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Fouqué, Caroline de La Motte-: Ueber deutsche Geselligkeit. Berlin, 1814.

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heit; aber die rohen Gesichtsbildungen und Ma-
nieren der Germanen scheinen eine feste Seele an-
zukündigen, und man wird unangenehm übrrrascht,
wenn man diese nicht antrift. Die Deutschen sind
energische Schmeichler und rüstige Unterthanen.
Hart accentuiren sie ihre Worte, um die Schmieg-
samkeit ihrer Denkungsart zu verbergen; philoso-
phischer Raisonnements bedienen sie sich, um das
zu erklären, was in der Welt am wenigsten philo-
sophisch ist: Die Achtung für die Gewalt
und die zärtliche Furcht, welche diese Ach-
tung in Bewunderung verwandelt
.

Contrasten dieser Art muß die deutsche Unan-
muth zugeschrieben werden, die man in den Lust-
spielen aller Länder so behaglich nachmacht. Es
ist vergönnt, plump und rauh zu seyn, wenn man
ernst und fest bleibt; allein wenn man das Naturel
mit dem Judaslächeln der Knechtlichkeit bekleidet:
so setzt man sich einer verdienten Verlachung aus.
Man wird um so unwilliger gegen sie, weil sie die
Ehren des Lebens einbüßen, ohne zu den Vorthei-
len der Gewandtheit zu gelangen.]

heit; aber die rohen Geſichtsbildungen und Ma-
nieren der Germanen ſcheinen eine feſte Seele an-
zukuͤndigen, und man wird unangenehm uͤbrrraſcht,
wenn man dieſe nicht antrift. Die Deutſchen ſind
energiſche Schmeichler und ruͤſtige Unterthanen.
Hart accentuiren ſie ihre Worte, um die Schmieg-
ſamkeit ihrer Denkungsart zu verbergen; philoſo-
phiſcher Raiſonnements bedienen ſie ſich, um das
zu erklaͤren, was in der Welt am wenigſten philo-
ſophiſch iſt: Die Achtung fuͤr die Gewalt
und die zaͤrtliche Furcht, welche dieſe Ach-
tung in Bewunderung verwandelt
.

Contraſten dieſer Art muß die deutſche Unan-
muth zugeſchrieben werden, die man in den Luſt-
ſpielen aller Laͤnder ſo behaglich nachmacht. Es
iſt vergoͤnnt, plump und rauh zu ſeyn, wenn man
ernſt und feſt bleibt; allein wenn man das Naturel
mit dem Judaslaͤcheln der Knechtlichkeit bekleidet:
ſo ſetzt man ſich einer verdienten Verlachung aus.
Man wird um ſo unwilliger gegen ſie, weil ſie die
Ehren des Lebens einbuͤßen, ohne zu den Vorthei-
len der Gewandtheit zu gelangen.]

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[24/0026] heit; aber die rohen Geſichtsbildungen und Ma- nieren der Germanen ſcheinen eine feſte Seele an- zukuͤndigen, und man wird unangenehm uͤbrrraſcht, wenn man dieſe nicht antrift. Die Deutſchen ſind energiſche Schmeichler und ruͤſtige Unterthanen. Hart accentuiren ſie ihre Worte, um die Schmieg- ſamkeit ihrer Denkungsart zu verbergen; philoſo- phiſcher Raiſonnements bedienen ſie ſich, um das zu erklaͤren, was in der Welt am wenigſten philo- ſophiſch iſt: Die Achtung fuͤr die Gewalt und die zaͤrtliche Furcht, welche dieſe Ach- tung in Bewunderung verwandelt. Contraſten dieſer Art muß die deutſche Unan- muth zugeſchrieben werden, die man in den Luſt- ſpielen aller Laͤnder ſo behaglich nachmacht. Es iſt vergoͤnnt, plump und rauh zu ſeyn, wenn man ernſt und feſt bleibt; allein wenn man das Naturel mit dem Judaslaͤcheln der Knechtlichkeit bekleidet: ſo ſetzt man ſich einer verdienten Verlachung aus. Man wird um ſo unwilliger gegen ſie, weil ſie die Ehren des Lebens einbuͤßen, ohne zu den Vorthei- len der Gewandtheit zu gelangen.]

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Ueber deutsche Geselligkeit. Berlin, 1814, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_geselligkeit_1814/26>, abgerufen am 23.11.2024.