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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

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Männer denken kann, so beruhet die trübe
oder heitere Phisiognomie eines jeden Vereins
der Art, auf Beziehungen beider Geschlechter
zu einander. Je mehr unbequeme Preten-
tionen hier obwalten, je mehr Täuschung
von der einen und der andern Seite statt
findet, je trockener und kälter wird das
ganze Treiben werden. Sentimale Thränen
fließen längst nicht mehr, große Leidenschaf-
ten, Noth und Tod sind aus der Mode ge-
kommen; dagegen liegt das Eis der Re-
flexion wie eine gefährliche, glatte Fläche,
die niemand zu betreten wagt, zwischen dem
Vergnügen, und der Sehnsucht danach. --
Männer sind voller Einbildung über die
Einbildungen der Frauen, und diese stellen
der Gefahr, mißdeutet zu werden, eine
Schroffheit entgegen, die ihrem Umgange
das Weiche und Anziehende nimmt, was
so leicht geträumte Mißverständnisse ausglei-
chen würde.

Es sei mir erlaubt, hier nur noch eine
Bemerkung hinzuzufügen. -- Je geringer
die innern Mittel, je mehr borgt man von

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Maͤnner denken kann, ſo beruhet die truͤbe
oder heitere Phiſiognomie eines jeden Vereins
der Art, auf Beziehungen beider Geſchlechter
zu einander. Je mehr unbequeme Preten-
tionen hier obwalten, je mehr Taͤuſchung
von der einen und der andern Seite ſtatt
findet, je trockener und kaͤlter wird das
ganze Treiben werden. Sentimale Thraͤnen
fließen laͤngſt nicht mehr, große Leidenſchaf-
ten, Noth und Tod ſind aus der Mode ge-
kommen; dagegen liegt das Eis der Re-
flexion wie eine gefaͤhrliche, glatte Flaͤche,
die niemand zu betreten wagt, zwiſchen dem
Vergnuͤgen, und der Sehnſucht danach. —
Maͤnner ſind voller Einbildung uͤber die
Einbildungen der Frauen, und dieſe ſtellen
der Gefahr, mißdeutet zu werden, eine
Schroffheit entgegen, die ihrem Umgange
das Weiche und Anziehende nimmt, was
ſo leicht getraͤumte Mißverſtaͤndniſſe ausglei-
chen wuͤrde.

Es ſei mir erlaubt, hier nur noch eine
Bemerkung hinzuzufuͤgen. — Je geringer
die innern Mittel, je mehr borgt man von

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[163/0167] Maͤnner denken kann, ſo beruhet die truͤbe oder heitere Phiſiognomie eines jeden Vereins der Art, auf Beziehungen beider Geſchlechter zu einander. Je mehr unbequeme Preten- tionen hier obwalten, je mehr Taͤuſchung von der einen und der andern Seite ſtatt findet, je trockener und kaͤlter wird das ganze Treiben werden. Sentimale Thraͤnen fließen laͤngſt nicht mehr, große Leidenſchaf- ten, Noth und Tod ſind aus der Mode ge- kommen; dagegen liegt das Eis der Re- flexion wie eine gefaͤhrliche, glatte Flaͤche, die niemand zu betreten wagt, zwiſchen dem Vergnuͤgen, und der Sehnſucht danach. — Maͤnner ſind voller Einbildung uͤber die Einbildungen der Frauen, und dieſe ſtellen der Gefahr, mißdeutet zu werden, eine Schroffheit entgegen, die ihrem Umgange das Weiche und Anziehende nimmt, was ſo leicht getraͤumte Mißverſtaͤndniſſe ausglei- chen wuͤrde. Es ſei mir erlaubt, hier nur noch eine Bemerkung hinzuzufuͤgen. — Je geringer die innern Mittel, je mehr borgt man von *

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/167>, abgerufen am 24.11.2024.