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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

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Späterhin, als der Glaube schwächer,
Scharfsinn und Meditation vorherr-
schender wurden, die Erkenntniß, Einzelne
wie Völker, den äußern Vortheil höherm
Ruhme vorziehen lehrte, die menschliche Ge-
sellschaft sich besser über persönliche Anfode-
rungen verstand, die Bahnen gefügiger in-
einander liefen, allgemeine Gesetze das be-
sondre Recht bedingten, die Begränzungen
weicher, die Uebergänge ebner wurden, da
zog sich die Thatkraft nach innen zurück.
Der Gedanke waffnete sich gegen den Ge-
danken, Meinungen bestritten Meinungen,
List und Behendigkeit erndteten die Lorbeern
der Krieger, man focht aus dem Kabinet
der Fürsten mit glänzenderm Erfolge als auf
dem Schlachtfelde. Das Leben nahm eine
andre Richtung, ritterliche Tapferkeit lebte
nur noch im point d'honneur, Politik si-
cherte Throne, sie ward die Göttin der Zeit,
das geistige Empfinden hatte sich verkörpert,
die höhere Liebe artete aus in Eigenliebe,
Galauterie in Gewohnheitsform.

Die Franen rächten indeß den allmäli-

Spaͤterhin, als der Glaube ſchwaͤcher,
Scharfſinn und Meditation vorherr-
ſchender wurden, die Erkenntniß, Einzelne
wie Voͤlker, den aͤußern Vortheil hoͤherm
Ruhme vorziehen lehrte, die menſchliche Ge-
ſellſchaft ſich beſſer uͤber perſoͤnliche Anfode-
rungen verſtand, die Bahnen gefuͤgiger in-
einander liefen, allgemeine Geſetze das be-
ſondre Recht bedingten, die Begraͤnzungen
weicher, die Uebergaͤnge ebner wurden, da
zog ſich die Thatkraft nach innen zuruͤck.
Der Gedanke waffnete ſich gegen den Ge-
danken, Meinungen beſtritten Meinungen,
Liſt und Behendigkeit erndteten die Lorbeern
der Krieger, man focht aus dem Kabinet
der Fuͤrſten mit glaͤnzenderm Erfolge als auf
dem Schlachtfelde. Das Leben nahm eine
andre Richtung, ritterliche Tapferkeit lebte
nur noch im point d’honneur, Politik ſi-
cherte Throne, ſie ward die Goͤttin der Zeit,
das geiſtige Empfinden hatte ſich verkoͤrpert,
die hoͤhere Liebe artete aus in Eigenliebe,
Galauterie in Gewohnheitsform.

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[170/0174] Spaͤterhin, als der Glaube ſchwaͤcher, Scharfſinn und Meditation vorherr- ſchender wurden, die Erkenntniß, Einzelne wie Voͤlker, den aͤußern Vortheil hoͤherm Ruhme vorziehen lehrte, die menſchliche Ge- ſellſchaft ſich beſſer uͤber perſoͤnliche Anfode- rungen verſtand, die Bahnen gefuͤgiger in- einander liefen, allgemeine Geſetze das be- ſondre Recht bedingten, die Begraͤnzungen weicher, die Uebergaͤnge ebner wurden, da zog ſich die Thatkraft nach innen zuruͤck. Der Gedanke waffnete ſich gegen den Ge- danken, Meinungen beſtritten Meinungen, Liſt und Behendigkeit erndteten die Lorbeern der Krieger, man focht aus dem Kabinet der Fuͤrſten mit glaͤnzenderm Erfolge als auf dem Schlachtfelde. Das Leben nahm eine andre Richtung, ritterliche Tapferkeit lebte nur noch im point d’honneur, Politik ſi- cherte Throne, ſie ward die Goͤttin der Zeit, das geiſtige Empfinden hatte ſich verkoͤrpert, die hoͤhere Liebe artete aus in Eigenliebe, Galauterie in Gewohnheitsform. Die Franen raͤchten indeß den allmaͤli-

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/174>, abgerufen am 25.11.2024.