schaften! Die Zuneigung, welche hinterdrein kommt, ist nicht geringer, als die, welche andern Ortes oft vorangeht. Man muß glauben, die menschliche Mangelhaftigkeit fordere erst das Gesetz, um nach dem die Erfüllung empfangen zu können; nothwen- dige Schranken müssen die Wesen zuvor umschließen, ehe sich in diesen, die Liebe in freier natürlicher Folge zu entwickeln vermö- ge; nicht Wahl, äußere Bestimmung bedinge jenes innerliche Beziehen der Ge- fühle, das aus Geben und Nehmen, Opfer und Anerkennung, Glück und Unglück, aus dem ganzen Wechselverkehr des Daseins her- vorgeht.
Es ist fast in allen Verhältnissen so. Erst ist das Verhältniß da, ehe das Leben dasselbe lebendig ausfüllt.
Hierin liegt ein großer Trost für alle Diejenigen, welche durch unabwendbare Um- stände gezwungen worden, weit mehr dem Gebote der Nothwendigkeit, als dem Zuge des Herzens zu folgen. Es ist die gött- liche Hand, welche dem Bewußtsein ver-
ſchaften! Die Zuneigung, welche hinterdrein kommt, iſt nicht geringer, als die, welche andern Ortes oft vorangeht. Man muß glauben, die menſchliche Mangelhaftigkeit fordere erſt das Geſetz, um nach dem die Erfuͤllung empfangen zu koͤnnen; nothwen- dige Schranken muͤſſen die Weſen zuvor umſchließen, ehe ſich in dieſen, die Liebe in freier natuͤrlicher Folge zu entwickeln vermoͤ- ge; nicht Wahl, aͤußere Beſtimmung bedinge jenes innerliche Beziehen der Ge- fuͤhle, das aus Geben und Nehmen, Opfer und Anerkennung, Gluͤck und Ungluͤck, aus dem ganzen Wechſelverkehr des Daſeins her- vorgeht.
Es iſt faſt in allen Verhaͤltniſſen ſo. Erſt iſt das Verhaͤltniß da, ehe das Leben daſſelbe lebendig ausfuͤllt.
Hierin liegt ein großer Troſt fuͤr alle Diejenigen, welche durch unabwendbare Um- ſtaͤnde gezwungen worden, weit mehr dem Gebote der Nothwendigkeit, als dem Zuge des Herzens zu folgen. Es iſt die goͤtt- liche Hand, welche dem Bewußtſein ver-
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ſchaften! Die Zuneigung, welche hinterdrein
kommt, iſt nicht geringer, als die, welche
andern Ortes oft vorangeht. Man muß
glauben, die menſchliche Mangelhaftigkeit
fordere erſt das Geſetz, um nach dem die
Erfuͤllung empfangen zu koͤnnen; nothwen-
dige Schranken muͤſſen die Weſen zuvor
umſchließen, ehe ſich in dieſen, die Liebe in
freier natuͤrlicher Folge zu entwickeln vermoͤ-
ge; nicht Wahl, aͤußere Beſtimmung
bedinge jenes innerliche Beziehen der Ge-
fuͤhle, das aus Geben und Nehmen, Opfer
und Anerkennung, Gluͤck und Ungluͤck, aus
dem ganzen Wechſelverkehr des Daſeins her-
vorgeht.
Es iſt faſt in allen Verhaͤltniſſen ſo.
Erſt iſt das Verhaͤltniß da, ehe das Leben
daſſelbe lebendig ausfuͤllt.
Hierin liegt ein großer Troſt fuͤr alle
Diejenigen, welche durch unabwendbare Um-
ſtaͤnde gezwungen worden, weit mehr dem
Gebote der Nothwendigkeit, als dem Zuge
des Herzens zu folgen. Es iſt die goͤtt-
liche Hand, welche dem Bewußtſein ver-
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/227>, abgerufen am 16.07.2024.
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