sie gleich/ durch den Dunstkreis dieses
Planetens/ natürlich vermittelt worden.

Winterschild. Weder die Vernunfft/ noch die Erfahrung wird
hierinn dem Herrn widerstehen. Denn die Wunderzeichen lauffen nicht
alle wider die Natur. Augustinus setzet zwar einen andren Grund/ zumAugustini
Beweis/
daß die
Wunder-
Geschichte
nicht wider
die Natur.

Beweis/ daß kein Wunderzeichen wider die Natur sey; nemlich die Gött-
liche Allmacht: Gestaltsam er also hievon redet: Hoc certe Varro, tan-
tus autor, portentum non appellaret, nisi esse contra naturam vide-
retur. Omnia quippe portenta contra naturam dicimus esse, sed
non sunt. Quomodo est enim contra naturam, quod Dei fit volun-
tate, cum voluntas tanti utique conditoris conditae rei cujusque na-
tura sit? Portentum ergo fit non contra naturam, sed contra quam
est nota natura &c. Quid ita dispositum est ab autore naturae coeli &
terrae, quemadmodum cursus ornatissimus siderum? Quid tam ra-
tis legibus fixisque firmatum? Et tamen, quando ille voluit, qui sum-
mo regit imperio ac potestate, quod condidit, stella prae caeteris ma-
gnitudine atque splendore notissima, colorem, magnitudinem, figu-
ram, & quod est mirabilius, sui cursus ordinem legemque mutavit.
Turbavit profecto tunc, si ulli jam fuerunt canones Astrologorum,
quos velut inerrabili computatione de praeteritis ac suturis astrorum
motibus conscriptos habent; quos canones sequendo ausi sunt dice-

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Von den Kometen/ oder Stern-Ruten.

Schoͤnwald. Mir iſt nicht unbekandt/ daß Auguſtinus ſolches/
aus dem Buche Marci Varronis/ deſſen Titel iſt de gente Populi Ro-
mani,
mit deß Varronis eigenen Worten/ erzehle. Aber/ wenn ich
mich recht erinnere; ſo haͤlt Auguſtinus dieſes fuͤr ein Portentum oder
Wunderzeichen. Jſt es aber ein Wunderzeichen; ſo kan es nicht aus
natuͤrlichen Urſachen/ und alſo auch nicht/ vermittelſt eines Dunſtkreiſes/
ſich begeben haben.

Goldſtern. Die Wunderzeichen/ wie ſchon mehrmals geſagt
worden/ weichen darum nicht eben/ aus den Grentzen der Natur/ gar
hinweg; ob ſie gleich den ordentlichen Steig der Natur uͤberſchreiten.
Ja etliche geſchehen allerdings nach dem Lauffe der Natur; aber doch nur
ſelten: und darum weil ſie nur ſelten geſchehen/ als die Erdbeben/ groſſe
Sturmwinde/ Waſſerfluten/ ſtarcke und gantze Finſterniſſen/ und der-
gleichen/ nimmt ſie die erſchreckende Welt/ fuͤr bedeutliche Vorzeichen/
auf: wie ſie denn gemeinlich auch Vorboten ſchwerer Zeiten und Unfaͤlle
ſind/ auch/ von GOtt/ eben ſo wol uns zu Herolden ſeines Zorns/ als
beynebſt zu dieſem oder jenem natuͤrlichem Zweck/ gerichtet werden. Alſo
kan auch die Veraͤndrung/ an der Geſtalt deß Morgenſterns/ dennoch
wol ein Wunderzeichen bleiben; ob ſie gleich/ durch den Dunſtkreis dieſes
Planetens/ natuͤrlich vermittelt worden.

Winterſchild. Weder die Vernunfft/ noch die Erfahrung wird
hierinn dem Herꝛn widerſtehen. Denn die Wunderzeichen lauffen nicht
alle wider die Natur. Auguſtinus ſetzet zwar einen andren Grund/ zumAuguſtini
Beweis/
daß die
Wunder-
Geſchichte
nicht wider
die Natur.

