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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

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Das demüthigende Gefühl, was den Zurück-
gewiesenen nach solcher Erfahrung bleibt,
reicht hin, entweder für sie oder Mitempfin-
dende ein Sporn zu größerer Vervollkomm-
nung in der hochangeschlagenen Tanz-
fertigkeit zu werden. Ein stets gestachelter
Wetteifer zwingt zur höchsten Anstrengung.
Die allenfalls entbehrliche Zugabe des Le-
bens wird Zweck desselben. Die Kunst, von
der alle Köpfe spuken, wird zum Vorwande
gewählt, das eitle Bemühen zum Studium
zu erheben, Drapperien, Stellungen, Panto-
mime, die tragische und die komische Muse,
alles wird zu Hülfe gerufen, das Auge über
den flüchtigen Erfolg, so weit hergeholter
Anstalten, zu täuschen.

So wird der gesellige Tanz unvermerkt
zum Ballet. Schon haben sich die Grenzli-
nien zwischen Beiden fast verwischt. Die
Deutschen sind zu wenig beschlossen in sich,
um nicht ihr Ziel häufig zu überfliegen, und
wenn das im Wesentlichen ein vielverspre-
chender Character sein mag, so erzeugt es in
der Gesellschaft oft burleske Extreme, die

Das demuͤthigende Gefuͤhl, was den Zuruͤck-
gewieſenen nach ſolcher Erfahrung bleibt,
reicht hin, entweder fuͤr ſie oder Mitempfin-
dende ein Sporn zu groͤßerer Vervollkomm-
nung in der hochangeſchlagenen Tanz-
fertigkeit zu werden. Ein ſtets geſtachelter
Wetteifer zwingt zur hoͤchſten Anſtrengung.
Die allenfalls entbehrliche Zugabe des Le-
bens wird Zweck deſſelben. Die Kunſt, von
der alle Koͤpfe ſpuken, wird zum Vorwande
gewaͤhlt, das eitle Bemuͤhen zum Studium
zu erheben, Drapperien, Stellungen, Panto-
mime, die tragiſche und die komiſche Muſe,
alles wird zu Huͤlfe gerufen, das Auge uͤber
den fluͤchtigen Erfolg, ſo weit hergeholter
Anſtalten, zu taͤuſchen.

So wird der geſellige Tanz unvermerkt
zum Ballet. Schon haben ſich die Grenzli-
nien zwiſchen Beiden faſt verwiſcht. Die
Deutſchen ſind zu wenig beſchloſſen in ſich,
um nicht ihr Ziel haͤufig zu uͤberfliegen, und
wenn das im Weſentlichen ein vielverſpre-
chender Character ſein mag, ſo erzeugt es in
der Geſellſchaft oft burleske Extreme, die

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[87/0091] Das demuͤthigende Gefuͤhl, was den Zuruͤck- gewieſenen nach ſolcher Erfahrung bleibt, reicht hin, entweder fuͤr ſie oder Mitempfin- dende ein Sporn zu groͤßerer Vervollkomm- nung in der hochangeſchlagenen Tanz- fertigkeit zu werden. Ein ſtets geſtachelter Wetteifer zwingt zur hoͤchſten Anſtrengung. Die allenfalls entbehrliche Zugabe des Le- bens wird Zweck deſſelben. Die Kunſt, von der alle Koͤpfe ſpuken, wird zum Vorwande gewaͤhlt, das eitle Bemuͤhen zum Studium zu erheben, Drapperien, Stellungen, Panto- mime, die tragiſche und die komiſche Muſe, alles wird zu Huͤlfe gerufen, das Auge uͤber den fluͤchtigen Erfolg, ſo weit hergeholter Anſtalten, zu taͤuſchen. So wird der geſellige Tanz unvermerkt zum Ballet. Schon haben ſich die Grenzli- nien zwiſchen Beiden faſt verwiſcht. Die Deutſchen ſind zu wenig beſchloſſen in ſich, um nicht ihr Ziel haͤufig zu uͤberfliegen, und wenn das im Weſentlichen ein vielverſpre- chender Character ſein mag, ſo erzeugt es in der Geſellſchaft oft burleske Extreme, die

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/91>, abgerufen am 23.11.2024.