einem Kreise zu leben, wo jedweder seinen Ansichten und Ueberzeugungen zufolge, sagte, thäte und ließe, was er wollte.
Die Verwirrung nicht zu erwähnen, welche die stete Begleiterin der Willkühr ist, welch herzloses Trennen alles gemeinsamen Jnteresses, welch Zurückkommen auf die ei- gene Person, welch ein Einsiedlerleben unter Vielen! Es ist vielleicht der größte Beweis der Unnatur solcher Gattung abstrakter Na- türlichkeit, daß die Phantasie gar kein Bild dafür hat, und die Erfahrung seit Anbeginn der Welt, nichts dem ähnlich aufzuweisen vermag.
Ueberall dringt die Nothwendigkeit das- jenige als unerläßlich auf, wogegen der Ver- stand nur deshalb streitet, um es bis zu sei- nem Ursprunge verfolgen, und dort in dem ruhigen Licht der Wahrheit begreifen zu können.
Schon in der Kinderstube waltet das Gesetz gegenseitiger Berücksichtigung vor. Einer muß hier, wie späterhin im Leben, dem Andern Raum geben, sich der Begier
einem Kreiſe zu leben, wo jedweder ſeinen Anſichten und Ueberzeugungen zufolge, ſagte, thaͤte und ließe, was er wollte.
Die Verwirrung nicht zu erwaͤhnen, welche die ſtete Begleiterin der Willkuͤhr iſt, welch herzloſes Trennen alles gemeinſamen Jntereſſes, welch Zuruͤckkommen auf die ei- gene Perſon, welch ein Einſiedlerleben unter Vielen! Es iſt vielleicht der groͤßte Beweis der Unnatur ſolcher Gattung abſtrakter Na- tuͤrlichkeit, daß die Phantaſie gar kein Bild dafuͤr hat, und die Erfahrung ſeit Anbeginn der Welt, nichts dem aͤhnlich aufzuweiſen vermag.
Ueberall dringt die Nothwendigkeit das- jenige als unerlaͤßlich auf, wogegen der Ver- ſtand nur deshalb ſtreitet, um es bis zu ſei- nem Urſprunge verfolgen, und dort in dem ruhigen Licht der Wahrheit begreifen zu koͤnnen.
Schon in der Kinderſtube waltet das Geſetz gegenſeitiger Beruͤckſichtigung vor. Einer muß hier, wie ſpaͤterhin im Leben, dem Andern Raum geben, ſich der Begier
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[24/0028]
einem Kreiſe zu leben, wo jedweder ſeinen
Anſichten und Ueberzeugungen zufolge, ſagte,
thaͤte und ließe, was er wollte.
Die Verwirrung nicht zu erwaͤhnen,
welche die ſtete Begleiterin der Willkuͤhr iſt,
welch herzloſes Trennen alles gemeinſamen
Jntereſſes, welch Zuruͤckkommen auf die ei-
gene Perſon, welch ein Einſiedlerleben unter
Vielen! Es iſt vielleicht der groͤßte Beweis
der Unnatur ſolcher Gattung abſtrakter Na-
tuͤrlichkeit, daß die Phantaſie gar kein Bild
dafuͤr hat, und die Erfahrung ſeit Anbeginn
der Welt, nichts dem aͤhnlich aufzuweiſen
vermag.
Ueberall dringt die Nothwendigkeit das-
jenige als unerlaͤßlich auf, wogegen der Ver-
ſtand nur deshalb ſtreitet, um es bis zu ſei-
nem Urſprunge verfolgen, und dort in dem
ruhigen Licht der Wahrheit begreifen zu
koͤnnen.
Schon in der Kinderſtube waltet das
Geſetz gegenſeitiger Beruͤckſichtigung vor.
Einer muß hier, wie ſpaͤterhin im Leben,
dem Andern Raum geben, ſich der Begier
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/28>, abgerufen am 27.07.2024.
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