Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

Bild:
<< vorherige Seite

willkürlich nach dem Fenster, weil es ihm zu
Muthe war, als müsse eine von den seltsamli-
chen Gestalten, die ihm im Forste begegnet wa-
ren, von dort hereingrinzen; er sah nichts, als
die tiefe, schwarze Nacht, die nun bereits drau-
ßen vor den Scheiben lag. Da nahm er sich
zusammen, und wollte eben seine Geschichte an-
fangen, als ihn der Alte mit den Worten un-
terbrach: nicht also, Herr Ritter; zu derglei-
chen ist es jetzund keine gute Zeit. -- Undi-
ne aber sprang zornmüthig von ihrem Bänkchen
auf, setzte die schönen Arme in die Seiten, und
rief, sich dicht vor den Fischer hinstellend: er
soll nicht erzählen, Vater? Er soll nicht? Ich
aber will's; er soll! Er soll doch! -- Und
damit trat das zierliche Füßchen heftig gegen
den Boden, aber das Alles mit solch einem drol-
lig anmuthigen Anstande, daß Huldbrand jetzt
in ihrem Zorn fast weniger noch die Augen von
ihr wegbringen konnte, als vorher in ihrer
Freundlichkeit. Bei dem Alten hingegen brach
der zurückgehaltene Unwillen in volle Flammen

willkuͤrlich nach dem Fenſter, weil es ihm zu
Muthe war, als muͤſſe eine von den ſeltſamli-
chen Geſtalten, die ihm im Forſte begegnet wa-
ren, von dort hereingrinzen; er ſah nichts, als
die tiefe, ſchwarze Nacht, die nun bereits drau-
ßen vor den Scheiben lag. Da nahm er ſich
zuſammen, und wollte eben ſeine Geſchichte an-
fangen, als ihn der Alte mit den Worten un-
terbrach: nicht alſo, Herr Ritter; zu derglei-
chen iſt es jetzund keine gute Zeit. — Undi-
ne aber ſprang zornmuͤthig von ihrem Baͤnkchen
auf, ſetzte die ſchoͤnen Arme in die Seiten, und
rief, ſich dicht vor den Fiſcher hinſtellend: er
ſoll nicht erzaͤhlen, Vater? Er ſoll nicht? Ich
aber will’s; er ſoll! Er ſoll doch! — Und
damit trat das zierliche Fuͤßchen heftig gegen
den Boden, aber das Alles mit ſolch einem drol-
lig anmuthigen Anſtande, daß Huldbrand jetzt
in ihrem Zorn faſt weniger noch die Augen von
ihr wegbringen konnte, als vorher in ihrer
Freundlichkeit. Bei dem Alten hingegen brach
der zuruͤckgehaltene Unwillen in volle Flammen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0028" n="14"/>
willku&#x0364;rlich nach dem Fen&#x017F;ter, weil es ihm zu<lb/>
Muthe war, als mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e eine von den &#x017F;elt&#x017F;amli-<lb/>
chen Ge&#x017F;talten, die ihm im For&#x017F;te begegnet wa-<lb/>
ren, von dort hereingrinzen; er &#x017F;ah nichts, als<lb/>
die tiefe, &#x017F;chwarze Nacht, die nun bereits drau-<lb/>
ßen vor den Scheiben lag. Da nahm er &#x017F;ich<lb/>
zu&#x017F;ammen, und wollte eben &#x017F;eine Ge&#x017F;chichte an-<lb/>
fangen, als ihn der Alte mit den Worten un-<lb/>
terbrach: nicht al&#x017F;o, Herr Ritter; zu derglei-<lb/>
chen i&#x017F;t es jetzund keine gute Zeit. &#x2014; Undi-<lb/>
ne aber &#x017F;prang zornmu&#x0364;thig von ihrem Ba&#x0364;nkchen<lb/>
auf, &#x017F;etzte die &#x017F;cho&#x0364;nen Arme in die Seiten, und<lb/>
rief, &#x017F;ich dicht vor den Fi&#x017F;cher hin&#x017F;tellend: er<lb/>
&#x017F;oll nicht erza&#x0364;hlen, Vater? Er &#x017F;oll nicht? Ich<lb/>
aber will&#x2019;s; er &#x017F;oll! Er &#x017F;oll doch! &#x2014; Und<lb/>
damit trat das zierliche Fu&#x0364;ßchen heftig gegen<lb/>
den Boden, aber das Alles mit &#x017F;olch einem drol-<lb/>
lig anmuthigen An&#x017F;tande, daß Huldbrand jetzt<lb/>
in ihrem Zorn fa&#x017F;t weniger noch die Augen von<lb/>
ihr wegbringen konnte, als vorher in ihrer<lb/>
Freundlichkeit. Bei dem Alten hingegen brach<lb/>
der zuru&#x0364;ckgehaltene Unwillen in volle Flammen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0028] willkuͤrlich nach dem Fenſter, weil es ihm zu Muthe war, als muͤſſe eine von den ſeltſamli- chen Geſtalten, die ihm im Forſte begegnet wa- ren, von dort hereingrinzen; er ſah nichts, als die tiefe, ſchwarze Nacht, die nun bereits drau- ßen vor den Scheiben lag. Da nahm er ſich zuſammen, und wollte eben ſeine Geſchichte an- fangen, als ihn der Alte mit den Worten un- terbrach: nicht alſo, Herr Ritter; zu derglei- chen iſt es jetzund keine gute Zeit. — Undi- ne aber ſprang zornmuͤthig von ihrem Baͤnkchen auf, ſetzte die ſchoͤnen Arme in die Seiten, und rief, ſich dicht vor den Fiſcher hinſtellend: er ſoll nicht erzaͤhlen, Vater? Er ſoll nicht? Ich aber will’s; er ſoll! Er ſoll doch! — Und damit trat das zierliche Fuͤßchen heftig gegen den Boden, aber das Alles mit ſolch einem drol- lig anmuthigen Anſtande, daß Huldbrand jetzt in ihrem Zorn faſt weniger noch die Augen von ihr wegbringen konnte, als vorher in ihrer Freundlichkeit. Bei dem Alten hingegen brach der zuruͤckgehaltene Unwillen in volle Flammen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/28
Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/28>, abgerufen am 22.11.2024.