Also Fasten heißt hier nicht sowohl aus Pönitenz darben, als in Uebereinstim- mung mit sich selbst zum Bewußtseyn des Genusses gelangen; was nur der Nüchtern- heit eines freien empfänglichen Sinnes mög- lich ist. Mit einem Wort: wir sollen Maas halten lernen; eine Eigenschaft, an welcher es je mehr und mehr gebricht und die uns vor Allem zu erlernen bleibt.
Jnnerhalb, auf solche Weise selbstgezo- gener Schranken, werden wir denn auch die Richtung finden und verfolgen können. Das Chaos entwickelt sich, sobald ruhiges Licht hineinfällt. Es ist wenigstens zu hoffen, daß sich das Auge nach und nach zu eini- gem Unterscheidungsvermögen schärfen, und das Vortreffliche dem Abirrenden vorziehen werde.
Allein, wie auch Wahl und Erkenntniß hier im Einzelnen genügend bestimmen mö- gen, so bleibt es doch noch sehr zweifelhaft, ob jenes innere Zusammenfassen, jenes starke Abwehren des Verworrenen allein hinreiche, im Allgemeinen Geschmack und Streben wahr-
Alſo Faſten heißt hier nicht ſowohl aus Poͤnitenz darben, als in Uebereinſtim- mung mit ſich ſelbſt zum Bewußtſeyn des Genuſſes gelangen; was nur der Nuͤchtern- heit eines freien empfaͤnglichen Sinnes moͤg- lich iſt. Mit einem Wort: wir ſollen Maas halten lernen; eine Eigenſchaft, an welcher es je mehr und mehr gebricht und die uns vor Allem zu erlernen bleibt.
Jnnerhalb, auf ſolche Weiſe ſelbſtgezo- gener Schranken, werden wir denn auch die Richtung finden und verfolgen koͤnnen. Das Chaos entwickelt ſich, ſobald ruhiges Licht hineinfaͤllt. Es iſt wenigſtens zu hoffen, daß ſich das Auge nach und nach zu eini- gem Unterſcheidungsvermoͤgen ſchaͤrfen, und das Vortreffliche dem Abirrenden vorziehen werde.
Allein, wie auch Wahl und Erkenntniß hier im Einzelnen genuͤgend beſtimmen moͤ- gen, ſo bleibt es doch noch ſehr zweifelhaft, ob jenes innere Zuſammenfaſſen, jenes ſtarke Abwehren des Verworrenen allein hinreiche, im Allgemeinen Geſchmack und Streben wahr-
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Alſo Faſten heißt hier nicht ſowohl
aus Poͤnitenz darben, als in Uebereinſtim-
mung mit ſich ſelbſt zum Bewußtſeyn des
Genuſſes gelangen; was nur der Nuͤchtern-
heit eines freien empfaͤnglichen Sinnes moͤg-
lich iſt. Mit einem Wort: wir ſollen Maas
halten lernen; eine Eigenſchaft, an welcher
es je mehr und mehr gebricht und die uns
vor Allem zu erlernen bleibt.
Jnnerhalb, auf ſolche Weiſe ſelbſtgezo-
gener Schranken, werden wir denn auch die
Richtung finden und verfolgen koͤnnen. Das
Chaos entwickelt ſich, ſobald ruhiges Licht
hineinfaͤllt. Es iſt wenigſtens zu hoffen,
daß ſich das Auge nach und nach zu eini-
gem Unterſcheidungsvermoͤgen ſchaͤrfen, und
das Vortreffliche dem Abirrenden vorziehen
werde.
Allein, wie auch Wahl und Erkenntniß
hier im Einzelnen genuͤgend beſtimmen moͤ-
gen, ſo bleibt es doch noch ſehr zweifelhaft,
ob jenes innere Zuſammenfaſſen, jenes ſtarke
Abwehren des Verworrenen allein hinreiche,
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/63>, abgerufen am 27.07.2024.
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