Wahrlich, die Gesellschaft hat nichts dadurch gewonnen, daß man denen, die kei- ne Füße zum Springen mitbringen, ihren Antheil schmälert. Seit man nur Geigen und Pfeifen sprechen läßt, verstummen die menschlichen Zungen. Gönne man beiden, Füßen und Zungen, ihr Necht! und mache dieses Recht jeder geltend wie er kann. Las- se man den Tanzsaal der Jugend, mäßigen die Mütter ihre Unruhe über den glücklichen Erfolg der Töchter, lernen sie die einzige Gewalt, die sie noch üben können, die der Herrschaft des Geistes, mit Würde und Gra- zie behaupten, und zwingen sie die niedlichen Tänzerinnen einzugestehen, daß man nicht in die Liebenswürdigkeit hineinspringt, daß das Talent hinzu geübt sein will und man zu Vorbildern hinauf und nicht herab sehen müsse.
Viertes Kapitel. Entstehende Freundschaften.
Freundschaft gehört gewiß auch zu den Gütern, die sich uns im Leben meist immer
Wahrlich, die Geſellſchaft hat nichts dadurch gewonnen, daß man denen, die kei- ne Fuͤße zum Springen mitbringen, ihren Antheil ſchmaͤlert. Seit man nur Geigen und Pfeifen ſprechen laͤßt, verſtummen die menſchlichen Zungen. Goͤnne man beiden, Fuͤßen und Zungen, ihr Necht! und mache dieſes Recht jeder geltend wie er kann. Laſ- ſe man den Tanzſaal der Jugend, maͤßigen die Muͤtter ihre Unruhe uͤber den gluͤcklichen Erfolg der Toͤchter, lernen ſie die einzige Gewalt, die ſie noch uͤben koͤnnen, die der Herrſchaft des Geiſtes, mit Wuͤrde und Gra- zie behaupten, und zwingen ſie die niedlichen Taͤnzerinnen einzugeſtehen, daß man nicht in die Liebenswuͤrdigkeit hineinſpringt, daß das Talent hinzu geuͤbt ſein will und man zu Vorbildern hinauf und nicht herab ſehen muͤſſe.
Viertes Kapitel. Entſtehende Freundſchaften.
Freundſchaft gehoͤrt gewiß auch zu den Guͤtern, die ſich uns im Leben meiſt immer
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Wahrlich, die Geſellſchaft hat nichts
dadurch gewonnen, daß man denen, die kei-
ne Fuͤße zum Springen mitbringen, ihren
Antheil ſchmaͤlert. Seit man nur Geigen
und Pfeifen ſprechen laͤßt, verſtummen die
menſchlichen Zungen. Goͤnne man beiden,
Fuͤßen und Zungen, ihr Necht! und mache
dieſes Recht jeder geltend wie er kann. Laſ-
ſe man den Tanzſaal der Jugend, maͤßigen
die Muͤtter ihre Unruhe uͤber den gluͤcklichen
Erfolg der Toͤchter, lernen ſie die einzige
Gewalt, die ſie noch uͤben koͤnnen, die der
Herrſchaft des Geiſtes, mit Wuͤrde und Gra-
zie behaupten, und zwingen ſie die niedlichen
Taͤnzerinnen einzugeſtehen, daß man nicht
in die Liebenswuͤrdigkeit hineinſpringt, daß
das Talent hinzu geuͤbt ſein will und man
zu Vorbildern hinauf und nicht herab
ſehen muͤſſe.
Viertes Kapitel.
Entſtehende Freundſchaften.
Freundſchaft gehoͤrt gewiß auch zu den
Guͤtern, die ſich uns im Leben meiſt immer
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/136>, abgerufen am 16.02.2025.
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