nen Gaul. Ich gab ihm beide Sporen, und weiß nicht, wie weit ich zum zweitenmale toll in den Wald hinein gejagt bin.
Als ich nun endlich wieder still hielt, war es abendkühl um mich her. Durch die Zweige sah ich einen weißen Fußpfad leuchten, von dem ich meinte, er müsse aus dem Forste nach der Stadt zurückführen. Ich wollte mich dahin durcharbeiten; aber ein ganz weißes, undeutli- ches Antlitz, mit immer wechselnden Zügen, sah mir zwischen den Blättern entgegen; ich wollte ihm ausweichen, aber wo ich hinkam, war es auch. Ergrimmt gedacht' ich endlich mein Roß darauf los zu treiben; da sprudelte es mir und dem Pferde weißen Schaum entgegen, daß wir Beide geblendet umwenden mußten. So trieb es uns von Schritt zu Schritt, immer von dem Fußsteige abwärts, und ließ uns überhaupt nur nach einer einzigen Richtung hin den Weg noch frei. Zogen wir aber auf dieser fort, so war es wohl dicht hinter uns, that uns jedoch nicht
nen Gaul. Ich gab ihm beide Sporen, und weiß nicht, wie weit ich zum zweitenmale toll in den Wald hinein gejagt bin.
Als ich nun endlich wieder ſtill hielt, war es abendkuͤhl um mich her. Durch die Zweige ſah ich einen weißen Fußpfad leuchten, von dem ich meinte, er muͤſſe aus dem Forſte nach der Stadt zuruͤckfuͤhren. Ich wollte mich dahin durcharbeiten; aber ein ganz weißes, undeutli- ches Antlitz, mit immer wechſelnden Zuͤgen, ſah mir zwiſchen den Blaͤttern entgegen; ich wollte ihm ausweichen, aber wo ich hinkam, war es auch. Ergrimmt gedacht’ ich endlich mein Roß darauf los zu treiben; da ſprudelte es mir und dem Pferde weißen Schaum entgegen, daß wir Beide geblendet umwenden mußten. So trieb es uns von Schritt zu Schritt, immer von dem Fußſteige abwaͤrts, und ließ uns uͤberhaupt nur nach einer einzigen Richtung hin den Weg noch frei. Zogen wir aber auf dieſer fort, ſo war es wohl dicht hinter uns, that uns jedoch nicht
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nen Gaul. Ich gab ihm beide Sporen, und
weiß nicht, wie weit ich zum zweitenmale toll
in den Wald hinein gejagt bin.
Als ich nun endlich wieder ſtill hielt, war
es abendkuͤhl um mich her. Durch die Zweige
ſah ich einen weißen Fußpfad leuchten, von dem
ich meinte, er muͤſſe aus dem Forſte nach der
Stadt zuruͤckfuͤhren. Ich wollte mich dahin
durcharbeiten; aber ein ganz weißes, undeutli-
ches Antlitz, mit immer wechſelnden Zuͤgen, ſah
mir zwiſchen den Blaͤttern entgegen; ich wollte
ihm ausweichen, aber wo ich hinkam, war es
auch. Ergrimmt gedacht’ ich endlich mein Roß
darauf los zu treiben; da ſprudelte es mir und
dem Pferde weißen Schaum entgegen, daß wir
Beide geblendet umwenden mußten. So trieb
es uns von Schritt zu Schritt, immer von dem
Fußſteige abwaͤrts, und ließ uns uͤberhaupt nur
nach einer einzigen Richtung hin den Weg noch
frei. Zogen wir aber auf dieſer fort, ſo war es
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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/59>, abgerufen am 16.02.2025.
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