Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

Bild:
<< vorherige Seite

mitten inne; was bei Tage Schwierigkeit ge-
schienen hatte, das ebnete sich nun wie von sel-
ber, und die drei Freunde konnten gar nicht
mehr begreifen, warum wegen Bertaldas Mit-
reise auch nur die geringste Bedenklichkeit habe
obwalten mögen. Da kam, als sie eben den
Tag ihrer gemeinschaftlichen Abfahrt bestimmen
wollten, ein langer Mann von der Mitte des
Marktplatzes her auf sie zugegangen, neigte sich
ehrerbietig vor der Gesellschaft, und sagte der
jungen Frau etwas in's Ohr. Sie trat, unzu-
frieden über die Störung und über den Stö-
rer, einige Schritte mit dem Fremden zur Sei-
te, und Beide begannen mit einander zu flüstern,
es schien, in einer fremden Sprache. Huldbrand
glaubte den seltsamen Mann zu kennen, und
sah so starr auf ihn hin, daß er Bertaldens
staunende Fragen weder hörte noch beantwor-
tete. Mit einem Male klopfte Undine freudig
in die Hände, und ließ den Fremden lachend
stehn, der sich mit vielem Kopfschütteln und has-
tigen, unzufriedenen Schritten entfernte, und in

mitten inne; was bei Tage Schwierigkeit ge-
ſchienen hatte, das ebnete ſich nun wie von ſel-
ber, und die drei Freunde konnten gar nicht
mehr begreifen, warum wegen Bertaldas Mit-
reiſe auch nur die geringſte Bedenklichkeit habe
obwalten moͤgen. Da kam, als ſie eben den
Tag ihrer gemeinſchaftlichen Abfahrt beſtimmen
wollten, ein langer Mann von der Mitte des
Marktplatzes her auf ſie zugegangen, neigte ſich
ehrerbietig vor der Geſellſchaft, und ſagte der
jungen Frau etwas in’s Ohr. Sie trat, unzu-
frieden uͤber die Stoͤrung und uͤber den Stoͤ-
rer, einige Schritte mit dem Fremden zur Sei-
te, und Beide begannen mit einander zu fluͤſtern,
es ſchien, in einer fremden Sprache. Huldbrand
glaubte den ſeltſamen Mann zu kennen, und
ſah ſo ſtarr auf ihn hin, daß er Bertaldens
ſtaunende Fragen weder hoͤrte noch beantwor-
tete. Mit einem Male klopfte Undine freudig
in die Haͤnde, und ließ den Fremden lachend
ſtehn, der ſich mit vielem Kopfſchuͤtteln und haſ-
tigen, unzufriedenen Schritten entfernte, und in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0116" n="102"/>
mitten inne; was bei Tage Schwierigkeit ge-<lb/>
&#x017F;chienen hatte, das ebnete &#x017F;ich nun wie von &#x017F;el-<lb/>
ber, und die drei Freunde konnten gar nicht<lb/>
mehr begreifen, warum wegen Bertaldas Mit-<lb/>
rei&#x017F;e auch nur die gering&#x017F;te Bedenklichkeit habe<lb/>
obwalten mo&#x0364;gen. Da kam, als &#x017F;ie eben den<lb/>
Tag ihrer gemein&#x017F;chaftlichen Abfahrt be&#x017F;timmen<lb/>
wollten, ein langer Mann von der Mitte des<lb/>
Marktplatzes her auf &#x017F;ie zugegangen, neigte &#x017F;ich<lb/>
ehrerbietig vor der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, und &#x017F;agte der<lb/>
jungen Frau etwas in&#x2019;s Ohr. Sie trat, unzu-<lb/>
frieden u&#x0364;ber die Sto&#x0364;rung und u&#x0364;ber den Sto&#x0364;-<lb/>
rer, einige Schritte mit dem Fremden zur Sei-<lb/>
te, und Beide begannen mit einander zu flu&#x0364;&#x017F;tern,<lb/>
es &#x017F;chien, in einer fremden Sprache. Huldbrand<lb/>
glaubte den &#x017F;elt&#x017F;amen Mann zu kennen, und<lb/>
&#x017F;ah &#x017F;o &#x017F;tarr auf ihn hin, daß er Bertaldens<lb/>
&#x017F;taunende Fragen weder ho&#x0364;rte noch beantwor-<lb/>
tete. Mit einem Male klopfte Undine freudig<lb/>
in die Ha&#x0364;nde, und ließ den Fremden lachend<lb/>
&#x017F;tehn, der &#x017F;ich mit vielem Kopf&#x017F;chu&#x0364;tteln und ha&#x017F;-<lb/>
tigen, unzufriedenen Schritten entfernte, und in<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0116] mitten inne; was bei Tage Schwierigkeit ge- ſchienen hatte, das ebnete ſich nun wie von ſel- ber, und die drei Freunde konnten gar nicht mehr begreifen, warum wegen Bertaldas Mit- reiſe auch nur die geringſte Bedenklichkeit habe obwalten moͤgen. Da kam, als ſie eben den Tag ihrer gemeinſchaftlichen Abfahrt beſtimmen wollten, ein langer Mann von der Mitte des Marktplatzes her auf ſie zugegangen, neigte ſich ehrerbietig vor der Geſellſchaft, und ſagte der jungen Frau etwas in’s Ohr. Sie trat, unzu- frieden uͤber die Stoͤrung und uͤber den Stoͤ- rer, einige Schritte mit dem Fremden zur Sei- te, und Beide begannen mit einander zu fluͤſtern, es ſchien, in einer fremden Sprache. Huldbrand glaubte den ſeltſamen Mann zu kennen, und ſah ſo ſtarr auf ihn hin, daß er Bertaldens ſtaunende Fragen weder hoͤrte noch beantwor- tete. Mit einem Male klopfte Undine freudig in die Haͤnde, und ließ den Fremden lachend ſtehn, der ſich mit vielem Kopfſchuͤtteln und haſ- tigen, unzufriedenen Schritten entfernte, und in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/116
Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/116>, abgerufen am 05.05.2024.