Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

Bild:
<< vorherige Seite

gottesfürchtige Frau. Ich muß Euch sagen,
wenn dieses böse Fräulein meine Tochter ist,
trägt sie ein Mahl, gleich einem Veilchen, zwi-
schen beiden Schultern, und ein gleiches auf
dem Spann ihres linken Fußes. Wenn sie sich
nur mit mir aus den Saale entfernen woll-
te. -- Ich entblöße mich nicht vor der Bäue-
rin; sagte Bertalda, ihr stolz den Rücken wen-
dend. -- Aber vor mir doch wohl, entgegnete
die Herzogin mit großem Ernst. Ihr werdet
mir in jenes Gemach folgen, Jungfrau, und
die gute Alte kommt mit. -- Die Drei ver-
schwanden, und alle Uebrigen blieben in großer
Erwartung schweigend zurück. Nach einer klei-
nen Weile kamen die Frauen wieder, Bertalda
todtenbleich, und die Herzogin sagte: Recht
muß Recht bleiben: deshalben erklär' ich, daß
unsre Frau Wirthin vollkommen wahr gespro-
chen hat. Bertalda ist des Fischers Tochter,
und soviel ist, als man hier zu wissen braucht.
Das fürstliche Ehepaar ging mit der Pflege-
tochter fort; auf einen Wink des Herzogs folgte

gottesfuͤrchtige Frau. Ich muß Euch ſagen,
wenn dieſes boͤſe Fraͤulein meine Tochter iſt,
traͤgt ſie ein Mahl, gleich einem Veilchen, zwi-
ſchen beiden Schultern, und ein gleiches auf
dem Spann ihres linken Fußes. Wenn ſie ſich
nur mit mir aus den Saale entfernen woll-
te. — Ich entbloͤße mich nicht vor der Baͤue-
rin; ſagte Bertalda, ihr ſtolz den Ruͤcken wen-
dend. — Aber vor mir doch wohl, entgegnete
die Herzogin mit großem Ernſt. Ihr werdet
mir in jenes Gemach folgen, Jungfrau, und
die gute Alte kommt mit. — Die Drei ver-
ſchwanden, und alle Uebrigen blieben in großer
Erwartung ſchweigend zuruͤck. Nach einer klei-
nen Weile kamen die Frauen wieder, Bertalda
todtenbleich, und die Herzogin ſagte: Recht
muß Recht bleiben: deshalben erklaͤr’ ich, daß
unſre Frau Wirthin vollkommen wahr geſpro-
chen hat. Bertalda iſt des Fiſchers Tochter,
und ſoviel iſt, als man hier zu wiſſen braucht.
Das fuͤrſtliche Ehepaar ging mit der Pflege-
tochter fort; auf einen Wink des Herzogs folgte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0128" n="114"/>
gottesfu&#x0364;rchtige Frau. Ich muß Euch &#x017F;agen,<lb/>
wenn die&#x017F;es bo&#x0364;&#x017F;e Fra&#x0364;ulein meine Tochter i&#x017F;t,<lb/>
tra&#x0364;gt &#x017F;ie ein Mahl, gleich einem Veilchen, zwi-<lb/>
&#x017F;chen beiden Schultern, und ein gleiches auf<lb/>
dem Spann ihres linken Fußes. Wenn &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
nur mit mir aus den Saale entfernen woll-<lb/>
te. &#x2014; Ich entblo&#x0364;ße mich nicht vor der Ba&#x0364;ue-<lb/>
rin; &#x017F;agte Bertalda, ihr &#x017F;tolz den Ru&#x0364;cken wen-<lb/>
dend. &#x2014; Aber vor mir doch wohl, entgegnete<lb/>
die Herzogin mit großem Ern&#x017F;t. Ihr werdet<lb/>
mir in jenes Gemach folgen, Jungfrau, und<lb/>
die gute Alte kommt mit. &#x2014; Die Drei ver-<lb/>
&#x017F;chwanden, und alle Uebrigen blieben in großer<lb/>
Erwartung &#x017F;chweigend zuru&#x0364;ck. Nach einer klei-<lb/>
nen Weile kamen die Frauen wieder, Bertalda<lb/>
todtenbleich, und die Herzogin &#x017F;agte: Recht<lb/>
muß Recht bleiben: deshalben erkla&#x0364;r&#x2019; ich, daß<lb/>
un&#x017F;re Frau Wirthin vollkommen wahr ge&#x017F;pro-<lb/>
chen hat. Bertalda i&#x017F;t des Fi&#x017F;chers Tochter,<lb/>
und &#x017F;oviel i&#x017F;t, als man hier zu wi&#x017F;&#x017F;en braucht.<lb/>
Das fu&#x0364;r&#x017F;tliche Ehepaar ging mit der Pflege-<lb/>
tochter fort; auf einen Wink des Herzogs folgte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0128] gottesfuͤrchtige Frau. Ich muß Euch ſagen, wenn dieſes boͤſe Fraͤulein meine Tochter iſt, traͤgt ſie ein Mahl, gleich einem Veilchen, zwi- ſchen beiden Schultern, und ein gleiches auf dem Spann ihres linken Fußes. Wenn ſie ſich nur mit mir aus den Saale entfernen woll- te. — Ich entbloͤße mich nicht vor der Baͤue- rin; ſagte Bertalda, ihr ſtolz den Ruͤcken wen- dend. — Aber vor mir doch wohl, entgegnete die Herzogin mit großem Ernſt. Ihr werdet mir in jenes Gemach folgen, Jungfrau, und die gute Alte kommt mit. — Die Drei ver- ſchwanden, und alle Uebrigen blieben in großer Erwartung ſchweigend zuruͤck. Nach einer klei- nen Weile kamen die Frauen wieder, Bertalda todtenbleich, und die Herzogin ſagte: Recht muß Recht bleiben: deshalben erklaͤr’ ich, daß unſre Frau Wirthin vollkommen wahr geſpro- chen hat. Bertalda iſt des Fiſchers Tochter, und ſoviel iſt, als man hier zu wiſſen braucht. Das fuͤrſtliche Ehepaar ging mit der Pflege- tochter fort; auf einen Wink des Herzogs folgte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/128
Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/128>, abgerufen am 05.05.2024.