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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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gann sie auch gleich, ihm auf das allerjämmer-
lichste nachzurufen, des Glaubens, er wolle sie
wirklich hier in der entsetzlichen Wildniß verla-
ßen. Er wußte gar nicht mehr, was er begin-
nen sollte. Gern hätte er dem wüthenden Thiere
volle Freiheit gegeben, durch die Nacht hinzu-
stürmen, und seine Raserei auszutoben, hätte er
nur nicht fürchten müssen, es würde in diesem
engen Paß mit seinen beerzten Hufen eben über
die Stelle hindonnern, wo Bertalda lag.

Während dieser großen Noth und Verlegen-
heit, war es ihm unendlich trostreich, daß er
einen Wagen langsam den steinigen Weg hinter
sich herabfahren hörte. Er rief um Beistand;
eine männliche Stimme antwortete, verwies ihn
zur Geduld, aber versprach, zu helfen, und bald
darauf leuchteten schon zwei Schimmel durch
das Gebüsch, der weiße Kärrnerkittel ihres Füh-
rers neben her, worauf sich denn auch die große,
weiße Leinewand sehen ließ, mit welcher die
Waaren, die er bei sich führen mochte, überdeckt
waren. Auf ein lautes Brr! aus dem Munde

K

gann ſie auch gleich, ihm auf das allerjaͤmmer-
lichſte nachzurufen, des Glaubens, er wolle ſie
wirklich hier in der entſetzlichen Wildniß verla-
ßen. Er wußte gar nicht mehr, was er begin-
nen ſollte. Gern haͤtte er dem wuͤthenden Thiere
volle Freiheit gegeben, durch die Nacht hinzu-
ſtuͤrmen, und ſeine Raſerei auszutoben, haͤtte er
nur nicht fuͤrchten muͤſſen, es wuͤrde in dieſem
engen Paß mit ſeinen beerzten Hufen eben uͤber
die Stelle hindonnern, wo Bertalda lag.

Waͤhrend dieſer großen Noth und Verlegen-
heit, war es ihm unendlich troſtreich, daß er
einen Wagen langſam den ſteinigen Weg hinter
ſich herabfahren hoͤrte. Er rief um Beiſtand;
eine maͤnnliche Stimme antwortete, verwies ihn
zur Geduld, aber verſprach, zu helfen, und bald
darauf leuchteten ſchon zwei Schimmel durch
das Gebuͤſch, der weiße Kaͤrrnerkittel ihres Fuͤh-
rers neben her, worauf ſich denn auch die große,
weiße Leinewand ſehen ließ, mit welcher die
Waaren, die er bei ſich fuͤhren mochte, uͤberdeckt
waren. Auf ein lautes Brr! aus dem Munde

K
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[145/0159] gann ſie auch gleich, ihm auf das allerjaͤmmer- lichſte nachzurufen, des Glaubens, er wolle ſie wirklich hier in der entſetzlichen Wildniß verla- ßen. Er wußte gar nicht mehr, was er begin- nen ſollte. Gern haͤtte er dem wuͤthenden Thiere volle Freiheit gegeben, durch die Nacht hinzu- ſtuͤrmen, und ſeine Raſerei auszutoben, haͤtte er nur nicht fuͤrchten muͤſſen, es wuͤrde in dieſem engen Paß mit ſeinen beerzten Hufen eben uͤber die Stelle hindonnern, wo Bertalda lag. Waͤhrend dieſer großen Noth und Verlegen- heit, war es ihm unendlich troſtreich, daß er einen Wagen langſam den ſteinigen Weg hinter ſich herabfahren hoͤrte. Er rief um Beiſtand; eine maͤnnliche Stimme antwortete, verwies ihn zur Geduld, aber verſprach, zu helfen, und bald darauf leuchteten ſchon zwei Schimmel durch das Gebuͤſch, der weiße Kaͤrrnerkittel ihres Fuͤh- rers neben her, worauf ſich denn auch die große, weiße Leinewand ſehen ließ, mit welcher die Waaren, die er bei ſich fuͤhren mochte, uͤberdeckt waren. Auf ein lautes Brr! aus dem Munde K

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/159>, abgerufen am 28.11.2024.