Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

Bild:
<< vorherige Seite

öfters mit in die finstre Nacht hinauszurufen:
Undine! Ach liebe Undine! Ich bitte Dich,
komme doch nur dies Einemal zurück.

Es ging indessen, wie es der Fischer gesagt
hatte. Keine Undine ließ sich hören oder sehn,
und weil der Alte durchaus nicht zugeben woll-
te, daß Huldbrand der Entflohenen nachspürte,
mußten sie endlich Beide wieder in die Hütte
gehen. Hier fanden sie das Feuer des Heerdes
beinahe erloschen, und die Hausfrau, die sich Un-
dinens Flucht und Gefahr bei weitem nicht so zu
Herzen nahm, als ihr Mann, bereits zur Ruhe
gegangen. Der Alte hauchte die Kohlen wieder
an, legte trocknes Holz darauf, und suchte bei
der wieder auflodernden Flamme einen Krug
mit Wein hervor, den er zwischen sich und sei-
nen Gast stellte. -- Euch ist auch Angst wegen
des dummen Mädchens, Herr Ritter, sagte er,
und wir wollen lieber einen Theil der Nacht
verplaudern und vertrinken, als uns auf den
Schilfmatten vergebens nach dem Schlafe her-
umwälzen. Nicht wahr? -- Huldbrand war

oͤfters mit in die finſtre Nacht hinauszurufen:
Undine! Ach liebe Undine! Ich bitte Dich,
komme doch nur dies Einemal zuruͤck.

Es ging indeſſen, wie es der Fiſcher geſagt
hatte. Keine Undine ließ ſich hoͤren oder ſehn,
und weil der Alte durchaus nicht zugeben woll-
te, daß Huldbrand der Entflohenen nachſpuͤrte,
mußten ſie endlich Beide wieder in die Huͤtte
gehen. Hier fanden ſie das Feuer des Heerdes
beinahe erloſchen, und die Hausfrau, die ſich Un-
dinens Flucht und Gefahr bei weitem nicht ſo zu
Herzen nahm, als ihr Mann, bereits zur Ruhe
gegangen. Der Alte hauchte die Kohlen wieder
an, legte trocknes Holz darauf, und ſuchte bei
der wieder auflodernden Flamme einen Krug
mit Wein hervor, den er zwiſchen ſich und ſei-
nen Gaſt ſtellte. — Euch iſt auch Angſt wegen
des dummen Maͤdchens, Herr Ritter, ſagte er,
und wir wollen lieber einen Theil der Nacht
verplaudern und vertrinken, als uns auf den
Schilfmatten vergebens nach dem Schlafe her-
umwaͤlzen. Nicht wahr? — Huldbrand war

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0032" n="18"/>
o&#x0364;fters mit in die fin&#x017F;tre Nacht hinauszurufen:<lb/>
Undine! Ach liebe Undine! Ich bitte Dich,<lb/>
komme doch nur dies Einemal zuru&#x0364;ck.</p><lb/>
          <p>Es ging inde&#x017F;&#x017F;en, wie es der Fi&#x017F;cher ge&#x017F;agt<lb/>
hatte. Keine Undine ließ &#x017F;ich ho&#x0364;ren oder &#x017F;ehn,<lb/>
und weil der Alte durchaus nicht zugeben woll-<lb/>
te, daß Huldbrand der Entflohenen nach&#x017F;pu&#x0364;rte,<lb/>
mußten &#x017F;ie endlich Beide wieder in die Hu&#x0364;tte<lb/>
gehen. Hier fanden &#x017F;ie das Feuer des Heerdes<lb/>
beinahe erlo&#x017F;chen, und die Hausfrau, die &#x017F;ich Un-<lb/>
dinens Flucht und Gefahr bei weitem nicht &#x017F;o zu<lb/>
Herzen nahm, als ihr Mann, bereits zur Ruhe<lb/>
gegangen. Der Alte hauchte die Kohlen wieder<lb/>
an, legte trocknes Holz darauf, und &#x017F;uchte bei<lb/>
der wieder auflodernden Flamme einen Krug<lb/>
mit Wein hervor, den er zwi&#x017F;chen &#x017F;ich und &#x017F;ei-<lb/>
nen Ga&#x017F;t &#x017F;tellte. &#x2014; Euch i&#x017F;t auch Ang&#x017F;t wegen<lb/>
des dummen Ma&#x0364;dchens, Herr Ritter, &#x017F;agte er,<lb/>
und wir wollen lieber einen Theil der Nacht<lb/>
verplaudern und vertrinken, als uns auf den<lb/>
Schilfmatten vergebens nach dem Schlafe her-<lb/>
umwa&#x0364;lzen. Nicht wahr? &#x2014; Huldbrand war<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0032] oͤfters mit in die finſtre Nacht hinauszurufen: Undine! Ach liebe Undine! Ich bitte Dich, komme doch nur dies Einemal zuruͤck. Es ging indeſſen, wie es der Fiſcher geſagt hatte. Keine Undine ließ ſich hoͤren oder ſehn, und weil der Alte durchaus nicht zugeben woll- te, daß Huldbrand der Entflohenen nachſpuͤrte, mußten ſie endlich Beide wieder in die Huͤtte gehen. Hier fanden ſie das Feuer des Heerdes beinahe erloſchen, und die Hausfrau, die ſich Un- dinens Flucht und Gefahr bei weitem nicht ſo zu Herzen nahm, als ihr Mann, bereits zur Ruhe gegangen. Der Alte hauchte die Kohlen wieder an, legte trocknes Holz darauf, und ſuchte bei der wieder auflodernden Flamme einen Krug mit Wein hervor, den er zwiſchen ſich und ſei- nen Gaſt ſtellte. — Euch iſt auch Angſt wegen des dummen Maͤdchens, Herr Ritter, ſagte er, und wir wollen lieber einen Theil der Nacht verplaudern und vertrinken, als uns auf den Schilfmatten vergebens nach dem Schlafe her- umwaͤlzen. Nicht wahr? — Huldbrand war

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/32
Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/32>, abgerufen am 19.04.2024.