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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

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Buch, eine Begebenheit, eine That, als ächt,
gut und wahr auf Treu und Glauben an-
nimmt, jedweder selbst gesehen, selbst erkannt
und begriffen haben will, die einzige Mode,
das alleinherrschende Vorrecht ausübt, Sinn
und Gefühl, ja, Auge, Ohr, Erkenntniß und
Ueberzeugung, gefangen zu nehmen und das
unglaublichste Spiel mit der Laune eines
kranken Geschmackes zu treiben.

Es möchte wenig helfen sich dieser Maske
zu bedienen, um auf feine und listige Weise
das Gute eine Weile in Umlauf zu bringen.
Ein Faschingsstreich darf nicht alt werden,
deshalb verdrängt ihn schnell ein neuer. Es
könnte Einem in der That angst und bange
werden, sich auf solche Weise, mit nie zu
stillendem Heißhunger gleichsam in die auf-
gespeicherten Gewölbe aller Jahrhunderte ge-
schoben zu sehen, von Allem gekostet zu ha-
ben, nur, um mit dem Ekel der Ueberfül-
lung, und der Ungeduld nach wiederherstel-
lenden Erfrischungsmitteln kämpfen zu müs-
sen. Aus dieser Noth wird uns doch am
Ende nur gemäßigtes Fasten retten können.

Buch, eine Begebenheit, eine That, als aͤcht,
gut und wahr auf Treu und Glauben an-
nimmt, jedweder ſelbſt geſehen, ſelbſt erkannt
und begriffen haben will, die einzige Mode,
das alleinherrſchende Vorrecht ausuͤbt, Sinn
und Gefuͤhl, ja, Auge, Ohr, Erkenntniß und
Ueberzeugung, gefangen zu nehmen und das
unglaublichſte Spiel mit der Laune eines
kranken Geſchmackes zu treiben.

Es moͤchte wenig helfen ſich dieſer Maske
zu bedienen, um auf feine und liſtige Weiſe
das Gute eine Weile in Umlauf zu bringen.
Ein Faſchingsſtreich darf nicht alt werden,
deshalb verdraͤngt ihn ſchnell ein neuer. Es
koͤnnte Einem in der That angſt und bange
werden, ſich auf ſolche Weiſe, mit nie zu
ſtillendem Heißhunger gleichſam in die auf-
geſpeicherten Gewoͤlbe aller Jahrhunderte ge-
ſchoben zu ſehen, von Allem gekoſtet zu ha-
ben, nur, um mit dem Ekel der Ueberfuͤl-
lung, und der Ungeduld nach wiederherſtel-
lenden Erfriſchungsmitteln kaͤmpfen zu muͤſ-
ſen. Aus dieſer Noth wird uns doch am
Ende nur gemaͤßigtes Faſten retten koͤnnen.

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[57/0061] Buch, eine Begebenheit, eine That, als aͤcht, gut und wahr auf Treu und Glauben an- nimmt, jedweder ſelbſt geſehen, ſelbſt erkannt und begriffen haben will, die einzige Mode, das alleinherrſchende Vorrecht ausuͤbt, Sinn und Gefuͤhl, ja, Auge, Ohr, Erkenntniß und Ueberzeugung, gefangen zu nehmen und das unglaublichſte Spiel mit der Laune eines kranken Geſchmackes zu treiben. Es moͤchte wenig helfen ſich dieſer Maske zu bedienen, um auf feine und liſtige Weiſe das Gute eine Weile in Umlauf zu bringen. Ein Faſchingsſtreich darf nicht alt werden, deshalb verdraͤngt ihn ſchnell ein neuer. Es koͤnnte Einem in der That angſt und bange werden, ſich auf ſolche Weiſe, mit nie zu ſtillendem Heißhunger gleichſam in die auf- geſpeicherten Gewoͤlbe aller Jahrhunderte ge- ſchoben zu ſehen, von Allem gekoſtet zu ha- ben, nur, um mit dem Ekel der Ueberfuͤl- lung, und der Ungeduld nach wiederherſtel- lenden Erfriſchungsmitteln kaͤmpfen zu muͤſ- ſen. Aus dieſer Noth wird uns doch am Ende nur gemaͤßigtes Faſten retten koͤnnen.

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/61>, abgerufen am 26.11.2024.