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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der zwantzigste Discurs/
dem Weinstock/ fallen: Von diesen aber: Die Gerechten wer-
den leuchten/ wie die Sterne deß Himmels. Was ist das/
daß Erspricht: Wie die Blätter von dem Weinstock fallen/
so werden die Sterne vom Himmel fallen? Gleichwie die
Weinreben/ wenn sie mit den Trauben-früchten beschwerer
werden/ den Behelff der Blätter/ zu ihrer Decke und Schir-
mung/ vonnöthen haben; nach Ablegung der früchte aber/
ihrer Blätter entblösset werden müssen. Solche Beschaffen-
heit hat es auch/ mit dieser Welt: so lange das menschliche
Geschlecht darinn begriffen/ wird der Himmel auch die Ster-
ne behalten/ wie der Weinstock die Blätter. Denn wenn die
Nacht aufhört; wird/ ohne Zweiffel/ auch die Nutzbarkeit
der Sterne/ mit samt der Nacht/ aufhören.
(a)

Diesem nach bedunckt mich/ die einfältigste Bedeutung sey allhie
fast die sicherste. Wiewol ich dennoch andren/ die hierinn etwas Glaub-
lichers vorbringen möchten/ meinen Beyfall gar gern ergebe. Gleiches
Sinnes und Willens bin ich auch/ in der vormals behandelten Frage:
Ob die Welt gar vergehen/ oder nur verwandelt werden solle? Denn/
wie damals in erwehntem achten Discurse/ angedeutet/ hat meine Mei-
Chrysosto-
mi Zengniß
von der
Verwand-
lung deß
Himmels.
nung so wol/ als die andre/ einen ansehnlichen Anhang. Nicht allein
erst-angezogener Chrysostomus/ sondern auch Hieronymus/ und andre
Kirchen-Lehrer mehr/ halten es/ mit der Verwandlung. Jenes Be-
duncken gibt sich/ unter andren/ aus diesen schönen und wol-betrachtlichen
Worten: Tum aperientur coelestium fastigiorum portae; imo istud
ipsum coelum e medio subducetur, haud aliter atque scenae pelles, ac
velum contrahitur e medio, ut commutetur in melius.
(b) Alsdenn
werden die Pforten der himmlischen Höhen anfgethan/ und
der Himmel selbst aus dem Mittel geräumt werden/ nicht
anders/ denn wie man/ in den Schauspielen/ die Vorhänge
hinwegthut/ oder eine Decke zusammenwickelt: auf daß er/
in eine bessere Gestalt verwandelt werde.

S. Hieronymus bezeucht sich/ auf den Spruch deß Psalms: Sie werden verwandelt wie ein Kleid/ wenn du sie verwandeln
wirst:
(c) und gehet auf den Buchstab/ welcher/ von keinem gäntzlichen
Untergange/ sondern von der Verwandlung/ rede. (d) Epiphanius

spricht:
(a) S. Chrysost. Homil. ad Neophytos Tom. 5. p. 618.
(b) Idem in Paraenesi ad Theodorum Lapsum ejusdem Tomi.
(c) Psal. 102.
(d) Hieronym. in c. 51. Isaiae Tom. 2.

Der zwantzigſte Discurs/
dem Weinſtock/ fallen: Von dieſen aber: Die Gerechten wer-
den leuchten/ wie die Sterne deß Himmels. Was iſt das/
daß Erſpricht: Wie die Blaͤtter von dem Weinſtock fallen/
ſo werden die Sterne vom Himmel fallen? Gleichwie die
Weinreben/ wenn ſie mit den Trauben-fruͤchten beſchwerer
werden/ den Behelff der Blaͤtter/ zu ihrer Decke und Schir-
mung/ vonnoͤthen haben; nach Ablegung der fruͤchte aber/
ihrer Blaͤtter entbloͤſſet werden muͤſſen. Solche Beſchaffen-
heit hat es auch/ mit dieſer Welt: ſo lange das menſchliche
Geſchlecht darinn begriffen/ wird der Himmel auch die Ster-
ne behalten/ wie der Weinſtock die Blaͤtter. Denn wenn die
Nacht aufhoͤrt; wird/ ohne Zweiffel/ auch die Nutzbarkeit
der Sterne/ mit ſamt der Nacht/ aufhoͤren.
(a)

