trennen werden, und wenn sie nun erst die treue Seele in mir spüren, und wie ich jetzt innig lieben und ehren kann, bricht ihnen wohl gar vor vielen Thränen das schwache Augenlicht. Noch halten sie meine Stille und Frömmigkeit für nichts Besseres, als es sonst in mir bedeutete, für die Ruhe des See's, wenn eben die Luft still ist, und sie werden sich nun eben so gut ei- nem Bäumchen oder Blümlein befreunden ler- nen, als mir. Laß' mich ihnen dies neugeschenk- te, von Liebe wallende, Herz nicht kund geben, in Augenblicken, wo sie es für diese Erde verlie- ren sollen, und wie könnt' ich es bergen, blieben wir länger zusammen? --
Huldbrand gab ihr Recht; er ging zu den Alten, und besprach die Reise mit ihnen, die noch in dieser Stunde vor sich gehen sollte. Der Priester bot sich den beiden jungen Eheleu- ten zum Begleiter an, er und der Ritter hoben nach kurzem Abschied die schöne Frau auf's Pferd, und schritten mit ihr über das ausgetrocknete Bette des Waldstroms eilig dem Forste zu.
trennen werden, und wenn ſie nun erſt die treue Seele in mir ſpuͤren, und wie ich jetzt innig lieben und ehren kann, bricht ihnen wohl gar vor vielen Thraͤnen das ſchwache Augenlicht. Noch halten ſie meine Stille und Froͤmmigkeit fuͤr nichts Beſſeres, als es ſonſt in mir bedeutete, fuͤr die Ruhe des See’s, wenn eben die Luft ſtill iſt, und ſie werden ſich nun eben ſo gut ei- nem Baͤumchen oder Bluͤmlein befreunden ler- nen, als mir. Laß’ mich ihnen dies neugeſchenk- te, von Liebe wallende, Herz nicht kund geben, in Augenblicken, wo ſie es fuͤr dieſe Erde verlie- ren ſollen, und wie koͤnnt’ ich es bergen, blieben wir laͤnger zuſammen? —
Huldbrand gab ihr Recht; er ging zu den Alten, und beſprach die Reiſe mit ihnen, die noch in dieſer Stunde vor ſich gehen ſollte. Der Prieſter bot ſich den beiden jungen Eheleu- ten zum Begleiter an, er und der Ritter hoben nach kurzem Abſchied die ſchoͤne Frau auf’s Pferd, und ſchritten mit ihr uͤber das ausgetrocknete Bette des Waldſtroms eilig dem Forſte zu.
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trennen werden, und wenn ſie nun erſt die treue
Seele in mir ſpuͤren, und wie ich jetzt innig
lieben und ehren kann, bricht ihnen wohl gar
vor vielen Thraͤnen das ſchwache Augenlicht.
Noch halten ſie meine Stille und Froͤmmigkeit
fuͤr nichts Beſſeres, als es ſonſt in mir bedeutete,
fuͤr die Ruhe des See’s, wenn eben die Luft
ſtill iſt, und ſie werden ſich nun eben ſo gut ei-
nem Baͤumchen oder Bluͤmlein befreunden ler-
nen, als mir. Laß’ mich ihnen dies neugeſchenk-
te, von Liebe wallende, Herz nicht kund geben,
in Augenblicken, wo ſie es fuͤr dieſe Erde verlie-
ren ſollen, und wie koͤnnt’ ich es bergen, blieben
wir laͤnger zuſammen? —
Huldbrand gab ihr Recht; er ging zu den
Alten, und beſprach die Reiſe mit ihnen, die
noch in dieſer Stunde vor ſich gehen ſollte.
Der Prieſter bot ſich den beiden jungen Eheleu-
ten zum Begleiter an, er und der Ritter hoben
nach kurzem Abſchied die ſchoͤne Frau auf’s Pferd,
und ſchritten mit ihr uͤber das ausgetrocknete
Bette des Waldſtroms eilig dem Forſte zu.
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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/104>, abgerufen am 16.07.2024.
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