mehr machen; diese kann weder der Jllu- sion, noch den Forderungen der Eitelkeit Vorschub leisten. Je wahrhaftiger sie ihr natürliches Recht geltend macht, je weniger darf sie der momentanen Pretention schmei- cheln. Es entfremdet sich auf solche Weise das Zusammengehörige und häkelt sich an- einander, wo es doch wieder auseinander fal- len muß. Wird das denn ohne innern Ver- lust abgehen? Wird nichts Verschobenes, nichts Herbes und Stachlichtes in der Seele zurückbleiben?
Wenn die gefällige Freundin dem flüch- tigen Wunsche durch wiederholte Anregung eine Gestalt gegeben, er ausgesprochen, ge- wissermaaßen dadurch in's Leben getreten ist, sich immer dreistrer hervorwagt, und bei stets wiederholtem Hin- und Wiederreden riesengroß aufschließt, zuletzt alle Gedanken und Empfindungen annimmt, und dennoch unerfüllt bleibt, wie steht das stachelnde Werkzeug zu dem bethörten Herzen? -- Es hat nur Stacheln für dieses! Der wohlthu- ende Reiz ist verschwunden.
mehr machen; dieſe kann weder der Jllu- ſion, noch den Forderungen der Eitelkeit Vorſchub leiſten. Je wahrhaftiger ſie ihr natuͤrliches Recht geltend macht, je weniger darf ſie der momentanen Pretention ſchmei- cheln. Es entfremdet ſich auf ſolche Weiſe das Zuſammengehoͤrige und haͤkelt ſich an- einander, wo es doch wieder auseinander fal- len muß. Wird das denn ohne innern Ver- luſt abgehen? Wird nichts Verſchobenes, nichts Herbes und Stachlichtes in der Seele zuruͤckbleiben?
Wenn die gefaͤllige Freundin dem fluͤch- tigen Wunſche durch wiederholte Anregung eine Geſtalt gegeben, er ausgeſprochen, ge- wiſſermaaßen dadurch in’s Leben getreten iſt, ſich immer dreiſtrer hervorwagt, und bei ſtets wiederholtem Hin- und Wiederreden rieſengroß aufſchließt, zuletzt alle Gedanken und Empfindungen annimmt, und dennoch unerfuͤllt bleibt, wie ſteht das ſtachelnde Werkzeug zu dem bethoͤrten Herzen? — Es hat nur Stacheln fuͤr dieſes! Der wohlthu- ende Reiz iſt verſchwunden.
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mehr machen; dieſe kann weder der Jllu-
ſion, noch den Forderungen der Eitelkeit
Vorſchub leiſten. Je wahrhaftiger ſie ihr
natuͤrliches Recht geltend macht, je weniger
darf ſie der momentanen Pretention ſchmei-
cheln. Es entfremdet ſich auf ſolche Weiſe
das Zuſammengehoͤrige und haͤkelt ſich an-
einander, wo es doch wieder auseinander fal-
len muß. Wird das denn ohne innern Ver-
luſt abgehen? Wird nichts Verſchobenes,
nichts Herbes und Stachlichtes in der Seele
zuruͤckbleiben?
Wenn die gefaͤllige Freundin dem fluͤch-
tigen Wunſche durch wiederholte Anregung
eine Geſtalt gegeben, er ausgeſprochen, ge-
wiſſermaaßen dadurch in’s Leben getreten iſt,
ſich immer dreiſtrer hervorwagt, und bei
ſtets wiederholtem Hin- und Wiederreden
rieſengroß aufſchließt, zuletzt alle Gedanken
und Empfindungen annimmt, und dennoch
unerfuͤllt bleibt, wie ſteht das ſtachelnde
Werkzeug zu dem bethoͤrten Herzen? — Es
hat nur Stacheln fuͤr dieſes! Der wohlthu-
ende Reiz iſt verſchwunden.
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/152>, abgerufen am 24.11.2024.
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