Beweis/ daß kein Wunderzeichen wider die Natur ſey; nemlich die Goͤtt-
liche Allmacht: Geſtaltſam er alſo hievon redet: Hoc certè Varro, tan-
tus autor, portentum non appellaret, niſi eſſe contra naturam vide-
retur. Omnia quippe portenta contra naturam dicimus eſſe, ſed
non ſunt. Quomodo eſt enim contra naturam, quod Dei fit volun-
tate, cum voluntas tanti utique conditoris conditæ rei cujusque na-
tura ſit? Portentum ergo fit non contra naturam, ſed contra quàm
eſt nota natura &c. Quid ita diſpoſitum eſt ab autore naturæ cœlì &
terræ, quemadmodum curſus ornatiſſimus ſiderum? Quid tam ra-
tis legibus fixisq́ue firmatum? Et tamen, quando ille voluit, qui ſum-
mo regit imperio ac poteſtate, quod condidit, ſtella præ cæteris ma-
gnitudine atque ſplendore notiſſima, colorem, magnitudinem, figu-
ram, & quod eſt mirabilius, ſui curſus ordinem legemq́ue mutavit.
Turbavit profectò tunc, ſi ulli jam fuerunt canones Aſtrologorum,
quos velut inerrabili computatione de præteritis ac ſuturis aſtrorum
motibus conſcriptos habent; quos canones ſequendo auſi ſunt dice-

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[1149/1219] Von den Kometen/ oder Stern-Ruten. Schoͤnwald. Mir iſt nicht unbekandt/ daß Auguſtinus ſolches/ aus dem Buche Marci Varronis/ deſſen Titel iſt de gente Populi Ro- mani, mit deß Varronis eigenen Worten/ erzehle. Aber/ wenn ich mich recht erinnere; ſo haͤlt Auguſtinus dieſes fuͤr ein Portentum oder Wunderzeichen. Jſt es aber ein Wunderzeichen; ſo kan es nicht aus natuͤrlichen Urſachen/ und alſo auch nicht/ vermittelſt eines Dunſtkreiſes/ ſich begeben haben. Goldſtern. Die Wunderzeichen/ wie ſchon mehrmals geſagt worden/ weichen darum nicht eben/ aus den Grentzen der Natur/ gar hinweg; ob ſie gleich den ordentlichen Steig der Natur uͤberſchreiten. Ja etliche geſchehen allerdings nach dem Lauffe der Natur; aber doch nur ſelten: und darum weil ſie nur ſelten geſchehen/ als die Erdbeben/ groſſe Sturmwinde/ Waſſerfluten/ ſtarcke und gantze Finſterniſſen/ und der- gleichen/ nimmt ſie die erſchreckende Welt/ fuͤr bedeutliche Vorzeichen/ auf: wie ſie denn gemeinlich auch Vorboten ſchwerer Zeiten und Unfaͤlle ſind/ auch/ von GOtt/ eben ſo wol uns zu Herolden ſeines Zorns/ als beynebſt zu dieſem oder jenem natuͤrlichem Zweck/ gerichtet werden. Alſo kan auch die Veraͤndrung/ an der Geſtalt deß Morgenſterns/ dennoch wol ein Wunderzeichen bleiben; ob ſie gleich/ durch den Dunſtkreis dieſes Planetens/ natuͤrlich vermittelt worden. Winterſchild. Weder die Vernunfft/ noch die Erfahrung wird hierinn dem Herꝛn widerſtehen. Denn die Wunderzeichen lauffen nicht alle wider die Natur. Auguſtinus ſetzet zwar einen andren Grund/ zum Beweis/ daß kein Wunderzeichen wider die Natur ſey; nemlich die Goͤtt- liche Allmacht: Geſtaltſam er alſo hievon redet: Hoc certè Varro, tan- tus autor, portentum non appellaret, niſi eſſe contra naturam vide- retur. Omnia quippe portenta contra naturam dicimus eſſe, ſed non ſunt. Quomodo eſt enim contra naturam, quod Dei fit volun- tate, cum voluntas tanti utique conditoris conditæ rei cujusque na- tura ſit? Portentum ergo fit non contra naturam, ſed contra quàm eſt nota natura &c. Quid ita diſpoſitum eſt ab autore naturæ cœlì & terræ, quemadmodum curſus ornatiſſimus ſiderum? Quid tam ra- tis legibus fixisq́ue firmatum? Et tamen, quando ille voluit, qui ſum- mo regit imperio ac poteſtate, quod condidit, ſtella præ cæteris ma- gnitudine atque ſplendore notiſſima, colorem, magnitudinem, figu- ram, & quod eſt mirabilius, ſui curſus ordinem legemq́ue mutavit. Turbavit profectò tunc, ſi ulli jam fuerunt canones Aſtrologorum, quos velut inerrabili computatione de præteritis ac ſuturis aſtrorum motibus conſcriptos habent; quos canones ſequendo auſi ſunt dice- re Auguſtini Beweis/ daß die Wunder- Geſchichte nicht wider die Natur. F f f f f f f 3

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1219>, abgerufen am 28.07.2024.