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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der ein und zwantzigste Discurs/
Mir geht es doch gleichwol so unwillig nicht ein/ daß die Kometen/ von
den aufstehenden warmen und trucknen Dämpffen/ geboren werden/ und
in der obern Lufft entbrennen/ gleichwie ein ölichter Rauch/ der von einer
Pechkertzen/ oder ausgeleschten Lampen/ sich empöret: Zumal weil sol-
cher hitzigen Dämpffe nach und nach immer noch mehr nachsteigen/ und
also einen ziemlich-langen Unterhalt gewinnen können.

Goldstern. Die Vernunfft wird/ durch mancherley Ursachen/
zuruckgehalten/ daß sie solches solte für bekandt annehmen. Man spricht/
eine so subtile Materi der Ausdämpffung könne sich nicht viel Monaten/
in den Lüfften brennend erhalten; und es sey unmöglich/ daß ein so grosser
Grösse deß
Kometen
Ann. 1618.
Schein/ sich von wenig Hitze erhaltend/ eine so schreckliche Gestalt an sich
nehmen solte: massen der Komet/ so 1618. erschienen/ sich auf 40. himm-
lischer Stuffen (deren jede 20. Teutsche Meilen begreifft) erstreckt; und
uns doch/ wegen der Ferne/ klein fürgekommen. Ob man nun gleich sa-
gen möchte/ daß dergleichen heisse Dämpffe/ mit andern hernach steigen-
den/ genähret würden: verträgt sich solches doch nicht/ mit dem Lauffe deß
Kometen/ und deß Dampffes: welcher gerad aufzusteigen pfleget; dieser
aber sich in die Rundung wendet. (a)

Warum
die Aristo-
telische
Meinung
nicht beste-
he.
Andrebringen auch dieses dawider auf: die Parallaxis der Kome-
ten sey allezeit kleiner/ denn deß Monds; bisweilen wol gar keine/ oder
beynahe unsichtbare. Daraus folgen muß/ der Komet stehe allezeit
höher/ weder der Mond. Deßhalben widerspricht Tycho auch dem
Thaddaeo/ welcher auch/ unter dem Mond/ etliche Kometen vermutete/
und schreibt/ es sey gar kein Zweiffel/ daß sie alle/ über dem Mond/ in der
Himmels-Gegend/ erzeugt werden. (b)

Winterschild. Dennoch erkennet auch der gelehrte Vossius die
nider-weltliche Gegend unter dem Mond für Kometen-fähig; wenn er/
auf folgende Weise/ davonredet. Es müssen trauen! auch dieje-
nige Kometen/ so man/ in der höchsten Lufft sihet/ nothwen-
dig sehr groß seyn. Aber wie nahe/ also folgends auch wie
gering und klein/ gegen denen/ welche am Himmel/ erscheinen/
müssen solche Lufft-Kometen seyn!

Und bald hernach lässt er sich weitläufftiger also heraus: Was/
von den Donner-Wettern bewusst/ das findet auch/ bey den
Kometen Raum; daß nemlich/ den Menschen zu gut/ die
Lufft dadurch/ von den schädlichen Dämpffen/ gesaubert

werde.
(a) G. P. H. im siebenden Theil der Erquickst. Problem. XXI. Tom. I.
(b) Vide lib. 2. Tychonis de Mundi aetherei recentioribus Phaenom. c. 10. Membr. 1.
Et Epist. ejusdem ad Rotmannum Anni 1595. 14. Jun.

Der ein und zwantzigſte Diſcurs/
Mir geht es doch gleichwol ſo unwillig nicht ein/ daß die Kometen/ von
den aufſtehenden warmen und trucknen Daͤmpffen/ geboren werden/ und
in der obern Lufft entbrennen/ gleichwie ein oͤlichter Rauch/ der von einer
Pechkertzen/ oder ausgeleſchten Lampen/ ſich empoͤret: Zumal weil ſol-
cher hitzigen Daͤmpffe nach und nach immer noch mehr nachſteigen/ und
alſo einen ziemlich-langen Unterhalt gewinnen koͤnnen.

Goldſtern. Die Vernunfft wird/ durch mancherley Urſachen/
zuruckgehalten/ daß ſie ſolches ſolte fuͤr bekandt annehmen. Man ſpricht/
eine ſo ſubtile Materi der Ausdaͤmpffung koͤnne ſich nicht viel Monaten/
in den Luͤfften brennend erhalten; und es ſey unmoͤglich/ daß ein ſo groſſer
Groͤſſe deß
Kometen
Ann. 1618.
Schein/ ſich von wenig Hitze erhaltend/ eine ſo ſchreckliche Geſtalt an ſich
nehmen ſolte: maſſen der Komet/ ſo 1618. erſchienen/ ſich auf 40. himm-
liſcher Stuffen (deren jede 20. Teutſche Meilen begreifft) erſtreckt; und
uns doch/ wegen der Ferne/ klein fuͤrgekommen. Ob man nun gleich ſa-
gen moͤchte/ daß dergleichen heiſſe Daͤmpffe/ mit andern hernach ſteigen-
den/ genaͤhret wuͤrden: vertraͤgt ſich ſolches doch nicht/ mit dem Lauffe deß
Kometen/ und deß Dampffes: welcher gerad aufzuſteigen pfleget; dieſer
aber ſich in die Rundung wendet. (a)

Warum
die Ariſto-
teliſche
Meinung
nicht beſte-
he.
Andrebringen auch dieſes dawider auf: die Parallaxis der Kome-
ten ſey allezeit kleiner/ denn deß Monds; bisweilen wol gar keine/ oder
beynahe unſichtbare. Daraus folgen muß/ der Komet ſtehe allezeit
hoͤher/ weder der Mond. Deßhalben widerſpricht Tycho auch dem
Thaddæo/ welcher auch/ unter dem Mond/ etliche Kometen vermutete/
und ſchreibt/ es ſey gar kein Zweiffel/ daß ſie alle/ uͤber dem Mond/ in der
Himmels-Gegend/ erzeugt werden. (b)

Winterſchild. Dennoch erkennet auch der gelehrte Voſſius die
nider-weltliche Gegend unter dem Mond fuͤr Kometen-faͤhig; wenn er/
auf folgende Weiſe/ davonredet. Es muͤſſen trauen! auch dieje-
nige Kometen/ ſo man/ in der hoͤchſten Lufft ſihet/ nothwen-
dig ſehr groß ſeyn. Aber wie nahe/ alſo folgends auch wie
gering und klein/ gegen denen/ welche am Himmel/ erſcheinen/
muͤſſen ſolche Lufft-Kometen ſeyn!

Und bald hernach laͤſſt er ſich weitlaͤufftiger alſo heraus: Was/
von den Donner-Wettern bewuſſt/ das findet auch/ bey den
Kometen Raum; daß nemlich/ den Menſchen zu gut/ die
Lufft dadurch/ von den ſchaͤdlichen Daͤmpffen/ geſaubert

werde.
(a) G. P. H. im ſiebenden Theil der Erquickſt. Problem. XXI. Tom. I.
(b) Vide lib. 2. Tychonis de Mundi ætherei recentioribus Phænom. c. 10. Membr. 1.
Et Epiſt. ejusdem ad Rotmannum Anni 1595. 14. Jun.
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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1180>, abgerufen am 28.07.2024.