sches Spielwerk der Dichter zu halten, und sie, als unvereinbar mit den Sitten und dem Charakter vormaliger Zeit, in die Fa- belwelt zu verweisen. Und gleichwohl be- gründet sich ihre Wahrhaftigkeit, auch oh- ne geschichtliche Beglaubigung, durch den Schwung eines mächtigen Gefühles, das nur in dem Unaussprechlichen volles Gnügen fin- det. Die schönste und reinste Erdenerschei- nung, in die Sphäre des Jdealen hinauf- gehoben ward, als Dame des Gedankens, et- was höheres und Schöneres, als die ge- wöhnlichen Lebensverhältnisse aus menschli- chen Wesen machen können. Jn ihrem Dien- sie, trat nun alles, was begeisterte Liebe, Ehre und Tapferkeit in einem Gemüthe wek- ken können, in den glänzendsten Thaten her- vor; das schwerste Opfer trug seinen Lohn in sich, ja man weihete oft die Jugend wie das Alter dem schönerm Genusse, sich in seinen liebsten Wünschen verleugnet zu ha- ben. Dies Märtyrerthum des Herzens, mach- te den Cultus der Frauen im Mittelalter zu einem Heiligendienst, der als sichtbarer Ab-
ſches Spielwerk der Dichter zu halten, und ſie, als unvereinbar mit den Sitten und dem Charakter vormaliger Zeit, in die Fa- belwelt zu verweiſen. Und gleichwohl be- gruͤndet ſich ihre Wahrhaftigkeit, auch oh- ne geſchichtliche Beglaubigung, durch den Schwung eines maͤchtigen Gefuͤhles, das nur in dem Unausſprechlichen volles Gnuͤgen fin- det. Die ſchoͤnſte und reinſte Erdenerſchei- nung, in die Sphaͤre des Jdealen hinauf- gehoben ward, als Dame des Gedankens, et- was hoͤheres und Schoͤneres, als die ge- woͤhnlichen Lebensverhaͤltniſſe aus menſchli- chen Weſen machen koͤnnen. Jn ihrem Dien- ſie, trat nun alles, was begeiſterte Liebe, Ehre und Tapferkeit in einem Gemuͤthe wek- ken koͤnnen, in den glaͤnzendſten Thaten her- vor; das ſchwerſte Opfer trug ſeinen Lohn in ſich, ja man weihete oft die Jugend wie das Alter dem ſchoͤnerm Genuſſe, ſich in ſeinen liebſten Wuͤnſchen verleugnet zu ha- ben. Dies Maͤrtyrerthum des Herzens, mach- te den Cultus der Frauen im Mittelalter zu einem Heiligendienſt, der als ſichtbarer Ab-
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ſches Spielwerk der Dichter zu halten, und
ſie, als unvereinbar mit den Sitten und
dem Charakter vormaliger Zeit, in die Fa-
belwelt zu verweiſen. Und gleichwohl be-
gruͤndet ſich ihre Wahrhaftigkeit, auch oh-
ne geſchichtliche Beglaubigung, durch den
Schwung eines maͤchtigen Gefuͤhles, das nur
in dem Unausſprechlichen volles Gnuͤgen fin-
det. Die ſchoͤnſte und reinſte Erdenerſchei-
nung, in die Sphaͤre des Jdealen hinauf-
gehoben ward, als Dame des Gedankens, et-
was hoͤheres und Schoͤneres, als die ge-
woͤhnlichen Lebensverhaͤltniſſe aus menſchli-
chen Weſen machen koͤnnen. Jn ihrem Dien-
ſie, trat nun alles, was begeiſterte Liebe,
Ehre und Tapferkeit in einem Gemuͤthe wek-
ken koͤnnen, in den glaͤnzendſten Thaten her-
vor; das ſchwerſte Opfer trug ſeinen Lohn
in ſich, ja man weihete oft die Jugend wie
das Alter dem ſchoͤnerm Genuſſe, ſich in
ſeinen liebſten Wuͤnſchen verleugnet zu ha-
ben. Dies Maͤrtyrerthum des Herzens, mach-
te den Cultus der Frauen im Mittelalter zu
einem Heiligendienſt, der als ſichtbarer Ab-
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/172>, abgerufen am 24.11.2024.
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