Dieſem nach bedunckt mich/ die einfaͤltigſte Bedeutung ſey allhie
faſt die ſicherſte. Wiewol ich dennoch andren/ die hierinn etwas Glaub-
lichers vorbringen moͤchten/ meinen Beyfall gar gern ergebe. Gleiches
Sinnes und Willens bin ich auch/ in der vormals behandelten Frage:
Ob die Welt gar vergehen/ oder nur verwandelt werden ſolle? Denn/
wie damals in erwehntem achten Diſcurſe/ angedeutet/ hat meine Mei-
Chryſoſto-
mi Zengniß
von der
Verwand-
lung deß
Himmels.
nung ſo wol/ als die andre/ einen anſehnlichen Anhang. Nicht allein
erſt-angezogener Chryſoſtomus/ ſondern auch Hieronymus/ und andre
Kirchen-Lehrer mehr/ halten es/ mit der Verwandlung. Jenes Be-
duncken gibt ſich/ unter andren/ aus dieſen ſchoͤnen und wol-betrachtlichen
Worten: Tum aperientur cœleſtium faſtigiorum portæ; imò iſtud
ipſum cœlum è medio ſubducetur, haud aliter atque ſcenæ pelles, ac
velum contrahitur è medio, ut commutetur in melius.
(b) Alsdenn
werden die Pforten der himmliſchen Hoͤhen anfgethan/ und
der Himmel ſelbſt aus dem Mittel geraͤumt werden/ nicht
anders/ denn wie man/ in den Schauſpielen/ die Vorhaͤnge
hinwegthut/ oder eine Decke zuſammenwickelt: auf daß er/
in eine beſſere Geſtalt verwandelt werde.

S. Hieronymus bezeucht ſich/ auf den Spruch deß Pſalms: Sie werden verwandelt wie ein Kleid/ wenn du ſie verwandeln
wirſt:
(c) und gehet auf den Buchſtab/ welcher/ von keinem gaͤntzlichen
Untergange/ ſondern von der Verwandlung/ rede. (d) Epiphanius

ſpricht:
(a) S. Chryſoſt. Homil. ad Neophytos Tom. 5. p. 618.
(b) Idem in Paræneſi ad Theodorum Lapſum ejusdem Tomi.
(c) Pſal. 102.
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[1088/1158] Der zwantzigſte Discurs/ dem Weinſtock/ fallen: Von dieſen aber: Die Gerechten wer- den leuchten/ wie die Sterne deß Himmels. Was iſt das/ daß Erſpricht: Wie die Blaͤtter von dem Weinſtock fallen/ ſo werden die Sterne vom Himmel fallen? Gleichwie die Weinreben/ wenn ſie mit den Trauben-fruͤchten beſchwerer werden/ den Behelff der Blaͤtter/ zu ihrer Decke und Schir- mung/ vonnoͤthen haben; nach Ablegung der fruͤchte aber/ ihrer Blaͤtter entbloͤſſet werden muͤſſen. Solche Beſchaffen- heit hat es auch/ mit dieſer Welt: ſo lange das menſchliche Geſchlecht darinn begriffen/ wird der Himmel auch die Ster- ne behalten/ wie der Weinſtock die Blaͤtter. Denn wenn die Nacht aufhoͤrt; wird/ ohne Zweiffel/ auch die Nutzbarkeit der Sterne/ mit ſamt der Nacht/ aufhoͤren. (a) Dieſem nach bedunckt mich/ die einfaͤltigſte Bedeutung ſey allhie faſt die ſicherſte. Wiewol ich dennoch andren/ die hierinn etwas Glaub- lichers vorbringen moͤchten/ meinen Beyfall gar gern ergebe. Gleiches Sinnes und Willens bin ich auch/ in der vormals behandelten Frage: Ob die Welt gar vergehen/ oder nur verwandelt werden ſolle? Denn/ wie damals in erwehntem achten Diſcurſe/ angedeutet/ hat meine Mei- nung ſo wol/ als die andre/ einen anſehnlichen Anhang. Nicht allein erſt-angezogener Chryſoſtomus/ ſondern auch Hieronymus/ und andre Kirchen-Lehrer mehr/ halten es/ mit der Verwandlung. Jenes Be- duncken gibt ſich/ unter andren/ aus dieſen ſchoͤnen und wol-betrachtlichen Worten: Tum aperientur cœleſtium faſtigiorum portæ; imò iſtud ipſum cœlum è medio ſubducetur, haud aliter atque ſcenæ pelles, ac velum contrahitur è medio, ut commutetur in melius. (b) Alsdenn werden die Pforten der himmliſchen Hoͤhen anfgethan/ und der Himmel ſelbſt aus dem Mittel geraͤumt werden/ nicht anders/ denn wie man/ in den Schauſpielen/ die Vorhaͤnge hinwegthut/ oder eine Decke zuſammenwickelt: auf daß er/ in eine beſſere Geſtalt verwandelt werde. Chryſoſto- mi Zengniß von der Verwand- lung deß Himmels. S. Hieronymus bezeucht ſich/ auf den Spruch deß Pſalms: Sie werden verwandelt wie ein Kleid/ wenn du ſie verwandeln wirſt: (c) und gehet auf den Buchſtab/ welcher/ von keinem gaͤntzlichen Untergange/ ſondern von der Verwandlung/ rede. (d) Epiphanius ſpricht: (a) S. Chryſoſt. Homil. ad Neophytos Tom. 5. p. 618. (b) Idem in Paræneſi ad Theodorum Lapſum ejusdem Tomi. (c) Pſal. 102. (d) Hieronym. in c. 51. Iſaiæ Tom. 2.

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1088. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1158>, abgerufen am 23.12.2024.