Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

Bild:
<< vorherige Seite

nen Gaul. Ich gab ihm beide Sporen, und
weiß nicht, wie weit ich zum zweitenmale toll
in den Wald hinein gejagt bin.

Als ich nun endlich wieder still hielt, war
es abendkühl um mich her. Durch die Zweige
sah ich einen weißen Fußpfad leuchten, von dem
ich meinte, er müsse aus dem Forste nach der
Stadt zurückführen. Ich wollte mich dahin
durcharbeiten; aber ein ganz weißes, undeutli-
ches Antlitz, mit immer wechselnden Zügen, sah
mir zwischen den Blättern entgegen; ich wollte
ihm ausweichen, aber wo ich hinkam, war es
auch. Ergrimmt gedacht' ich endlich mein Roß
darauf los zu treiben; da sprudelte es mir und
dem Pferde weißen Schaum entgegen, daß wir
Beide geblendet umwenden mußten. So trieb
es uns von Schritt zu Schritt, immer von dem
Fußsteige abwärts, und ließ uns überhaupt nur
nach einer einzigen Richtung hin den Weg noch
frei. Zogen wir aber auf dieser fort, so war es
wohl dicht hinter uns, that uns jedoch nicht

nen Gaul. Ich gab ihm beide Sporen, und
weiß nicht, wie weit ich zum zweitenmale toll
in den Wald hinein gejagt bin.

Als ich nun endlich wieder ſtill hielt, war
es abendkuͤhl um mich her. Durch die Zweige
ſah ich einen weißen Fußpfad leuchten, von dem
ich meinte, er muͤſſe aus dem Forſte nach der
Stadt zuruͤckfuͤhren. Ich wollte mich dahin
durcharbeiten; aber ein ganz weißes, undeutli-
ches Antlitz, mit immer wechſelnden Zuͤgen, ſah
mir zwiſchen den Blaͤttern entgegen; ich wollte
ihm ausweichen, aber wo ich hinkam, war es
auch. Ergrimmt gedacht’ ich endlich mein Roß
darauf los zu treiben; da ſprudelte es mir und
dem Pferde weißen Schaum entgegen, daß wir
Beide geblendet umwenden mußten. So trieb
es uns von Schritt zu Schritt, immer von dem
Fußſteige abwaͤrts, und ließ uns uͤberhaupt nur
nach einer einzigen Richtung hin den Weg noch
frei. Zogen wir aber auf dieſer fort, ſo war es
wohl dicht hinter uns, that uns jedoch nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0059" n="45"/>
nen Gaul. Ich gab ihm beide Sporen, und<lb/>
weiß nicht, wie weit ich zum zweitenmale toll<lb/>
in den Wald hinein gejagt bin.</p><lb/>
          <p>Als ich nun endlich wieder &#x017F;till hielt, war<lb/>
es abendku&#x0364;hl um mich her. Durch die Zweige<lb/>
&#x017F;ah ich einen weißen Fußpfad leuchten, von dem<lb/>
ich meinte, er mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e aus dem For&#x017F;te nach der<lb/>
Stadt zuru&#x0364;ckfu&#x0364;hren. Ich wollte mich dahin<lb/>
durcharbeiten; aber ein ganz weißes, undeutli-<lb/>
ches Antlitz, mit immer wech&#x017F;elnden Zu&#x0364;gen, &#x017F;ah<lb/>
mir zwi&#x017F;chen den Bla&#x0364;ttern entgegen; ich wollte<lb/>
ihm ausweichen, aber wo ich hinkam, war es<lb/>
auch. Ergrimmt gedacht&#x2019; ich endlich mein Roß<lb/>
darauf los zu treiben; da &#x017F;prudelte es mir und<lb/>
dem Pferde weißen Schaum entgegen, daß wir<lb/>
Beide geblendet umwenden mußten. So trieb<lb/>
es uns von Schritt zu Schritt, immer von dem<lb/>
Fuß&#x017F;teige abwa&#x0364;rts, und ließ uns u&#x0364;berhaupt nur<lb/>
nach einer einzigen Richtung hin den Weg noch<lb/>
frei. Zogen wir aber auf die&#x017F;er fort, &#x017F;o war es<lb/>
wohl dicht hinter uns, that uns jedoch nicht<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0059] nen Gaul. Ich gab ihm beide Sporen, und weiß nicht, wie weit ich zum zweitenmale toll in den Wald hinein gejagt bin. Als ich nun endlich wieder ſtill hielt, war es abendkuͤhl um mich her. Durch die Zweige ſah ich einen weißen Fußpfad leuchten, von dem ich meinte, er muͤſſe aus dem Forſte nach der Stadt zuruͤckfuͤhren. Ich wollte mich dahin durcharbeiten; aber ein ganz weißes, undeutli- ches Antlitz, mit immer wechſelnden Zuͤgen, ſah mir zwiſchen den Blaͤttern entgegen; ich wollte ihm ausweichen, aber wo ich hinkam, war es auch. Ergrimmt gedacht’ ich endlich mein Roß darauf los zu treiben; da ſprudelte es mir und dem Pferde weißen Schaum entgegen, daß wir Beide geblendet umwenden mußten. So trieb es uns von Schritt zu Schritt, immer von dem Fußſteige abwaͤrts, und ließ uns uͤberhaupt nur nach einer einzigen Richtung hin den Weg noch frei. Zogen wir aber auf dieſer fort, ſo war es wohl dicht hinter uns, that uns jedoch nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/59
Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/59>, abgerufen am 03.05.2024.