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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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war. Er drückte sie daher auf's liebreichste in
seine Arme, und sagte gerührt: der Stein bleibt
liegen, und Alles bleibt und soll immer bleiben,
wie Du es haben willst, mein holdes Undin-
chen. -- Sie schmeichelte ihm demüthig froh
über die lang' entbehrten Worte der Liebe, und
sagte endlich: mein allerliebster Freund, da Du
Heute so überaus mild und gütig bist, dürft'
ich es wohl wagen, Dir eine Bitte vorzutragen?
Sieh' nur, es ist mit Dir, wie mit dem Som-
mer. Eben in seiner besten Herrlichkeit setzt sich
der flammende und donnernde Kronen von schö-
nen Gewittern auf, darin er als ein rechter
König und Erdengott anzusehen ist. So schiltst
auch Du bisweilen, und wetterleuchtest mit
Zung' und Augen, und das steht Dir sehr gut,
wenn ich auch bisweilen in meiner Thorheit
darüber zu weinen anfange. Aber thu' das nie
gegen mich, auf einem Wasser, oder wo wir
auch nur einem Gewässer nahe sind. Siehe,
dann bekämen die Verwandten ein Recht über
mich. Unerbittlich würden sie mich von Dir rei-

war. Er druͤckte ſie daher auf’s liebreichſte in
ſeine Arme, und ſagte geruͤhrt: der Stein bleibt
liegen, und Alles bleibt und ſoll immer bleiben,
wie Du es haben willſt, mein holdes Undin-
chen. — Sie ſchmeichelte ihm demuͤthig froh
uͤber die lang’ entbehrten Worte der Liebe, und
ſagte endlich: mein allerliebſter Freund, da Du
Heute ſo uͤberaus mild und guͤtig biſt, duͤrft’
ich es wohl wagen, Dir eine Bitte vorzutragen?
Sieh’ nur, es iſt mit Dir, wie mit dem Som-
mer. Eben in ſeiner beſten Herrlichkeit ſetzt ſich
der flammende und donnernde Kronen von ſchoͤ-
nen Gewittern auf, darin er als ein rechter
Koͤnig und Erdengott anzuſehen iſt. So ſchiltſt
auch Du bisweilen, und wetterleuchteſt mit
Zung’ und Augen, und das ſteht Dir ſehr gut,
wenn ich auch bisweilen in meiner Thorheit
daruͤber zu weinen anfange. Aber thu’ das nie
gegen mich, auf einem Waſſer, oder wo wir
auch nur einem Gewaͤſſer nahe ſind. Siehe,
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[134/0148] war. Er druͤckte ſie daher auf’s liebreichſte in ſeine Arme, und ſagte geruͤhrt: der Stein bleibt liegen, und Alles bleibt und ſoll immer bleiben, wie Du es haben willſt, mein holdes Undin- chen. — Sie ſchmeichelte ihm demuͤthig froh uͤber die lang’ entbehrten Worte der Liebe, und ſagte endlich: mein allerliebſter Freund, da Du Heute ſo uͤberaus mild und guͤtig biſt, duͤrft’ ich es wohl wagen, Dir eine Bitte vorzutragen? Sieh’ nur, es iſt mit Dir, wie mit dem Som- mer. Eben in ſeiner beſten Herrlichkeit ſetzt ſich der flammende und donnernde Kronen von ſchoͤ- nen Gewittern auf, darin er als ein rechter Koͤnig und Erdengott anzuſehen iſt. So ſchiltſt auch Du bisweilen, und wetterleuchteſt mit Zung’ und Augen, und das ſteht Dir ſehr gut, wenn ich auch bisweilen in meiner Thorheit daruͤber zu weinen anfange. Aber thu’ das nie gegen mich, auf einem Waſſer, oder wo wir auch nur einem Gewaͤſſer nahe ſind. Siehe, dann bekaͤmen die Verwandten ein Recht uͤber mich. Unerbittlich wuͤrden ſie mich von Dir rei-

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/148>, abgerufen am 27.11.2024.